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Uhrenvergleich. Neben Gas bietet die Gasag ab sofort auch Strom an.
© dpa

Wildern im fremden Revier: Berliner Gasag unterbietet Vattenfalls Strompreis

Da kommen sich zwei Platzhirsche ins Gehege: Die Gasag verkauft ab diesem Freitag Strom und Vattenfall bietet Gas an. Berlins Energiemarkt gilt wegen seiner Größe als besonders hart umkämpft.

Der Berliner Gas-Grundversorger Gasag wird vom heutigen Freitag an auch Strom in der Hauptstadt verkaufen. Das kündigte Gasag-Chef Stefan Grützmacher am Donnerstag in der Firmenzentrale am Hackeschen Markt an. Damit macht das Unternehmen dem Strom-Grundversorger Vattenfall Konkurrenz. Pikant dabei: Vattenfall hält knapp ein Drittel der Anteile der Gasag und hatte im Oktober – allerdings ohne große Ankündigung – damit begonnen, auch Gas in Berlin zu verkaufen. Ab heute wildern nun beide großen Energieversorger auf dem Kernmarkt des anderen.

Man habe die Gasag damals vorab über den Schritt auf den Gasmarkt informiert, teilte Vattenfall-Sprecherin Julia Klausch dieser Zeitung mit. Auch Gasag-Chef Grützmacher erklärte, dass man Vattenfall über die neue Strategie in Kenntnis gesetzt habe – allerdings ohne Preise mitzuteilen. Das hätte ja gegen das Kartellrecht verstoßen.

"Gasag ist lediglich ein Wettbewerber mehr"

Berlins Energiemarkt gilt wegen seiner Größe schon seit Beginn der Liberalisierung vor etwa 15 Jahren als besonders hart umkämpft. Wer beispielsweise im Tarifvergleichsportal Toptarif einen neuen Stromhändler sucht, kann derzeit aus Tarifen von 98 Gasanbietern und sogar 143 Stromanbietern, die mit teils mehreren Marken auf dem Markt sind, wählen. Auch daher ist Energie an der Spree im Schnitt etwas billiger als in vielen anderen Großstädten.

„Die Gasag ist lediglich ein Wettbewerber mehr“, sagt Vattenfall-Sprecherin Klausch – und suggeriert damit, dass das Stromangebot der Tochter in diesem Tarifdschungel untergehen könnte. Genau das will die Gasag aber verhindern. Grützmacher kündigte an, dass jeder Gaskunde schriftlich über das neue Stromangebot informiert werden soll. In dem Musterbrief lockt die Gasag mit 50 Euro Wechselbonus und der Rechnung, dass ein vierköpfiger Haushalt (4000 Kilowattstunden pro Jahr) bis zu 109 Euro gegenüber dem Grundversorgertarif (von Vattenfall) sparen könne.

Erst nach zwei Jahren soll Geld hängen bleiben

Die Gasag will zudem ausschließlich zertifizierten Grünstrom liefern – und das zu einem Preis, der derzeit rund fünf Prozent unter dem Standardstromtarif von Vattenfall liegt. „Unser Ziel ist es, mit wettbewerbsfähigen Angeboten und den Stärken der Gasag das Stromgeschäft zu einem stetig wachsenden Teil des Kerngeschäfts zu machen“, sagte Grützmacher.

Die Anfangsinvestitionen für den Schritt auf den Berliner Strommarkt bezifferte er auf einen „niedrigen sechsstelligen Betrag“. Die nötigen Vertriebsabteilungen habe man ja bereits im Haus und nutze Synergien. „Wer Gas verkauft, kann im Prinzip auch Strom verkaufen“, sagte Grützmacher. Zugleich habe man Anlaufverluste einkalkuliert. Erst nach zwei Jahren soll beim Stromverkauf unterm Strich Geld hängen bleiben.

Auf die Frage, ob der Vorstoß der beiden Grundversorger in das Feld des jeweils anderen nach der Anlaufphase für beide eine Win-Win-Situation ergeben wird oder die kleineren Konkurrenten die lachenden Dritten sein könnten, sagte Grützmacher: „Wir wollen am Ende mehr Stromkunden gewonnen haben, als wir Gaskunden verlieren. Sonst würden wir das hier nicht machen.“

Tarifexperte: Eine besondere Würze

Bei Vattenfall gibt man sich deutlich kleinlauter. Sprecherin Klausch verwies darauf, dass Vattenfall in vielen Regionen schon seit zwei Jahren Gas verkauft. „In unserer bundesweiten Neukundenakquise spielt Gas eine wichtige Rolle, da wir mit unserem Gasangebot erfolgreich sind. Berlin ist jedoch für uns kein Fokusmarkt, sondern stellt eine Ergänzung zu unserem Angebot dar.“ Sie sagte, man habe vor allem auf den Wunsch von Firmenstromkunden reagiert, die gern Strom und Gas aus einer Hand beziehen wollten, „weil das ja bequemer ist“.

Daniel Dodt vom Vergleichsportal Toptarif sieht allerdings schon eine besondere Würze in dieser neuen Konstellation. Vattenfall und Gasag seien als Platzhirsche eben keine Anbieter wie hundert andere. Sie würden von ihrem jeweils hohen Bekanntheitsgrad profitieren. „Die Entwicklung ist sehr spannend. Es ist in jedem Fall ein Schritt hin zu noch mehr Wettbewerb.“ Ob der aber auch fallende Preise bedeutet, wird man erst in einem Jahr sagen können.

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