Bahn-Streik heute ab 21 Uhr: Berliner müssen sich auf Einschränkungen einstellen
Die Gewerkschaft GDL erhöht im Tarifstreit den Druck auf die Bahn: Von Dienstagabend an sollen die Lokführer bundesweit für einen neunstündigen Stillstand sorgen. Fern- und Regionalzüge, aber auch die S-Bahn werden betroffen sein. Berliner sollten auf die BVG ausweichen.
Die Lokführergewerkschaft GDL will von Dienstagabend an den Zugverkehr in Deutschland für neun Stunden lahmlegen. Die GDL rief ihre Mitglieder im Tarifstreit mit der Bahn zu einem bundesweiten und flächendeckenden Streik von Dienstagabend 21.00 Uhr bis Mittwochmorgen 6.00 Uhr auf. Das teilte GDL-Sprecherin Gerda Seibert am frühen Dienstagmorgen mit. Fern- und Regionalzüge sollen ebenso stillstehen wie Güterzüge und die von der Deutschen Bahn betriebenen S-Bahnen. Zum Streik aufgerufen sind unter anderem die Lokomotivführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten in allen Eisenbahnverkehrsunternehmen der Deutschen Bahn.
Die ersten Auswirkungen waren schon am Dienstagmorgen im Berufsverkehr in Berlin zu spüren. Vor einigen S-Bahnhöfen blieben Parkplätze leer - dafür war es in U-Bahnen, etwa der Linie U2, voller als an anderen Tagen. Viele fuhren mit ihren Autos und Rädern offenbar bewusst keine S-Bahnhöfe an, die sie abends nur schwer erreichen würden. Auch stiegen mehr Pendler in ihre Autos um, weil abends keine Regionalbahnen ins Umland fuhren.
"Fahrgäste sollten darauf achten, ihren Zielbahnhof bis 21 Uhr erreicht zu haben", sagte ein Sprecher der Berliner S-Bahn. Welche Züge genau ausfallen, sei noch nicht absehbar. Jedoch müsse mit erheblichen Einschränkungen gerechnet werden. Ratsam sei es, auf U-Bahn, Tram und Busse der BVG auszuweichen. Verkehrsteilnehmern sei geraten, sich vorab auf der Website der S-Bahn oder über deren Twitter-Kanal über die Fahrplan-Änderungen zu informieren.
Auch die BVG hat sich auf den Streik eingestimmt. So könne auch mit Sondertickets, wie Bahn-Fahrkarten mit dem Zusatz "Berlin und City", sowie mit der BahnCard 100, auf den Anschlussverbindungen der BVG gefahren werden. Möglich seien auch längere Züge. Doch ein gänzlicher Ersatz könne nicht geboten werden. Die Kapazitäten seien nicht gegeben: Ein vollbesetzter S-Bahnzug befördert ca. 1000 Fahrgäste. Allein um einen Zug zu ersetzen, wären zehn Doppeldecker oder Gelenkbusse nötig, ließ die BVG erklären. "Wenn überhaupt, müssen die Kunden vor allem im Berufsverkehr am Mittwochmorgen mehr Zeit einplanen", sagte eine Sprecherin des Berliner Verkehrsunternehmens.
Fünf Prozent mehr Geld gefordert
Die Lokführer fordern fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Verhandlungen darüber scheiterten jedoch daran, dass die GDL auch für das übrige Personal im Zug verhandeln will, etwa für Zugbegleiter und Speisewagen-Mitarbeiter. Die Bahn lehnt das ab. Die GDL rivalisiert dabei mit der größeren der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). In der vergangenen Woche war nach den bisherigen Warnstreiks eine Urabstimmung über reguläre Streiks zu Ende gegangen. 91 Prozent stimmten für den Arbeitskampf.
Die Bahn nannte die Streikandrohung schon im Vorfeld völlig überflüssig. Personalvorstand Ulrich Weber wies den Vorwurf zurück, die Bahn verweigere Verhandlungen und treibe die Gewerkschaft in den Konflikt. „Der GDL-Führung geht es aber darum, das Terrain von Konkurrenzgewerkschaften erobern zu wollen. Dafür nimmt sie Schaden für Kunden, Mitarbeiter und Unternehmen in Kauf.“ Die Bahn hatte in der vergangenen Woche ein neues Angebot gemacht, um Streiks noch abzuwenden. Demnach sollten die Verhandlungen ruhen, bis die Bundesregierung das geplante Gesetz zur Tarifeinheit auf den Weg gebracht hat. Bis dahin sollten die Lokführer zwei Prozent mehr Geld erhalten. In einem Brief von Gewerkschaftschef Claus Weselsky an die Arbeitgeber vom Montag hieß es dazu: „Übersetzt heißt das: „Nehmt die Brosamen des Arbeitgebers, bevor euch die Regierung mit einem Gesetz zur Tarifeinheit endgültig den Garaus macht!“ (agr/AG/dpa)