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Rummel vor dem Tor: Der Pariser Platz ist ein Muss für alle Touristen.
© dpa

Tourismus: Berlin - eine Weltstadt für Deutsche

Im vergangenen Jahr waren so viele Touristen in Berlin wie nie zuvor. Der Anteil ausländischer Gäste bleibt aber gering.

15 Stock. Der Ort, den Berlins Tourismusagentur Visit Berlin zur Präsentation der Jahresbilanz wählte, hatte eine gewisse Symbolkraft: Von der Etage im noch unfertigen Luxushotel Waldorf-Astoria am Berliner Zoo aus hat man einen guten Blick über die halbe Stadt, allerdings hat das Gebäude 32 Stockwerke. Da ist also noch Platz nach oben, sollte die Botschaft der Tourismusförderer wohl lauten.

Seit nunmehr zehn Jahren zählt Berlin stetig steigende Tourismuszahlen. Am Mittwoch bestätigte das Statistische Landesamt diesen Trend auch für das vergangene Jahr: 2011 registrierten Hotels, Hostels, Pensionen und Campingplätze der Stadt insgesamt 9,9 Millionen Gäste, das waren neun Prozent mehr als im Vorjahr. Diese verbrachten im Schnitt 2,3 Nächte in der Stadt, wodurch sich die Rekordzahl von 22,4 Millionen Übernachtungen ergibt – ebenfalls ein kräftiges Plus von 7,5 Prozent zum Vorjahr.

Dabei Berlin ist weiter vor allem für deutsche Touristen attraktiv: 59 Prozent der Gäste kamen 2011 aus dem Inland, 31 Prozent aus Rest-Europa und nur rund zehn Prozent aus dem nicht europäischen Ausland. Damit liegt Berlin der Internationalität nach weit abgeschlagen hinter fast allen 24 untersuchten europäischen Hauptstädten, wie aus einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger hervorgeht, die ebenfalls gestern vorgestellt wurde. In London und Paris liegt der Anteil ausländischer Gäste bei 79 beziehungsweise 63 Prozent – gegenüber 41 Prozent in Berlin. Auch andere beliebte Hauptstädte wie Rom, Madrid, Istanbul, Budapest oder Wien verbuchten einen höheren Ausländeranteil unter den Gästen. Nur Oslo nicht.

Ein weiterer prägnanter Punkt in der Statistik ist das Bettenangebot in der Stadt. Das stieg wegen neuer Hoteleröffnungen auch 2011 weiter und hat sich seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Die Auslastung ist über all die Jahre relativ stabil, 2011 lag sie bei 51,2 Prozent. Angesichts dieses Überangebotes dürfte es den Hoteliers weiter nicht gelingen, deutlich höhere Zimmerpreise durchzusetzen. Was Hoteliers plagt, dürfte aber Grund für die weiter steigende Attraktivität Berlins sein: „Berlin ist die einzige Weltstadt, die nicht die Welt kostet“, sagte Burkhard Kieker, Geschäftsführer von Visit Berlin. Er wies zudem darauf hin, dass die tatsächliche Zahl der Übernachtungen noch um etwa drei Millionen höher liegen könnte. Genau wisse man das nicht, da die Statistiker nur die Zahlen von Herbergen mit mehr als neun Betten auswerten. Private Ferienwohnungen gehen somit nicht in die Statistik ein.

Hostel-Schwemme lässt Obernitz kalt

Berlins neue Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz (parteilos) sagte, Ziel sei es, die Zahl von aktuell 22,4 Millionen Übernachtungen auf 30 Millionen im Jahre 2020 zu steigern. Der Senat wolle helfen, wo er könne. Grundsätzlich müsse man Berlins Rolle als Messe- und Kongressstadt stärken und Berlin weiter als Standort der Gesundheits- und Kreativwirtschaft präsentieren. Eine zentrale Rolle spiele sicher die Eröffnung des neuen Flughafens BER im Juni. „Wichtig ist in dem Zusammenhang die Zahl der angebotenen Direktflüge nach Berlin.“ Sie wolle sich etwa bei Fluggesellschaften dafür einsetzen. Konkrete Gespräche habe sie in der Sache allerdings noch nicht geführt, sagte Obernitz.

In innerstädtischen Bezirken gibt es Bürgerinitiativen gegen die Eröffnung von Hotels und Hostels. Vor dem Hintergrund sagte die Senatorin, sie nehme die Bedenken der Bürger ernst. Letztlich aber brauche die Stadt mehr Gäste. „Ich appelliere an alle Berliner, den Tourismus als Chance zu begreifen für mehr Wirtschaftskraft und neue Jobs“.

Berlin ist noch nicht so überfrachtet wie andere Städte. So sind kleinere Städte wie Lissabon, Prag oder Amsterdam deutlich stärker getroffen, da hier der Anteil der Touristen an der Gesamtbevölkerung höher sei.

Zur geplanten City-Tax, die die Berliner Koalition wahrscheinlich ab Januar 2013 einführen will, sagte Obernitz, dass noch nicht klar sei, wie viel der Einnahmen daraus auch wieder dem Tourismussektor der Stadt zufließen sollen. Sie sagte aber eine „gewissenhafte Prüfung“ des Senats zu.

Die Berater von Roland Berger stellen Berlin insgesamt ein gutes Zeugnis aus. „Berlin ist Wachstumsmeister in Europa“, sagte Vladimir Preveden, Partner der Unternehmensberatung. Demnach liegt Berlin nach Zahlen für das Jahr 2010 bei Übernachtungen an dritter Stelle hinter London (48,7 Millionen) und Paris (35,8 Millionen). In einem Ranking, das auch Faktoren wie Flughafennähe und Erlöse der Hoteliers einschließt, landet Berlin nach Paris, Amsterdam und Stockholm auf Platz vier.

Kevin P. Hoffmann

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