Insolvenzverwalter: BenQ Mobile war nicht zu retten
Mit nahezu aussichtslosen Fällen hat Insolvenzverwalter Martin Prager Erfahrung. Doch auch für den Juristen und geübten Unternehmensretter gab es bei BenQ Mobile am Ende keine Aussicht mehr auf Erfolg.
München - Schon rund 180 Mal wurde der Rechtsanwalt zu Hilfe gerufen, wenn es galt, zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmen vor dem endgültigen Aus zu retten. Für den Handyhersteller BenQ Mobile aber mit ursprünglich über 3000 Beschäftigten konnte Prager jedoch nicht mehr viel tun: Auch nach mehr als 100 Investorengesprächen in den vergangenen Wochen kann er den Mitarbeitern und der Öffentlichkeit keinen Käufer für die ehemalige Handy-Sparte von Siemens präsentieren.
Der Markt für Insolvenzverwaltung in Deutschland ist eng. Die spektakulären Fälle - mit denen die Insolvenzverwalter oft mehr als zehn Jahre beschäftigt sind - landen meist bei einer Handvoll spezialisierter Anwaltskanzleien. In München zum Beispiel hat sich Michael Jaffé einen Namen gemacht, der unter anderem die Überreste der einstigen KirchGruppe verwertete. Den Insolvenzverwaltern kommt dabei eine Doppelrolle zu. Zum einen versuchen sie, unter ihrer Führung das Unternehmen zu sanieren und möglichst schnell aus den roten Zahlen zu bringen. Zum anderen suchen sie nach potenziellen Investoren, die bereit sind, den Betrieb oder Teile davon zu übernehmen. Mit dem Erlös wird dann ein Teil der Gläubigerforderungen befriedigt - meist aber nur zu weniger als zehn Prozent.
Prager arbeitet bei den Insolvenzspezialisten von der Sozietät Pluta. Von Anfang an hatte der promovierte Jurist, der in Freiburg und Genf studierte, bei seinem bisher wahrscheinlich größtem Fall vor einer Mammutaufgabe gestanden. Die Fehler des früheren Eigentümers Siemens, der Trends am Handy-Markt zu spät erkannte, sowie Marktanteilsverluste und Umsatzrückgänge des Unternehmens unter der Führung des taiwanesischen Elektronikkonzerns BenQ Corp. galten als große Hürden für eine Sanierung.
Am Ende war das Risiko zu groß
So meldeten sich denn in den vergangenen drei Monaten zwar auch rund 100 potenzielle Investoren bei dem vorläufigen Insolvenzverwalter. "Die Palette der Interessenten reicht von namhaften Branchenunternehmen über Finanzinvestoren bis zum Glücksritter", berichtet der 51-Jährige. Mit 31 Interessenten wiederum führte er intensivere Verhandlungen, spielte mögliche Geschäftsmodelle mit ihnen durch und tauschte erste Vertragsentwürfe aus. Am Ende aber zuckten alle Interessenten zurück. Zu groß erschien ihnen wohl das Risiko, nachdem sich schon große Konzerne wie Siemens und BenQ die Finger verbrannt hatten. Zudem habe die Marke Siemens/BenQ den Großteil ihrer Strahlkraft verloren, das Geschäft sei eingebrochen, sagt Prager.
Doch Prager hat sich seinen Optimismus dadurch noch nicht nehmen lassen. Schließlich könne ja ein Investor auch jetzt noch einen Großteil des Unternehmens im Paket übernehmen - nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens sogar befreit von arbeitsrechtlichen Altlasten. "Die nächsten Wochen werden noch spannend bleiben."
Prager schreckt auch vor drastischen Maßnahmen nicht zurück
Seit 1997 ist Prager für die Kanzlei Pluta tätig. Den Beschäftigten der betroffenen Unternehmen versucht der kommunikative und freundlich-verbindliche Rechtsanwalt nach der Pleite in Betriebsversammlungen Mut zu machen. "Er nimmt das Menschliche immer sehr ernst", sagt Kanzlei-Geschäftsführer und Namensgeber Michael Pluta einmal über Prager. Doch auch vor drastischen Einschnitten schreckt Prager nicht zurück - eine Grundvoraussetzung für den Job. Als eine der ersten Maßnahmen musste Prager rund zwei Dritteln der BenQ-Beschäftigten mitteilen, dass es für sie keine Arbeit mehr gibt.
Zuletzt war der in Baden-Baden geborene Rechtsanwalt bei der Pleite der Nachfolgefirma des Flugzeugherstellers Dornier in Erscheinung getreten. Eine Reihe von Mittelständler wie der Pulloverhersteller März München kamen unter Führung des Insolvenzverwalters wieder auf die Beine. Entscheidend sei grundsätzlich, ob es Insolvenzverwaltern gelinge, strategische Fehlentscheidungen von Unternehmen zu korrigieren, beschrieb Prager einmal seine Tätigkeit. Bei BenQ Mobile aber war es dafür wohl zu spät. (Von Christine Schultze und Axel Höpner, dpa)
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