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Eine Institution in Kanada: Der Eishockey-Profi Tim Horton gründete die Kaffeekette im Jahr 1964.
© REUTERS

Burger King kauft Tim Hortons: Bitterer Kaffee

Der US-Fastfood-Konzern Burger King übernimmt Kanadas traditionelle Kaffeekette. Das ärgert viele Kanadier, Tim Hortons gehört zur kanadischen Identität.

Die Kanadier regen sich auf – und das tun sie selten. Nicht nur auf der Internetseite der CBC, dem allseits respektierten Staatssender, schreiben Zuschauer: „Niemals!“ und schon gar „nicht an die Amerikaner!“, eine „schreckliche Idee, die von den Kartellbehörden blockiert werden sollte. Kanada muss die Unternehmenssteuer erhöhen!“

Was ist so schlimm? Wen soll das Kartellamt blockieren? Und wieso müssten noch dazu höhere Steuern her? Anfang der Woche kündigte der US-Fastfood- Konzern Burger King an, dass er ein kanadisches Traditionshaus übernehmen will: die Kaffeekette Tim Hortons. Die Aufsichtsräte beider Unternehmen, hieß es am Dienstag, hätten bereits zugestimmt. Tim Hortons, 1964 in der kanadischen Industriestadt Hamilton gegründet, ist in Gefahr – so sehen es viele Kanadier.

Tim Hortons hilft bei der kanadischen Identität

Gründer der Kette war der Eishockey- Profi Tim Horton – also ein Veteran des kanadischen Nationalsports. Vermutlich gehen Millionen Kanadier jeden Tag zu Hortons. Der Kaffee ist oft billiger als bei der Konkurrenz. Die Kette ist mit 4600 Filialen überall im Land präsent. Und Tim Hortons dürfte bei der Suche nach einer kanadischen Identität geholfen haben – die es nicht nur wegen der latent separatistischen Franko-Kanadier in Quebec kaum gibt. Es gab schon kulturtheoretische Texte, in denen Tim-Hortons-Becher erwähnt werden. Dass Kanadier viel Wert darauf legen, nicht mit US-Amerikanern verwechselt zu werden, macht die Suche nach einer Identität nicht einfacher.

Einige in Kanada befürchten ein Monopol

Die Kaffeekette ist das wohl größte Unternehmen der kanadischen Lebensmittelbranche. Wenn Tim Hortons nun von Burger King, mit seinen zahlreichen Filialen in Kanada, übernommen wird, befürchten einige ein Monopol. Weltweit wäre der neue Konzern mit 18 000 Filialen in 100 Ländern die drittgrößte Fastfoodkette.

Warren Buffet. Milliardenschwerer Investor aus den USA.
Warren Buffet. Milliardenschwerer Investor aus den USA.
© AFP

Ausgerechnet der US-Großinvestor Warren Buffett will Burger King nordamerikanischen Medien zufolge helfen, seinen Sitz aus Miami ganz nach Kanada zu verlegen. Damit wäre der Ruf unter den CBC-Zuschauern nach höheren Steuern erklärt: In den USA zieht der Staat 35 Prozent der Einkünfte von Unternehmen ein, inklusive lokaler Steuern zahlen sie im Schnitt knapp 40 Prozent. In Kanada sind es dem Sender CBC zufolge nur 26 Prozent. Die Holding Berkshire Hathaway des Investors Warren Buffet hat die 11,4 Milliarden Dollar (8,6 Milliarden Euro) teure Übernahme angeblich zu 25 Prozent finanziert.

Holzhandel und Nordwestpassage - Kanada und den USA streiten seit Jahren

Ob es bei der Fusion noch etwas durch die kanadischen Kartellbehörden zu prüfen gibt, war zunächst nicht ganz klar. Allerdings gilt: Wer in der kanadischen Politik zu sehr dem großen Nachbarn schmeichelt, riskiert Wahlen zu verlieren. Selbst die kanadischen Konservativen, die mit Stephen Harper seit 2006 den Regierungschef stellen, haben den USA deutlich Widerworte geben müssen. Beim Streit um die Einfuhr günstigen kanadischen Holzes in die USA blieb die Regierung in Ottawa hart.

In Washington nahm man vor allem unter Ex-US-Präsident George W. Bush wenig Rücksicht auf kanadische Befindlichkeiten. Die US-Marine nutzte ungefragt die Nordwestpassage, eine Schifffahrtsroute durch nordkanadische Inseln hindurch, die Atlantik und Pazifik verbindet. Kanada fordert die Anerkennung der Meeresstraße als nationales Gewässer. Die Strecke verkürzt den Weg von Europa nach Asien gegenüber der Route durch den Panamakanal um 4000 Kilometer. Wegen der globalen Erderwärmung wird damit gerechnet, dass sie in den nächsten Jahren länger eisfrei bleiben wird. Damit wächst die strategische Bedeutung der Route für Ölbohrungen, Transporte und Fischfang.

USA haben fast zehnmal so viele Einwohner

Die Skepsis vieler Kanadier den USA gegenüber hat mit Struktur und Geschichte des Landes zu tun. Rund 90 Prozent der 35 Millionen Kanadier leben in der Nähe der 5000 Kilometer langen Grenze mit den USA, der Einfluss der südlichen Nachbarn war also immer groß. Die meisten Fernsehprogramme stammen aus den USA, die mit 314 Millionen Einwohnern schlicht die größere Macht sind. Von keinem Markt ist Kanada so abhängig wie vom US-amerikanischen. Umgedreht aber sind die USA viel weniger auf Kanada angewiesen. Formal erst 1982 vollständig von Großbritannien unabhängig geworden, ist Kanada heute – im Vergleich zu den USA – außerdem ein Sozialstaat.

Die Aktionäre beider Konzerne stört das nicht. Bereits zu Wochenbeginn stieg die Burger-King-Aktie um fast 20 Prozent. Und auch die Papiere von Tim Hortons legten zu.

Hannes Heine

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