Tourismus boomt wie nie: Berlins Comeback als Weltstadt
Mehr Übernachtungen, mehr ausländische Gäste, höhere Bettenauslastung: Im vergangenen Jahr haben so viele Menschen wie nie die Hauptstadt besucht. Das sorgt auch für Diskussionen in der Politik.
Klappern gehört zum Geschäft, im Tourismusgewerbe allemal. In diesem Sinne brachte Burkhard Kieker, der Chef der landeseigenen Tourismusmarketinggesellschaft Visit Berlin, am Mittwoch die Rekordbilanz des Jahres 2012 auf den Nenner: „Berlin schreibt gerade eine starke Comeback-Story als Weltstadt.“ Über Jahrzehnte sei sie vom Tourismus abgeschnitten gewesen. Heute ziehe es Touristen, Kreative und viele Hochqualifizierte gleichermaßen in die Stadt. Er verwies auf die – vor gut zehn Jahren aufgestellte – Theorie des US-Ökonomen Richard Florida von der „kreativen Klasse“ als Motor der Gesellschaft. „Mit Talenten, Technologie und Toleranz entwickelt sich die Stadt vorbildlich“, sagte Kieker in Anlehnung an den Forscher.
Diese subjektive Einschätzung lässt sich freilich nicht mit den Zahlen belegen, die das Statistische Landesamt Berlin-Brandenburg nun für das Tourismusjahr 2012 vorlegte. Die Behörde erfasst weder soziologische Milieus, noch Bildungsstände oder Einkommen der Besucher. Registriert wird lediglich das Herkunftsland – und das auch nur für Hotels und Herbergen mit über zehn Betten. Wer in kleinen Pensionen, Ferienwohnungen oder gar privat in Berlin unterkommt, wird nicht registriert. Gleichwohl belegen die Zahlen, dass im vergangenen Jahr so viele Menschen wie nie die Stadt besucht haben.
Die Zahl der (erfassten) Touristen stieg gegenüber dem Vorjahr um kräftige zehn Prozent auf gut 10,8 Millionen. Die Zahl der Übernachtungen stieg sogar noch stärker, um 11,4 Prozent auf 24,9 Millionen. Der Anteil der Ausländer stieg leicht um 42,5 Prozent. Besonders bei Russen (plus 30 Prozent), Schweden (plus 21) und Türken (plus 33 Prozent) war Berlin im vergangenen Jahr beliebter als im Vorjahr. Dagegen registrierten Berlins Herbergen weniger Besucher aus Spanien (minus zwei Prozent), Griechenland (minus 29 ), Island (minus 18) und Malta (minus 16 Prozent). Aus allen anderen Weltregionen kamen mehr Gäste als im Vorjahr.
Berlin ist zudem mehr Kongressstadt denn je. Rund ein Viertel (6,6 Millionen) aller Übernachtungen hingen mit Messen und Verbandstagungen zusammen. Ihre Zahl hat sich binnen zehn Jahren verdreifacht. Heute sei Berlin nach Wien, Paris, Barcelona und vor Singapur das viert beliebteste Ziel für Verbandskongresse weltweit. 147 zählten die Tourismusmanager.
„Der Tourismus und das Kongressgeschäft haben sich als Motor bewiesen, der Berlin bewegt“
Allein das Kongressgeschäft habe Umsätze von 1,96 Milliarden Euro in die Stadt gebracht, teilte die Gesellschaft mit. Das waren acht Prozent mehr als im Vorjahr. Von diesem Sektor seien mittlerweile 27 500 Arbeitsplätze abhängig, vom Hotelfachmann bis zur Wäscherei im polnischen Grenzgebiet, hieß es. Indirekt hingen sogar rund 35 000 Jobs vom Kongressgeschäft ab. Insgesamt wurden in Berlin im vergangenen Jahr 123 900 Veranstaltungen ans 339 Orten registriert. Das waren sieben Prozent mehr als im Vorjahr. 63 Prozent davon waren eintägig. „Wegen der Fashion Week oder der Berlinale gibt es heute auch keine schwachen Monate mehr“, sagte Kieker. Dort werden attraktiver Bilder von Berlin produziert, die um die Welt gehen.
„Ich kann Touristen in aller Welt nur sagen: Wir können gar nicht genug von Ihnen bekommen“, sagte Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU). Sie würdigte die Leistung der Branche für den Wirtschaftsstandort. Zugleich ging sie darauf ein, dass der Berliner Senat auch gegen die Auswüchse des Ansturms kämpft. So will die Koalition etwa die Zahl der Ferienwohnungen eindämmen. Und der Senat will Besucher – wie im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU vorgesehen – mit einer Bettensteuer zur Kasse bitten.
„Der Tourismus und das Kongressgeschäft haben sich als Motor bewiesen, der Berlin bewegt“, sagte Yzer (CDU). Sie erklärte, dass die Berliner Senatsverwaltung für Finanzen in zwei oder drei Wochen erneut einen Entwurf für die City Tax vorlegen wolle. Ihr sei es dabei aber wichtig, dass die damit generierten Einnahmen auch wieder in die touristische Infrastruktur und Kultur fließen. „Touristen, die zahlen, sollen auch einen Mehrwert erfahren“, sagte Yzer.
Sowohl Tourismusmanager Kieker wie auch die Wirtschaftssenatorin Yzer halten den Vorstoß Brandenburgs zu einer Ausweitung des Nachtflugverbots am neuen Flughafen BER für eine „Belastung“.
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