Unbekannt, aber erfolgreich: Berliner Firmen schütten hohe Dividenden aus
Börsennotierte Firmen aus Berlin sind kaum bekannt – aber erfolgreich. Eine Übersicht, wo Anleger fündig werden.
Wer kennt Francotyp-Postalia? Die M 1 Kliniken? Oder das Fernheizwerk Neukölln? Vermutlich wenige. Doch die Firmen sind nur drei Beispiele für börsennotierte Berliner Unternehmen, die ansehnliche Dividenden ausschütten. Insgesamt 83 Berliner Firmen haben Aktien ausgegeben. Immerhin 28 von ihnen verfügen über einen Börsenwert von mehr als zehn Millionen Euro und ein Handelsvolumen von mehr als ein paar Stücken pro Woche, so dass „ein vernünftiger Handel für Anleger möglich ist“, sagt Christian Röhl, Gründer der Research-Plattform Dividendenadel.
Von der Prenzlauer Promenade in Berlin aus etwa steuert Francotyp-Postalia einen Konzern, der in seinem Bereich – der physischen und elektronischen Briefkommunikation und dem Frankiergeschäft – die Nummer eins in Deutschland und die Nummer drei weltweit ist. 2016 konnte das Unternehmen den Mythos von der zunehmend papier- und brieflosen Kommunikation erneut widerlegen und bei allen Finanzdaten bessere Zahlen vorlegen. Nun will Francotyp die Dividende von 12 auf 16 Cent je Aktie erhöhen. Beim Kurs von 5,209 Euro kommt damit eine Dividendenrendite von gut drei Prozent heraus – zusätzlich zu einem Kursplus von 25 Prozent in den letzten zwölf Monaten.
Mit Schönheitsreparaturen zum Erfolg
Kräftig das Kapital der Anleger gemehrt hat auch M1 Kliniken, ein Gesundheitsdienstleister aus Köpenick, der vor allem auf ästhetische Medizin setzt: Fettabsaugung, Brustkorrekturen oder Botox-Unterstützung. Dass Schönheitskorrekturen en vogue sind, ist am Kurs und an der Dividende ablesbar: Seit der Erstnotiz im September 2015 liegt das Plus bei 84 Prozent. Hinzu kommt eine Dividendenrendite von aktuell 3,2 Prozent.
Ein Liebhaber-Stück ist die Aktie der Fernheizwerk Neukölln AG. Das Unternehmen liefert 30 Prozent des Fernwärmebedarfs in Neukölln und wird für 2016 nun im 19. Jahr ohne eine Unterbrechung eine Dividende zahlen. Weil das Geschäft mit dem Verkauf von Fernwärme und Strom so gut lief, soll die Dividende für 2016 von 1,45 auf 1,60 Euro je Aktie steigen. Am meisten profitiert davon der Energieversorger Vattenfall, der 80 Prozent der Anteile hält. Allerdings konnten auch die freien Aktionäre gut verdienen: Neben einer Dividendenrendite von vier Prozent legte auch der Kurs binnen eines Jahres um 24 Prozent zu.
Das Heizkraftwerk Neukölln bietet eine hohe Dividende
Allerdings: Gerade die Aktie des Fernheizwerks macht ein Problem deutlich, unter dem viele Berliner Aktiengesellschaften leiden: geringe Umsätze. An vielen Tagen wird nicht eine einzige der 2,3 Millionen Fernheizwerk-Aktien gehandelt. Für Anleger ist das von Nachteil, sagt Michael Kunert von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK): „Wer hier einfach Aktien kauft, riskiert unmögliche Kurse, denn es ist womöglich nur ein Verkäufer zu deutlich höherem Kurs im Markt.“
Dennoch sei es empfehlenswert, sich auf dem Berliner Markt umzusehen. Unter den heimischen Firmen seien einige verlässliche Dividendenzahler. Seit 15 Jahren etwa zahlt der Axel-Springer-Verlag eine Dividende an Investoren aus – in diesem Jahr soll sie, wenn die Hauptversammlung zustimmt, von 1,80 auf 1,90 Euro steigen. Im 18. Jahr ununterbrochener Gewinnbeteiligung ist auch die Deutsche Grundstücksauktionen AG, nach eigenen Angaben Marktführer für Immobilienauktionen in Deutschland.
MBB hat seinen Aktienkurs in einem Jahr verdreifacht
Dass bei MBB, einem mittelständischen Beteiligungsunternehmen für Maschinenbau und Ingenieursleistungen, die Dividendenrendite nur bei 0,7 Prozent liegt, hat nicht mit schwachen Gewinnen, sondern umgekehrt mit dem raschen Kursplus zu tun. Der Kurs der Firma, die gerade die Maschinenbau-Tochter Aumann an die Börse gebracht hat, hat sich binnen eines Jahres verdreifacht. MBB will seine Eigner am Rekordgeschäft 2016 teilhaben lassen und schüttet im Sommer eine Sonderdividende aus, die die Gewinnbeteiligung auf 1,22 Euro je Aktie verdoppelt.
Größtenteils sehr positiv entwickelt haben sich auch die Berliner Immobilienkonzerne, etwa TLG Immobilien oder Ado Properties. Letzteres ist eigentlich ein Luxemburger Unternehmen mit israelischer Muttergesellschaft, betreibt sein Hauptgeschäft jedoch auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Beide, TLG und Ado Properties, werden ihre Dividende deutlich erhöhen, beide sind im kleinen Dax-Bruder S-Dax vertreten. Allerdings: Mit Ausnahme von Axel Springer, der im zweitgrößten Index, dem M-Dax notiert sind, besitzt die Hauptstadt keine großen und dividendenstarken Unternehmen, die Mitglieder in Dax oder M-Dax sind. Der Online-Händler Zalando hat es zwar in den M-Dax, geschafft, zahlt aber weiter keine Ausschüttung. Auch die hochdefizitäre Internet-Beteiligungsgesellschaft Rocket Internet, der Finanzierungs-Vermittler Hypoport und der Kabelnetzbetreiber Tele Columbus, die alle drei im S-Dax notiert sind, können keine Dividende zahlen.
Wer in unbekannte Firmen investiert, muss sich gut informieren
Gerade in Berlin, sagen Aktionärsschützer Kunert und Dividendenexperte Röhl, könne sich daher der Blick auf die Kleinen lohnen. Wichtig bleibe dabei jedoch, sich das Geschäftsmodell genau anzusehen, rät Kunert. Allerdings vereinfache der Kauf einer Berliner Aktie eben auch den Besuch der Hauptversammlung, also des jährlichen Aktionärstreffens. Auf dem bekommen Anleger einen guten Einblick in das aktuelle Zahlenwerk und den Geschäftsausblick.
Für lohnenswert halten die Dividenden-Experten zum Beispiel auch einen Blick auf PSI oder Haemato. Der Berliner Konzern PSI programmiert Software, mit der etwa Versorger ihre Netze steuern oder Stahlkocher ihren Produktionsfluss. Die noch junge Eon-Abspaltung Innogy hält knapp 18 Prozent an dem Unternehmen, das bereits seit 1998 auf dem Markt ist und die Dividende gerade ebenfalls leicht angehoben hat. Haemato wiederum, die von Schönefeld aus günstige Generika vor allem für die Therapie von HIV und Krebs herstellen und vertreiben, blickt auf ein Kursplus von 311 Prozent in den vergangenen fünf Jahren zurück und schüttet ebenso lange eine stabile Dividende aus.
Allerdings: „In Berlin ist auch sehr viel Börsen-Bodensatz auf dem Markt“, warnt Dividendenadel-Gründer Röhl. Die Stadt „zieht viele Glücksritter an“, die schnelles Geld in einer Stadt mit umfangreicher Start-up-Kultur machen wollten. Ein Beispiel sei etwa die Fotokunst-Firma Camera Work, die zwei Galerien betreibe und an der Börse mit 115 Millionen Euro bewertet sei. Handelsumsätze gebe es selten, so Röhl, zudem liege der Abstand zwischen dem Kauf- und dem Verkaufskurs bei rund 2000 Euro. Andere Orchideen-Aktien sind dagegen hochseriös und erfreuen ihre Besitzer: So schüttet Bastfaserkontor, ein am Ku-Damm ansässiges Immobilienunternehmen, zwar nur einen Euro für jede seiner 8280 Aktien aus. Dafür ist aber der Kurs in den vergangenen drei Jahren um 171 Prozent gestiegen – auf 5300 Euro.
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