Arbeitsmarkt in Deutschland: Befristete Arbeitsverträge steigen auf Rekordhoch
Immer mehr Beschäftigte in Deutschland haben nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Oft ohne sachlichen Grund. Das wollte die Regierung ändern.
Die Zahl der Beschäftigten mit einem befristeten Arbeitsvertrag hat im vergangenen Jahr einen Höchststand erreicht. Nach Angaben des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) waren etwa 3,15 Millionen Menschen hierzulande befristet beschäftigt - also jeder Zwölfte der rund 38 Millionen Beschäftigten. Nur sechs von hundert Betroffenen haben diese Form der Beschäftigung freiwillig gewählt. Etwa die Hälfte der Verträge wird ohne sachlichen Grund befristet.
Im ersten Halbjahr 2017 waren 42 Prozent der Vertragsänderungen bei Befristungen auf innerbetriebliche Übernahmen zurückzuführen, hieß es weiter. 33 Prozent der auslaufenden befristeten Verträge wurden verlängert, 25 Prozent beendet. „Übernahmen in unbefristete Beschäftigung scheinen eher bei sachgrundlosen Befristungen zu erfolgen. Allerdings macht diese Option pauschale Befristungen überhaupt erst möglich“, sagte Christian Hohendanner, Autor der Studie. Gedacht war das Instrument einmal für wirtschaftlich schwierige Zeiten - wovon man heute nicht sprechen kann.
Deswegen stehen sachgrundlose Befristungen auch im Mittelpunkt der Arbeitsmarktdebatte. Die Bundesregierung will laut dem Koalitionsvertrag den Anteil bei Arbeitgebern mit mehr als 75 Mitarbeitern auf 2,5 Prozent der Beschäftigten beschränken und die Höchstdauer dieser Befristungen von 24 auf 18 Monate verkürzen. Innerhalb dieser Zeit soll nur einmal statt dreimal eine Verlängerung möglich sein. Die Forderung der Sozialdemokraten, Befristungen ohne vorliegenden Sachgrund ganz abzuschaffen, war einer der größten Knackpunkte bei den Koalitionsverhandlungen. Durchsetzen konnte sich die SPD damit nicht. Das Ergebnis ist ein Kompromiss. Bislang ist offen, wann Arbeitsminister Hubertus Heil einen Gesetzentwurf vorlegt. Er werde dies "innerhalb eines Jahres anpacken", kündigte der SPD-Politiker im Juni an.
Meiste Befristungen im öffentlichen Dienst
IAB-Forscher Christian Hohendanner befürchtet jedoch, dass Arbeitgeber durch die Reform stärker auf andere Beschäftigungsformen wie Zeitarbeit oder Werk- und Dienstverträge ausweichen könnten oder sich mit Einstellungen zurückhalten. Die pauschale Begrenzung von Kettenbefristungen auf fünf Jahre - ohne Berücksichtigung des Einzelfalls - könnte seiner Ansicht nach im ungünstigsten Fall dazu führen, dass einige der betroffenen Arbeitnehmer statt eines befristeten Vertrags gar keinen Job mehr bekommen.
Die von der Koalition geplante Regulierung beträfe nach den IAB-Berechnungen zwischen 360 000 und 840 000 sachgrundlos befristete Verträge - auch in den eigenen Ministerien. Die Bundesregierung beschäftigt derzeit etwa 7900 Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen, ohne einen konkreten Sachgrund dafür zu nennen. Damit nutze die Regierung das umstrittene Instrument bei mehr als der Hälfte aller ihrer Befristungen, berichtet die Rheinische Post kürzlich unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Frage des FDP-Abgeordneten Otto Fricke. Ansonsten kommen Befristungen oft im Gastgewerbe, Reinigungs- und Sicherheitsdienstleistungen sowie im Erziehungs- und Unterrichtsbereich und in der Wissenschaft vor. Im öffentlichen Dienst liegt die Quote laut dem IAB sogar bei knapp 44 Prozent. Der größte Teil der befristeten Arbeitsverträge hat in dem Sektor allerdings einen Sachgrund. Dies kann eine Testphase für einen Berufsanfänger, eine Elternzeit- oder Krankheitsvertretung sein.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität