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Der Gründerboom ist eine große Chance für Berlin, sagt Klaus Siegers.
© Doris Spiekermann-Klaas

Weberbank-Chef Siegers im Interview: „Berlin ist im Aufwind“

Die Zahl der reichen Bankkunden in Berlin steigt, sagt Klaus Siegers, Chef der Weberbank. Davon will sein Institut profitieren.

Herr Siegers, Ihr Institut spricht in erster Linie vermögende Kunden an. Wie steht es um Ihren Markt?

Der ist sehr stark umkämpft. Es gibt laut Studien in Deutschland rund 1,2 Millionen Menschen, die über mindestens eine Million Dollar (gut 750 000 Euro) verfügen. So viele Vermögensmillionäre gibt es in keinem anderen Land in Europa. Allerdings sind sie regional sehr ungleich verteilt. Die größte Dichte an Dollar-Millionären gibt es in Frankfurt am Main mit etwas über 200 000. In Berlin, unserem Kernmarkt, ist es gerade einmal ein Zehntel davon.

Finden Sie denn genug Kunden in Berlin?
Ja, zunehmend. Die Stadt ist im Aufwind und es kommen viele Menschen hierher, die unternehmerisch aktiv sind. Zudem profitieren wir davon, dass wir seit 2009 die hundertprozentige Tochter einer Sparkasse sind. Das signalisiert Kunden Sicherheit, die sie seit Ausbruch der Finanzkrise verstärkt suchen.

Früher waren Sie auch mit Filialen in NRW vertreten, wo es viel mehr Reiche gibt. Warum haben Sie die geschlossen?
Die Weberbank gehörte früher der WestLB, die ihre Zentrale in Düsseldorf hatte. Deshalb war es für unser Institut sinnvoll, auch dort vertreten zu sein. Mit dem Verkauf der Weberbank an die Mittelbrandenburgische Sparkasse (MBS) in Potsdam 2009 hat sich das geändert. Seitdem haben wir uns wieder ganz auf unsere Wurzeln besonnen und die liegen ganz klar in Berlin.

Als die MBS Ihr Institut übernommen hat, wollte sie die Weberbank zur Privatbank der Sparkassen machen. Hat das funktioniert?
Ja, wir sind Partner der Private-BankingEinheiten. Nach der Finanzmarktkrise waren die Sparkassen mit einem Mal in der Situation, viele Neukunden zu bekommen, die ein hohes Vermögen mitbrachten. Und die Frage war, wie man diese Kunden langfristig bei der Sparkasse halten kann. Viele Sparkassen haben deshalb gesonderte Private-Banking-Einheiten aufgebaut. Dafür brauchen sie eine Vermögensverwaltung, die wir nun für rund 30 Sparkassen übernehmen.

Wie hoch ist der Gewinn, den Sie nach Potsdam abführen?
Der lag bislang immer bei fünf bis zehn Millionen Euro im Jahr. Und es gibt gute Gründe daran zu glauben, dass es auch 2014 so viel sein wird.

"Die Zahl der Bürger, die ihr Vermögen stiften, steigt"

Der Gründerboom ist eine große Chance für Berlin, sagt Klaus Siegers.
Der Gründerboom ist eine große Chance für Berlin, sagt Klaus Siegers.
© Doris Spiekermann-Klaas

Sie verwalten auch das Vermögen von 200 Stiftungen. Werden es mehr?
Wir beobachten seit drei bis vier Jahren, dass die Zahl der Bürger, die ihr Vermögen stiften, deutlich steigt. Beispielsweise haben 15 bis 20 Prozent unserer Kunden keine Nachkommen. Viele von ihnen gründen deshalb eine Stiftung, um Gutes für die Gesellschaft zu tun. Stiften ist heute mehr denn je Thema. Diese Form der Vermögensverwendung ist längst nicht mehr nur etwas für die großen und bekannten Unternehmerfamilien wie Bertelsmann oder Quandt.

Stiftungen müssen ihr Vermögen erhalten. Das ist in Zeiten niedriger Zinsen nicht einfach. Wie machen Sie das?
Zunächst ist zwischen Rendite und Nominalzins zu unterscheiden. Beispielsweise steigen die Kurse festverzinslicher Wertpapiere, wenn die Zinsen weiter sinken. Zudem gibt es Märkte, in denen die Zinsen höher sind als in Deutschland – zum Beispiel in den USA oder Großbritannien. Allerdings muss man wissen, dass man dabei ein Währungsrisiko eingeht.

Gibt es Alternativen?
Wer das Risiko von Kursschwankungen tragen kann, sollte sich mit dividendenstarken Aktien auseinandersetzen. Die Dividendenerträge liegen derzeit deutlich über der Nominalverzinsung.

Sie raten also weiter zum Aktienkauf, obwohl die Kurse derzeit so stark schwanken?

Korrekturphasen gibt es immer wieder mal. Was wir derzeit erleben, ist ein Ausatmen – keine Trendwende. Langfristig dürften die deutschen Aktienmärkte wieder zulegen.

Ist es noch zeitgemäß, dass Stiftungen ihr Kapital erhalten müssen?
Gerade in Zeiten, in denen die Zinsen so niedrig sind, steht hinter dem kurzfristigen Kapitalerhalt ein großes Fragezeichen. Meiner Meinung nach reicht ein Abstand von fünf bis sieben Jahren. Das entspricht in etwa der Länge eines Konjunkturzyklus.

Was heißt das genau?
Bislang vertritt die Aufsicht eine sehr konservative Einstellung, die als Pflicht zum kurzfristigen Kapitalerhalt interpretiert werden kann. Das klingt sinnvoll, heißt aber, dass Sie das Stiftungskapital in einem Niedrigzinsumfeld nur nominell erhalten können. Berücksichtigen Sie die Inflation, verlieren Sie auf lange Sicht an Wert. Durch ihre langfristige Ausrichtung können Stiftungen aber Risiken tragen und unternehmerisches Kapital für entsprechende Renditechancen zur Verfügung stellen.

"Ich bin optimistisch, dass der Gründerboom anhält"

Der Gründerboom ist eine große Chance für Berlin, sagt Klaus Siegers.
Der Gründerboom ist eine große Chance für Berlin, sagt Klaus Siegers.
© Doris Spiekermann-Klaas

Viele Ihrer Kunden sind Unternehmer, einige auch Gründer. Für wie nachhaltig halten Sie den Gründerboom in Berlin?
Ich bin sehr optimistisch, dass der anhält. Denn wir sehen die nachhaltigen Cluster, die sich bilden und in denen sich Gründer aus ganz unterschiedlichen Ecken wiederfinden. Wir haben zudem die vielen Hochschulen. Außerdem erleben wir den stetigen Zuzug von Menschen, die – wie ich – fasziniert sind von diesem neuen Unternehmertum. Das zusammengenommen ist eine riesige Chance für Berlin. Die Stadt kann so wettmachen, was ihr nach dem Zweiten Weltkrieg verloren gegangen ist: nämlich die Großkonzerne und ein kräftiger Mittelstand.

Wo sehen Sie den Zusammenhang?
Weil die Start-up-Szene wächst, beschäftigen sich auf einmal auch die Zentralen der Großunternehmen an anderen Standorten wieder mit Berlin. Wahrscheinlich ziehen sie nicht gleich ganz hierher, aber sie spüren den Druck, zumindest Teile ihrer Wertschöpfungskette in die Hauptstadt zu verlagern.

Welchen Trend sehen Sie gerade?
Ein weltweiter Megatrend ist zum Beispiel das Lehren und Lernen übers Internet. Das MIT in den USA stellt beispielsweise alle Lehrprogramme ins Netz und hat so 150 Millionen Studenten gefunden, die Kurse online verfolgen. Wenn man sich dann Berlins universitäre Landschaft anschaut und die Entwicklung der Internettechnologieszene am Standort, dann liegt allein da ein riesiges Potenzial.

Entsprechen die Gründer, die Sie betreuen, den gängigen Klischees: jung, fleißig, flexibel, urban, trendy?
Es gibt keine Schablone. Zu uns kommen Manager mit klarer betriebswirtschaftlicher Prägung, die an Eliteunis studiert und vier Jahre bei der Unternehmensberatung gearbeitet haben. Wir sitzen aber auch mit technikverliebten Spezialisten zusammen, die einfach geniale Ideen entwickelt haben – die wir im ersten Schritt gar nicht verstehen.

Wie bringen Sie Gründer und Geld zusammen?
Wir organisieren zum Beispiel zwei bis drei Konferenzen im Jahr. Dabei haben wir festgestellt: Gründer aus Berlin sind zunehmend auch für Risikokapitalgeber aus London und New York interessant. Gleichzeitig suchen viele aber nicht nur Kapital, sondern Begleitung – zum Beispiel einen Business Angel, der sein Netzwerk und seine Expertise einbringt.

Ein Leuchtturm für Berlin ist die Start-up-Holding Rocket Internet der Samwer-Brüder, die an die Börse drängen. Kaufen oder nicht?
Ob es sich lohnt, speziell bei Rocket einzusteigen, kann und will ich nicht beurteilen. Aber der Umstand, dass große Investoren dieser Firma Geld geben und das Unternehmen den Börsengang offenbar erwägt, signalisiert der Gründerszene: Man kann aus einer Firma im Loft in Mitte etwas ganz Großes aufbauen. Das macht Mut.

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