zum Hauptinhalt
Qualitätskontrolle. In einer Fabrik in Malaysia testen die Firmengründer die Reißfestigkeit ihrer Öko-Kondome.
© promo

Firmengründung: Berliner Start-up setzt auf Öko-Kondome

Das Berliner Start-up Einhorn Condoms will mit Öko-Kondomen Geld verdienen – und den „Gummis“ zu einem besseren Image verhelfen.

Zwischen Damenbinden und Hundefutter lugen sie aus dem Regal. Ein verschämter Blick nach links, nein, es schaut gerade niemand zu. Ein schneller Griff, dann landet die Kondompackung im Einkaufskorb. Als Philip Siefer das Geschäft verlässt, ärgert er sich. Er schreibt eine SMS an seinen Freund, Waldemar Zeiler, der gerade in Südamerika unterwegs war. Kondome neben Windeln und Schwangerschaftstests – das sei so gar nicht sexy, schreibt er.

Die Geschäftidee: Kondome, für die man sich nicht schämen muss

Siefer und Zeiler sind erfahrene Start-up-Unternehmer. Wenn ihnen etwas nicht gefällt, gründen sie eine Firma und versuchen, es zu ändern. Ihre Geschäftsidee: Die Welt braucht Kondome, die hübsch verpackt sind und die man ohne Scham zeigen kann. Präservative, die keiner mehr verstecken muss. Ökologisch und sozial sauber sollte das Produkt auch sein. Gut ein halbes Jahr später steigen die beiden in ein Flugzeug und fliegen nach Malaysia. Alle Latexproduzenten hatten abgelehnt, ein entsprechendes Produkt herzustellen. Der einzige, der vielleicht bereit wäre, ein Experiment mit Öko-Kondomen zu wagen, sitzt in Südostasien.

Unterstützung aus Südostasien

Er heißt Klaus Richter und ist ein Deutscher, der vor zwanzig Jahren nach Malaysia ging, um das Erbe seiner Familie fortzuführen. Er ist der Urenkel von Emil Richter, der die Kondomtauchmaschine erfand. Mundgeblasene Glaskolben, die in Latex getaucht werden und auf denen Kondome trocknen können. In seiner Fabrik in Malaysia produziert Richter eine halbe Milliarde Kondome pro Jahr. Als die beiden Gründer aus Berlin bei ihm vorbeischauen, ist Richter begeistert. Endlich jemand, der frischen Schwung in die Branche bringt.

Das Einhorn als Markenzeichen

Zurück in Berlin suchen Zeiler und Siefer nach Unterstützern. Dann wird es ernst. „Einhorn Condoms“ nennen sie ihr neues Start-up. Denn laut Überlieferungen schützt das Horn des Einhorns gegen Krankheiten. Seit vergangenem Montag sammeln die Gründer mit einer Crowdfunding-Kampagne nun Geld für die Umsetzung ihrer Idee. Schon nach 24 Stunden liegen 50 000 Euro auf ihrem Konto. 300 000 Euro sind die Zielmarke. „Wir wollen mit dem Geld eine Kooperative mit Kautschukbauern in Malaysia gründen und unser Kondomgeschäft nachhaltig aufziehen“, sagt Siefer. Später soll eine eigene Plantage dazukommen. Fairer Handel und ökologische Herstellung sollen kein Marketing sein, sondern der Kern des Produkts. Die Hälfte aller Gewinne soll in gemeinnützige Projekte etwa zur Sexualaufklärung von Jugendlichen fließen. Geplant ist außerdem eine Hotline, bei der Jugendliche anrufen können, um unverkrampft über alltägliche Sexprobleme sprechen zu können.

Präservative als Lifestyle-Produkt

Neben dem nachhaltigen Ansatz ist die Mission von Waldemar Zeiler und Philip Siefer vor allem diese: „Wir wollen über Sex reden, unverklemmt“, sagt Siefer. Ihre Kondome sollen ein Lifestyle-Produkt werden. Eines, das man nicht schnell verschämt in den Einkaufskorb packt. „Die wenigsten wissen, dass die Hälfte aller Kondomkäufer Frauen sind“, fügt Waldemar Zeiler hinzu. „Um auch sie anzusprechen, werden wir unsere Kondome in schön designten Chipstüten verpacken.“ Bisher haben die beiden Einhorn-Gründer alle Ausgaben für Reisen, Design und die Kampagne aus den eigenen Taschen bezahlt. „Doch die sind nun leer“, sagt Zeiler, „mit dem Crowdfunding-Geld wollen wir dieses Jahr noch eine Million Kondome verkaufen. Anfänglich nur in einer Größe. Später auch solche, die in der Nacht leuchten.“

Billy Boy, Durex und Ritex sind in Deutschland Marktführer

In Deutschland dominieren der Marken Billy Boy, Durex und Ritex den Kondommarkt. 90 Prozent der Präservative, die hierzulande verkauft werden, stammen von ihnen. Die Deutschen kaufen pro Jahr rund 270 Millionen Präservative. Dagegen anzukommen wird nicht leicht. Vor allem, wenn die Hälfte der Gewinne sozialen Zwecken zugutekommen soll. Ein Kondom kostet in der Herstellung nur knapp zehn Cent, wird aber in Deutschland für bis zu zwei Euro pro Stück verkauft. Rund 60 Prozent der Marge fließen an den Einzelhandel. Diese Kosten wollen sich die Einhorn-Gründer sparen und ihr Produkt online verkaufen. So sollen die Kondome des Start-ups am Ende weniger kosten als die handelsüblichen.

Die Firma will auch ein gutes Gefühl verkaufen

„Doch wir verkaufen mehr als nur Kondome“, sagt Siefer. „ Wir verkaufen ein gutes Gefühl. Unsere Kondome sind einfach faire Produkte,“ sagt der Jungunternehmer. Derzeit ist Einhorn Condoms jedoch noch in der Finanzierungsphase. Wer die Crowdfunder mit 35 Euro unterstützt, bekommt zum Dank 49 der ersten Öko-Kondome. Wer 50 000 Euro investiert, darf sogar sein Gesicht af eine Million Kondome drucken lassen. „Die Vorstellung eines Gesichts auf einem Kondom ist schon seltsam“, sagt Siefer und grinst. „Aber auch verdammt lustig.“

Michel Penke

Zur Startseite