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Endstation. Mit ein paar Trabis, die im ganzen Haus verteilt sind, wollen die Macher von B.Amsterdam das Berlin-Gefühl in die Gründerszene bringen.
© promo/Jakob Drenth

Start-up-Szene: Berliner Luft für Amsterdam

In Amsterdam schaut man auf die Berliner Start-up-Szene. Und strebt Platz drei unter Europas Gründerstädten an. Ein paar Trabis sind schon da.

Die Trabis sind bunt und nicht von hier. „Die geben uns so einen kreativen Berlin-Touch“, sagt Ricardo van Loenen. Doch bei aller Ironie sollen die Relikte ostdeutscher Autoproduktion, die über alle Etagen des Betonklotzes im Amsterdamer Süden verteilt sind, tatsächlich etwas transportieren. Die Stimmung des Aufbruchs haben van Loenen und seine Mitgründer vor ein paar Jahren aus Berlin mitgebracht. Dass das Betahaus in Kreuzberg als Inspiration für den Coworking-Space B.Amsterdam war, will van Loenen gar nicht verhehlen. Die Wände sind aus Sichtbeton, die Sofas in den Chillout-Zonen meist älter als ihre Nutzer. Hier finden Gründer, Programmierer, freischaffende Kreative und Start-up-Entwickler zusammen.

Amsterdam: Platz drei ist realistisch

Die deutsche Hauptstadt dient als Blaupause für die gesamte Start-up-Szene in Amsterdam. Ruben Nieuwenhuis sitzt im zweiten Stock eines langgestreckten Backsteinbaus aus dem 17. Jahrhundert. Durch das Dachfenster kann man auf das Becken der alten Werft schauen. Damals wurden hier Kriegsschiffe gebaut. Jetzt wollen sich die Amsterdamer von hier aus einen Platz unter den führenden Start-up-Metropolen Europas erobern. „Erst wollten wir als Ziel definieren: Wir wollen die Nummer eins werden“, sagt Nieuwenhuis, der mit Bas Beekman das Programm StartupAmsterdam leitet. „Doch wir wissen: Wir können uns nicht mit London oder Berlin messen.“ Die Nummer drei in Europa, „das ist realistisch“. Dafür haben Nieuwenhuis und Beekman gut fünf Millionen aus der Stadtkasse für das laufende und drei weitere Jahre zur Verfügung. Hinzu kommen rund drei Millionen Euro, die Unternehmen und Investoren beitragen. Ein Ziel: die ohnehin vitale Szene mit 500 Start-ups besser zu vernetzen und den Firmen beim schnellen Wachstum zu helfen. Zusätzlich soll sich der Strom der Gründer in den kommenden Jahren verbreitern. Rund 100 Unternehmen im Jahr sollen mit Initiative der Public-Private-Partnership hinzukommen.

Alle 20 Stunden ein neues Start-up in Berlin

Berliner Verhältnisse sind das nicht: Nach Angaben des Senats wird in der Bundeshauptstadt alle 20 Stunden ein neues technologielastiges Unternehmen gegründet. Wie Berlin lebt die Szene in Amsterdam vom internationalen Flair der Stadt. Menschen aus 180 Nationen leben dort, viele jung, viele Studenten, viele kreativ. Der Flughafen Schiphol ist eines der weltweiten Drehkreuze. Damit noch mehr Menschen mit Unternehmergeist in die Stadt finden, gibt es seit kurzem ein Start-up-Visum, mit dem Gründer auch von außerhalb der EU ohne bürokratische Hürden und jeweils für ein Jahr in den Niederlanden leben können. Wie erfolgreich das Unternehmer-Visum ist, muss sich noch zeigen.

Mit Uber oder Booking.com haben sich weltweite Online-Schwergewichte in der niederländischen Hauptstadt niedergelassen. Dabei geben sich die Stadtoberen nach Außen durchaus liberal, wenn es um umstrittene Geschäftspraktiken geht. Wie in anderen Ländern – unter anderem Deutschland – verstößt Uber auch in den Niederlanden mit seiner Fahrdienstvermittlung teilweise gegen geltendes Recht. Aber: Uber sei ein wichtiges Unternehmen für die Stadt, betont Kajsa Ollongren, als stellvertretende Bürgermeisterin verantwortlich für die wirtschaftliche Prosperität von Amsterdam. „Es geht nicht, dass Unternehmen gegen geltendes Recht verstoßen“, sagt Ollongren. Gegen das Geschäftsmodell im Kern hat sie aber nichts: „Wir müssen unsere Gesetze überprüfen, wenn es Innovationen gibt – und sie anpassen.“

Europa ist schwer zu erobern – zu viele Sprachen

Ein Pragmatismus, der sich auszahlen kann. Ansiedlungen wie die von Uber ziehen die Blicke der Investoren auf Amsterdam. Davon profitieren wiederum niederländische Gründungen. Der Zahlungsdienstleister Adyen sammelte erst kürzlich 215 Millionen Euro ein. Als erstes Amsterdamer Start-up ist es damit mehr als eine Milliarde Euro wert. Anders als deutsche Start-ups müssen niederländische Gründer von Anfang an auf den US-Markt schauen. Der nationale ist zu klein, der europäische wegen der vielen unterschiedlichen Sprachen aufwendiger zu erobern. Adyen verdankt seinen Erfolg unter anderem Kunden wie Facebook, Spotify oder Airbnb.

Vom Sprung über den Atlantik träumen viele Gründer. Ricardo van Loenen will den Austausch befördern und plant eine Filiale in New York – B.New Amsterdam, mit Trabis aus Berlin.

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