Smart City: „Berlin muss innovativer werden“
Berlin lässt sich gerne "Digitalhauptstadt" nennen - doch um den Titel zu verdienen, bedarf es noch einiger Schritte, meint ein Team von Mittelständlern bei der die IHK. Deshalb machen die Unternehmer Handlungsvorschläge.
Karsten Schulze würde seine Busse gerne heute schon automatisch durch Berlin fahren lassen. Zumindest testweise. Wie in den Niederlanden, wo in Wageningen bereits der erste autonome Bus unterwegs ist. „Aber hierzulande lässt der Gesetzgeber das leider nicht zu“, bedauert Schulze, der Geschäftsführender Gesellschafter des Berliner Busunternehmens Haru-Reisen ist.
Die Verwaltung steht im Fokus
Doch nicht nur im Hinblick auf eine bessere Vernetzung des Stadtverkehrs hinke Berlin hinterher, beklagt Schulze. Zwar habe der Senat im April 2015 eine Smart City Strategie verabschiedet, doch bislang sei weder der zugesagte Umsetzungsplan dazu vorgelegt, noch Wirtschaft und Forschung zu einem weiteren Diskurs eingeladen worden. Schulze, der Vorsitzende des 13-köpfigen Kompetenzteams Mittelstand der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), hat deshalb am Freitag „Handlungsvorschläge für ein smartes Berlin“ vorgestellt – im Fokus steht dabei insbesondere die Verwaltung.
„Nichts hemmt die Unternehmen so sehr, wie komplizierte Kommunikation und Verfahren mit der Verwaltung“, sagt Schulze. Er selbst habe dies erst kürzlich wieder erleben müssen. Nach der Umwandlung seines Unternehmen von einer OHG in eine GmbH habe er jeden einzelnen Fahrzeugschein zur Zulassungsstelle bringen und einen Antrag auf Umschreibung stellen müssen – und das sei nur einer der rund 120 Kontakte gewesen, die jedes Berliner Unternehmen jährlich mit den Behörden habe. „Dieser Aufwand kann deutlich minimiert werden, wenn die E-Government-Strukturen endlich umgesetzt werden“, betont Schulze. Dann wäre es beispielsweise möglich, einen Großteil behördlicher Vorgänge online zu erledigen. „Wir leben nun mal in einer digitalen Welt, aber die Berliner Verwaltung liegt da noch weit zurück“, beklagt Schulze.
Start-ups sollen die Behörden innovativer machen
Um den Prozess für eine bessere Vernetzung der Stadt zu beschleunigen, schlägt Sebastian Stietzel, Vorstand des Beratungsunternehmens Tixoo und ebenfalls Mitglied im 13-köpfigen IHK-Kompetenzteam Mittelstand, eine engere Zusammenarbeit zwischen den Behörden und Start-ups vor. Ein Vorschlag, wie er kürzlich auch im Rahmen eines Runden-Tisch-Gesprächs zwischen Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) und jungen Unternehmensgründern diskutiert worden ist. Vorbild dafür könnten Initiativen wie „Start-up meets Grown-up“ sein, bei der etablierte Unternehmen wie BMW, Osram oder Otto Bock junge Tech-Unternehmen an Bord holen, um von ihnen zu lernen.
Die langsamen Verwaltungsstrukturen könnten sich ansonsten schon bald zum Standortnachteil entwickeln, sorgt sich Stietzel. Um dies zu vermeiden, sei nicht nur mehr digitale Kompetenz in den Behörden notwendig, sondern auch mehr englischsprachiges Personal. Er erlebe es immer wieder, dass Start-up-Gründer zwar Dokumente auf Englisch ausfüllten, dann aber Rückfragen auf Deutsch bekommen würden. In einer Stadt wie Berlin, die sich als Start-up-Metropole rühme, „sollte es aber eine Selbstverständlichkeit sein, dass man mit Behörden problemlos auf Englisch kommunizieren kann“, mahnt Stietzel.
"Datenschutz nicht nur als Alibi nutzen"
Auch beim Datenschutz setzen die Mittelständler auf mehr Pragmatismus. „Selbstverständlich müssen hier sichere Standards gesetzt und eingehalten werden“, betont Busunternehmer Karsten Schulze. Doch oft werde das Thema Datenschutz nur als Alibi vorgeschoben, um nicht handeln zu müssen. „Aber wenn wir solche Themen immer nur diskutieren, statt zu handeln, ist es kein Wunder, wenn uns andere Städte überholen“, sagt Schulze. So wie das kleine Örtchen Wageningen in den Niederlanden, in dem bereits ein fahrerloser Bus Fahrgäste kutschieren darf.
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