zum Hauptinhalt

Glück im Spiel: Berlin - ein guter Standort für Spieleentwickler

Software-Hersteller profitieren von der Anziehungskraft der Stadt auf junge Kreative. Mehrere Privatschulen bilden den Nachwuchs aus.

Wenige Branchen boomen so stark wie die Computerspiele-Industrie, die bundesweit schon die Musik- und die Filmwirtschaft beim Umsatz überrundet hat. Und für Game-Designer, die elektronische Spiele entwickeln, ist Berlin neben Frankfurt am Main und Hamburg einer der wichtigsten Standorte. „Wir sind beim Umsatz wohl nicht der Spitzenreiter, haben hier aber zunehmend kleinere Entwicklungsstudios“, sagt der Branchenkenner Andreas Lange. Im Trend lägen sogenannte Browsergames, die sich direkt im Internet spielen lassen. Wie man Spiele gestaltet, können Interessenten ab Freitag am Beispiel des in Berlin entstandenen Strategiespiels „Paraworld“ nachvollziehen – denn dann eröffnet Lange an der Karl-Marx-Allee 93a in Friedrichshain sein deutschlandweit einzigartiges Computerspielemuseum (Bericht folgt).

„In Berlin haben es die Unternehmen leicht, gutes Personal zu finden“, sagt der Museumsdirektor. Tatsächlich bildet zum Beispiel die Games Academy seit zehn Jahren Spieleentwickler aus. An der Rungestraße in Mitte gibt es rund 120 Schüler, hinzu kommen 80 Absolventen am Zweitsitz in Frankfurt am Main. „Alle zwei Jahre mieten wir eine zusätzliche Etage an“, sagt der Projektleiter für die Game-Entwicklung, Patrick Lehrmann. Die Industrie leide nicht unter Nachwuchs- oder Fachkräftemangel und steigere seit Jahren ihre Umsätze: „Es wird weiter aufwärtsgehen.“ Inzwischen bildet die Games Academy auch 3-D-Designer für Animationen in Filmen aus.

Die Schüler stammen aus ganz Deutschland. Die Hauptstadt sei ein „Magnet“ für junge Leute, die in der Internet- und Spielebranche arbeiten wollen, sagt Lehrmann, der bis vor zweieinhalb Jahren dem Berliner Spielestudio Radon Labs angehörte. Seine alte Firma musste später Insolvenz anmelden und wurde von der Hamburger Firma Bigpoint übernommen – einem der Marktführer im Bereich der Browserspiele. Radon Labs hatte das preisgekrönte Rollenspiel „Drakensang“ geschaffen, sich aber mit der Entwicklung des dritten Teils der Reihe finanziell übernommen. „Die wenigsten können die Entwicklung selbst finanzieren“, sagt Lehrmann. Bei klassischen PC-Spielen springen „Publisher“ ein, die Marketing und Vertrieb übernehmen – oder in Verhandlungen mit den Herstellern von Spielekonsolen dafür sorgen, dass die Games auch auf Plattformen wie der Sony Playstation oder der Nintendo Wii laufen. Bei Online-Spielen gibt es in der Regel keine Publisher, die Entwickler benötigen oft andere Geldgeber oder Bankkredite.

Zu einem der größten europäischen Anbieter für Online-Spiele hat sich die Game Duell GmbH entwickelt: Mehr als 170 Beschäftigte aus zwölf Ländern sind an der Greifswalder Straße in Prenzlauer Berg tätig, in der Firma wird überwiegend Englisch gesprochen. Es gibt auch ein Büro in den USA und ein Entwicklungszentrum in Asien. Und das sieben Jahre alte Unternehmen expandiert weiter: „Wir wollen unsere Mitarbeiterzahl dieses Jahr auf deutlich über 200 erhöhen“, sagt Kai Bolik, einer der drei Gründer und Geschäftsführer. Man suche vor allem Softwareentwickler, Produktmanager und Grafiker. Auch Bolik lobt Berlin als „guten Standort, um Leute zu finden“. Zudem sei es kein Problem, Fachleute aus dem Ausland hierher zu holen: „Alle ziehen gerne nach Berlin“, weil die Stadt ein weltoffenes und modernes Image habe. Game Duell profitiere nicht zuletzt von der guten Vernetzung mit wissenschaftlichen Institutionen wie der TU, der FU und der Beuth Hochschule für Technik.

Die Gründung der Spieleplattform hatten Risikokapitalgeber unterstützt, nur zwei Arbeitsstellen wurden zeitweilig mit öffentlichen Geldern gefördert. Eine der Spezialitäten von Game Duell sind elektronische Varianten bekannter Brett- und Kartenspiele. Für die mehr als 20 Millionen registrierten Nutzer aus neun Ländern ist der Dienst in sieben Sprachen verfügbar. Wie der Firmenname andeutet, können die Mitglieder bei Geschicklichkeitsspielen oder Skatturnieren gegeneinander antreten und Preise gewinnen. Die Benutzung ist eigentlich kostenlos, doch können sich die Spieler in manchen Games Vorteile erkaufen.

Übers Internet laufen auch die Rollenspiele der Frogster Interactive Pictures AG, die an der Frankfurter Börse notiert ist und neben ihrem Hauptsitz an der Charlottenburger Hardenbergstraße auch Tochtergesellschaften in Berlin, San Francisco, Seoul und in Asien hat. In einer Fantasywelt mit Magiern, Monstern und Feuer speienden Drachen bewegt man sich zum Beispiel in „Runes of Magic“. Allein für dieses Spiel sind mehr als vier Millionen Benutzer registriert. Die jüngsten Geschäftszahlen von Frogster stammen aus dem dritten Quartal 2010: Bis Ende September betrug der Jahresumsatz rund 16,5 Millionen Euro, insgesamt erwartet der Vorstand für das vergangene Jahr einen Umsatz von 22 Millionen Euro – rund 50 Prozent mehr als 2009.

Dirk Weyel, der das Unternehmen vor fünf Jahren zusammen mit Christoph Gerlinger gegründet hatte, sieht in Berlin „die am besten geeignete Stadt, um junge und kreative Leute aus aller Herren Länder zu rekrutieren“. Hier gebe es ein „attraktives Lebensumfeld“ und noch immer niedrige Lebenshaltungskosten. Von den mehr als 200 Mitarbeitern arbeiten rund 180 in der Berliner Zentrale. Derzeit entwickeln sie zwei neue Titel für 2011 vor und entwickeln zusammen mit einem taiwanesischem Studio ein neues Online-Rollenspiel, das 2013 erscheinen soll – aber die Einzelheiten sind noch streng geheim.

Zur Startseite