Wirtschaft: Beruhigungsmittel für Bewerber
Eine gute Vorbereitung ist der Schlüssel zu einem erfolgreichen Vorstellungsgespräch. Was die Karriereexperten Jürgen Hesse und Christian Püttjer raten
1. SELBSTBEWUSST RANGEHEN
Der Personaler glaubt an mich – das ist die wichtigste Botschaft, die ein Bewerber verinnerlichen sollte. Denn kein Arbeitgeber vergeudet seine Zeit mit Kandidaten, die er fachlich für ungeeignet hält. Ganz im Gegenteil: „Der Bewerber hat mit seinen Unterlagen einen positiven ersten Eindruck erzeugt. Jetzt soll er mit seiner Persönlichkeit punkten“, sagt Bewerbungscoach Jürgen Hesse. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf lässt sich das Vorstellungsgespräch entspannt vorbereiten
2. INFORMATIONEN SAMMELN
Zunächst sollte der Kandidat alle wichtigen Fakten über den potenziellen Arbeitgeber und dessen Branche zusammentragen. Zwei wichtige Fragen muss er anschließend mindestens beantworten können: An welchen Standorten in welchen Ländern ist das Unternehmen vertreten? Und mit welchen Produkten oder Dienstleistungen verdient die Firma ihr Geld? Zudem lohnt ein Blick ins Pressearchiv auf der Homepage. „Wer sich die Mitteilungen des letzten halben Jahrs durchliest, erfährt sehr gut, worauf das Unternehmen stolz ist. Merken Sie sich das“, rät Bewerbungstrainer Christian Püttjer. Diese Informationen lassen sich später im Smalltalk mit dem Personalentscheider verwenden und unterstreichen das Interesse an genau diesem Arbeitsplatz.
3. SELBSTPRÄSENTATION ÜBEN
In fast allen Gesprächen erwartet den Bewerber die Aufgabe, sich selbst kurz vorzustellen. Personalentscheider lesen daraus viel ab. Jürgen Hesse empfiehlt zur Vorbereitung die Orientierung an zwei Buchstabenreihen: „V-G-Z steht für Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und beantwortet, was ein Bewerber schon geleistet hat, worauf er stolz ist und was er dem neuen Arbeitgeber zukünftig bietet.“ K-L-P ist die zweite Eselsbrücke. Sie steht für Kompetenz, Leistungsbereitschaft und Persönlichkeit. „Diese drei entscheidenden Eigenschaften möchte der Personaler vom Bewerber vermittelt bekommen“, sagt Hesse. Dazu sollte der Kandidat konkrete Beispiele aus der Hochschule oder von Praktika anbringen. Die Präsentation sollte bis zu drei Minuten dauern. „Danach schweift ein Zuhörer gedanklich ab", weiß Püttjer.
4. STANDARDFRAGEN BEANTWORTEN
Mit der Vorbereitung für seine Selbstpräsentation hat der Bewerber schon Antworten auf die meisten Standardfragen gefunden. Zudem sollte er eine Antwort auf den Klassiker wissen: Warum haben Sie sich gerade bei uns beworben? Hier möchte der Arbeitgeber gelobt werden, im gesunden Maße, belegt durch Fakten. Zudem fragen Personaler immer noch gerne nach den persönlichen Stärken und zumindest einer Schwäche eines Bewerbers. Beides sollte plausibel beantwortet werden. „Vorher die Antworten zu formulieren und mehrmals laut zu sprechen, hilft am besten, um sich später im Gespräch nicht zu verhaspeln“, sagt Püttjer.
5. ANREISE SORGFÄLTIG PLANEN
Nur auf eine gute Wegbeschreibung zu setzen, reicht als Vorbereitung der Anreise zum Vorstellungsgespräch nicht aus. Vor allem einen großzügigen Puffer einzukalkulieren, ist wichtig. Abgehetzt oder gar verspätet zum Gesprächstermin zu erscheinen, macht einen schlechten Eindruck – und kann das Aus bedeuten.
6. EINEN GUTEN EINDRUCK MACHEN
Wenn der Bewerber zum ersten Mal seine potenzielle neue Arbeitsstätte betritt, sollte er ausstrahlen, wie gerne er zu dem Termin gekommen ist – trotz Nervosität. Schließlich könnte dies sein neuer Arbeitsplatz werden. „Wer fröhlich und selbstbewusst auftritt, wie ein neuer Mitarbeiter und nicht wie ein Bittsteller, kann gleich zu Beginn punkten“, sagt Püttjer. Auch der potenzielle Arbeitnehmer ist mit für die angenehme Atmosphäre verantwortlich. Dazu gehört ein freundliches Lächeln, der Dank für die Einladung, den eigenen Namen beim Händeschütteln zu nennen und immer die Bestätigung, gut hergefunden zu haben: Negativbotschaften sind tabu. „Der Personaler möchte an dieser Stelle nur ‚Ja' und ‚Danke' hören.
7. RICHTIGE POSITION EINNEHMEN
Hinsetzen sollte sich ein Bewerber erst, wenn er alle Gesprächsteilnehmer begrüßt und einen Platz angeboten bekommen hat. Auf dem Stuhl gilt es, eine aufmerksame Position einzunehmen. „Als guter Abstand zwischen Oberkörper und Tischplatte gilt eine Unterarmlänge. Das Gesäß stößt an die Rückenlehne, die Füße stehen nicht weit auseinander“, erklärt Püttjer. Die Hände liegen flach auf den Oberschenkeln, so dass sie im Gespräch locker eingesetzt werden können. Diese Position ruhig üben, damit sie nicht verkrampft wirkt. Auf den Tisch gehört gar nichts: „Zwei Drittel der Bewerber packen erst einmal ihre Sachen aus. Das kommt gar nicht gut an“, sagt Püttjer. Man sollten sich nur Notizen machen, wenn man dazu ermuntert wird. Auch das Duplikat der Bewerbungsunterlagen wird nur nach Aufforderung aus der Tasche gezogen. „Den eigenen Lebenslauf muss man schon im Kopf haben“, sagt Püttjer.
8. BEISPIELHAFT GUT ANTWORTEN
Nach der Selbstpräsentation folgt das eigentliche Gespräch. „Wer eine Frage nicht versteht, sollte nicht in seiner Antwort einsilbig herumdrucksen, sondern freundlich nachfragen, was gemeint ist“, rät Hesse. Wenn es um soziale Kompetenzen wie Leistungsbereitschaft und unternehmerisches Denken geht, macht der Bewerber diese immer anhand von Beispielen aus seinem Leben deutlich. „Je näher die konkreten Schilderungen am Job liegen, desto besser“, sagt Püttjer. Doch nicht alle Fragen gilt es offen und aufrichtig zu beantworten. Seine Familienplanung, sexuelle Orientierung oder Religion muss niemand ehrlich darlegen.
9. DURCHDACHT ZURÜCKFRAGEN
Meist gegen Ende des Gesprächs darf der Bewerber seine Fragen stellen. Etwas zu fragen, was schon erwähnt wurde, signalisiert Unaufmerksamkeit. „Es sollten auch keine Fakten angesprochen werden, die sich durch ein paar Klicks auf der Internetseite herausfinden lassen. Das zeugt von schlechter Vorbereitung“, sagt Hesse. Auch Gehalt, Urlaubstage und Zuschüsse sind im ersten Treffen fehl am Platz. Die Frage nach den Herausforderungen, die für die Firma in nächster Zeit anstehen, dagegen verrät Interesse. Genauso wie: „Mit welchen Abteilungen würde ich in der künftigen Position zusammenarbeiten?“ Und: „Inwieweit kann ich mich auf die Stelle vorbereiten?“
10. EIN GUTES ENDE FINDEN
Die Verabschiedung sollte dem Personalverantwortlichen positiv in Erinnerung bleiben. „Besonders höflich zu sein“, rät Püttjer. Vor dem Dank für das Gespräch inklusive Händeschütteln sollte der Kandidat sich erkundigen, wie es nun weitergeht. Eine gute Formulierung ist: „Wann höre ich von Ihnen?“ Auch an wen er sich selbst wenden darf, sollte der Bewerber klären. Dann zu betonen, wie gerne man in der Firma arbeiten würde, ist weder aufgesetzt noch deplatziert.
11. GESPRÄCH NACHBEREITEN
Nach dem Termin sollte der Bewerber alles aufschreiben, was er noch in Erinnerung behalten hat. Daraus lässt sich erkennen, welche Dinge er beim nächsten Termin besser machen kann. Zwei bis drei Wochen später sollte er freundlich per E-Mail oder Anruf sein Interesse an der Stelle unterstreichen. „Damit rückt der Bewerber schnell mal auf der Rangliste einen Platz nach oben“, sagt Püttjer. Wenn dies überhaupt noch nötig ist. Wer alle Punkte berücksichtigt hat, steht vielleicht schon an der Spitze - und der Personaler meldet sich mit der frohen Botschaft: „Sie haben die Stelle.“ (HB)
Aufgezeichnet von Nils Hille
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