Nach Abriss-Prognose für BER: Berliner Wirtschaft kritisiert Lufthansa
Flughafen-Chef und IHK erwarten von der Lufthansa mehr Engagement in der Hauptstadt - und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter fordert einen Plan B für den BER.
Nach der Abriss-Prognose des Lufthansa-Managers Thorsten Dirks für den BER-Hauptstadtairport gerät die Airline wegen ihrer Berlin-Politik selbst in die Kritik. „Die Berliner Wirtschaft erwartet mehr Engagement der Lufthansa in der Hauptstadtregion“, erklärte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup am Sonntag dem Tagesspiegel. Das ist nach Recherchen der Zeitung auch die klare Position des Berliner Senats unter dem Regierenden Michael Müller und der Brandenburger Landesregierung unter Ministerpräsident Dietmar Woidke (beide SPD). Berlin, Brandenburg und der Bund sind die Anteilseigner der Flughafengesellschaft FBB, die den BER in Schönefeld errichtet. Kritik an der Lufthansa kam auch von der Berliner Industrie- und Handelskammer.
„Es ist gut, dass die Lufthansa die unsachlichen Äußerungen so schnell zurückgeholt hat“, sagte FBB-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider, zugleich Flughafenkoordinator von Brandenburgs Ministerpräsident Woidke. „Statt flotten Sprüchen sollte die Lufthansa lieber darüber nachdenken, wie sie ihr Engagement auf der Langstrecke in der Hauptstadtregion ausweiten kann.“ Die Lufthansa hatte im Gegenteil jüngst gerade angekündigt, dass die erst im Winter gestartete Verbindung von Berlin nach New York jetzt eingestellt wird, noch vor der ersten Hauptsaison.
Lütke Daldrup forderte darüber hinausgehend: „Wir erwarten, dass die Lufthansa in Berlin entweder selbst Asienverbindungen anbietet oder ihre Blockade bei den Verkehrsrechteverhandlungen aufgibt.“ Er verwies darauf, dass andere Airlines von China nach Deutschland fliegen wollen, das aber zur Zeit nicht dürfen. Es gebe „eine klare Nachfrage in Asien, mehr Direktflüge nach Berlin anzubieten“. Für solche Genehmigungen ist das Bundesverkehrsministerium zuständig. Schon die insolvente frühere Hauptairline der Hauptstadt Air Berlin hatte unter der Allianz zwischen der Lufthansa, die in Frankfurt und München ihre Standorte hat, und des CSU-geführten Bundesverkehrsministeriums gelitten.
Hofreiter fordert BER-Eröffnung ohne Hauptterminal
In diese Richtung äußerte sich auch der Berliner IHK. „Wenn ein Lufthansa-Vorstand von einem Abriss ausgeht, ohne neue Anhaltspunkte oder gar inhaltliche Erläuterungen vorzulegen, ist das kontraproduktiv für den Fortgang der Bauarbeiten“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder. „Wenn es reine Spekulation ist, verbietet sich ein solches Vorgehen, und man sollte die Frage stellen, welche Gründe hinter diesem Vorgehen stehen.“ Die IHK macht sich nach seinen Worten seit vielen Jahren Sorgen um die Anbindung der Hauptstadt an den internationalen Luftverkehr. „Dazu gehören Standortentscheidungen für Flughäfen, die nicht sachgerecht waren, genauso wie die verzögerte Fertigstellung des BER und das mangelnde Engagement großer Fluggesellschaften in der boomenden Hauptstadtregion“.
Aber es gab auch Unterstützung für Dirks. „Er hat nur das ausgesprochen, was viele denken, auch wenn er die Aussagen offenbar so nicht gemeint haben will“, sagte Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag dem Tagesspiegel. „Die Verantwortlichen sollten den Tatsachen ins Auge sehen und sich nicht weiter an alten Konzepten festklammern.“ Es werde „endlich Zeit, die Reißleine zu ziehen und einen Plan B zu entwickeln“. Der Grünen-Politiker forderte, den BER ohne das verkorkste Hauptterminal teilweise zu eröffnen, mit einfachen, aber funktionalen Abfertigungsbauten. „Das würde zumindest den Flugverkehr in der Hauptstadt absichern und auch Tegel entlasten“, sagte Hofreiter.