Steigender Druck auf Lufthansa und Air Berlin: Billigflieger weiter auf dem Vormarsch
2016 hat es rund 3,1 Millionen Flugbewegungen in Deutschland gegeben. Billigflieger erhöhen weiter den Druck auf Lufthansa und Co.
Der Druck auf Lufthansa und Air Berlin durch Billigflieger wie Ryanair, Easyjet, Wizz oder Norwegian und die so genannten BOGO-Airlines vom Bosporus und dem arabischen Golf wird nicht nur hoch bleiben, sondern in den nächsten Jahren eher noch zunehmen. Dies liegt nach Ansicht von Klaus-Dieter Scheurle, dem Chef der Deutschen Flugsicherung (DFS), auch daran, dass Ryanair und Co. verstärkt Flughäfen in Ballungszentren abseits der beiden deutschen Großflughäfen Frankfurt und München anfliegen. Deshalb habe es deutliche Zuwächse der An- und Abflüge etwa an den beiden Berliner Flughäfen, in Stuttgart, Bremen, Nürnberg oder Köln-Bonn gegeben. Die Billigflieger wachsen unter dem Strich, wie Scheurle gestern in Langen bei Frankfurt sagte, schneller als Lufthansa und Air Berlin.
„Sie haben zu kämpfen“, sagt Scheurle mit Blick auf Lufthansa und Air Berlin. Vor allem für Air Berlin dürfte es damit noch enger werden als bisher schon, lässt Scheurle durchblicken. Der Marktanteil der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaften, die kein Eigenkapital mehr hat, noch verschuldet ist und permanent in der Verlustzon fliegt, sei seit 2013 von 6,3 auf aktuell 5,6 Prozent gesunken. „Air Berlin konsolidiert seine Geschäftstätigkeit und verliert weiterhin Marktanteile“, sagt Scheurle.
Noch stärker als der Druck der Billigflieger ist der der BOGO-Airlines und damit von Turkish Airlines, Emirates, Etihad und Qatar. Deren Marktanteil sei in den vergangenen drei Jahren von 3,5 auf 4,5 Prozent gestiegen, die Zahl ihrer An- und Abflüge nach und von Deutschland sogar um 37 Prozent. Scheurle erwartet, dass die Gesellschaften in Deutschland in den nächsten Jahren um zwei bis drei Prozent jährlich wachsen. Lufthansa mit den Tochtergesellschaft Eurowings, Swiss und Austrian, aber auch Air France- KLM und British Airways/Iberia traut er dagegen nur ein Wachstum von 0,5 bis ein Prozent pro Jahr zu. Der Marktanteil der großen Airlines in Deutschland dürfte damit weiter schrumpfen. Seit 2013 ist er von 39 auf 38 Prozent zurückgegangen.
Vom weiteren Erstarken der Billigflieger und der BOGO-Airlines profitieren die internationalen Flughäfen. „Getrieben durch Ryanair, Easyjet und Germania gab es vor allem in Berlin-Schönefeld eine deutliche Steigerung“, sagt Scheurle. Im ersten Halbjahr nahmen dort die Starts und Landungen im Vergleich zum ersten Halbjahr 2015 um gut 29 Prozent auf rund 45.000 zu. In Berlin-Tegel waren es rund 90.500, knapp zwei Prozent mehr. Deutlich nach oben ging es auch in Köln-Bonn mit fast zehn Prozent auf knapp 65.000. Stuttgart verbuchte ein Plus von 2,2 Prozent auf 57.600. „Neben Berlin-Schönefeld und Köln-Bonn werden auch Bremen und Nürnberg die größten Profiteure sein, wenn Low Cost Carrier an einzelnen internationalen Flughäfen wachsen und Strecken an den Regionalflughäfen aufgeben“, glaubt Scheurle. Zu den Verlierer werden nach Ansicht der DFS Flughäfen wie Hahn im Hunsrück, Kassel-Calden oder Paderborn zählen.
Nachdem die DFS im ersten Halbjahr in Deutschland 2,8 Prozent mehr Starts, Landungen und Überflüge registrierte, wird sich der Zuwachs im zweiten Halbjahr nach Angaben von Scheurle abschwächen. Für das gesamte Jahr erwartet er ein Plus von 2,3 auf knapp 3,1 Millionen. Davon entfallen gut zwei Millionen auf Starts und Landungen, der Rest auf Überflüge, die DFS kontrolliert. Ein Grund für den schwächeren Zuwachs ist die Entwicklung in der Türkei. Starts und Landungen in und aus dem krisengeschüttelten Land gingen allein im zweiten Quartal und fast 14 Prozent und im ersten Halbjahr um 6,6 Prozent zurück. Noch dramatischer war die Entwicklung im Blick auf Ägypten (minus 27) und Tunesien (minus 30 Prozent). Dagegen gab es deutliche Zuwächse zwischen sechs und zehn Prozent im Flugverkehr von und nach Griechenland, Spanien und Portugal.
Bis 2022 erwartet die DFS generell eine Zunahme der jährlichen Flugbewegungen in Deutschland auf fast 3,3 Millionen. Die Zahl der Passagiere werde aber noch deutlicher steigen. Grund: Der Einsatz von größeren Flugzeugen, die zudem besser ausgelastet sein werden.
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