Air Berlin: Bald sind neun von zehn Fliegern verkauft
Bei Air Berlin gehen Schrumpfkurs und Ausverkauf des Tafelsilbers weiter. Bis Ende des Jahres dürfte nur noch einer von zehn Fliegern der Flotte der Airline selbst gehören. Und das Management plant schon den nächsten Coup.
Ende des Jahres 2010 waren noch 169 Flugzeuge in der rot-weißen Lackierung unterwegs. Seitdem ist die Berliner Fluggesellschaft auf hartem Sanierungskurs, strich Strecken, entließ Mitarbeiter - 562 Vollzeitstellen allein in diesem Jahr. Zum Ende des dritten Quartals 2013, über das die Airline am Donnerstag ihren Bericht ablieferte, flogen nur noch 145 Flieger mit Air-Berlin-Logo am Leitwerk. Davon gehörten lediglich 25 Maschinen tatsächlich der Airline. Der Rest gehört Leasinggesellschaften, bei denen Air Berlin die Maschinen dann mietet. Seit dem Stichtag (30. September) habe man bereits sieben weitere Maschinen verkauft, erklärte Air Berlins Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer am Donnerstag in Berlin. Ziel sei es, bis Ende des Jahres alle bis auf zehn bis 15 Flieger verkauft zu haben.
So wird das Management zunehmend zum Sachverwalter fremder Sachwerte. Schon bei der letzten Hauptversammlung im Sommer in London hatten kritische Aktionäre besorgt gefragt, was ihnen denn überhaupt noch gehören würde. Die Firmenzentrale am Flughafen Tegel jedenfalls nicht. Dort ist die Airline seit jeher nur Mieterin. Im vergangenen Jahr hatte Air Berlin überraschend das Vielfliegerprogramm Topbonus an den arabischen Großaktionär Etihad Airways verkauft. Und Finanzchef Hüttmeyer deutete am Donnerstag an, dass man derzeit in neuen Verkaufsverhandlungen stecke. Was genau versilbert werden sollte, wollte er nicht verraten, "um die Verhandlungen nicht zu gefährden".
Dafür, dass diese Ausverkaufsstrategie alternativlos ist, spricht der immernoch extrem hohe Schuldenstand von 812 Millionen Euro zum Ende des dritten Quartals. Das waren 41 Millionen weniger als vor einem Jahr, das einst ausgegebene Ziel, die Schulden auf 500 Millionen Euro zurückzuführen werde jedoch auch im Gesamtjahr nicht erreicht, teilten die Chefs von Air Berlin mit. Immerhin sei der Plan, die laufenden Kosten um 200 Millionen Euro in diesem Jahr zu senken, bereits "zu 100 Prozent abgesichert", wie es hieß.
Unterm Strich flog Air Berlin im dritten Quartal einen Umsatz von 1,35 Milliarden Euro ein. Das waren zwar 3,5 Prozent weniger als ein Jahr zuvor, allerdings hatte das Unternehmen in dem Quartal die Flotte wie gesagt verkleinert und verlustbringende Strecken gestrichen. So blieb die Auslastung der Flieger mit gut 87 Prozent im Vergleich mit den Konkurrenten fast stabil. Wolfgang Prock-Schauer, der Anfang des Jahres den Chefsessel von Hartmut Mehdorn übernommen hatte, erklärte, dass eine noch bessere Auslastung drin gewesen wäre, wenn der Sommer hierzulande nicht so heiß gewesen wäre. Angesichts von Temperaturen von 35 bis 40 Grad hierzulande, sei die Neigung in fernere Sonneziele zu fliegen, gedämpft gewesen. Das hätten aber alle Airlines beobachten können.
Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) stieg um 14 Prozent auf 116 Millionen Euro. Das Nettoergebnis ging um vier Prozent auf 101 Millionen Euro zurück. Selbst nach den Gewinnen der Hauptsaison ist die Fluggesellschaft jedoch ohne Eigenkapital unterwegs: Es lag Ende September bei minus sechs Millionen Euro. Finanzchef Hüttmeyer betonte jedoch, es gebe noch genügend Geld, um durch den Winter zu kommen. Er verwies unter anderem auf eine bewilligte, aber noch nicht abgerufene Kreditlinie, des Partners Etihad mit einem Volumen von rund 150 Millionen Dollar.
Im jüngsten Streit mit den Berliner Flughäfen nahm Prock-Schauer den Fuß vom Gas. Der Tagesspiegel hatte aus einem Brief der Anwälte der Flughäfen im Zusammenhang mit den Schadenersatzansprüchen Air Berlins zitiert. Eine Aussage darin war: Air Berlin sei frei, seine Kapazitäten an jeden anderen Standort zu verlagern. "Natürlich hört kein Kunde gern, wenn es heißt, man könne ja gehen", sagte Prock-Schauer am Donnerstag dazu. Allerdings habe Flughafen-Chef Mehdorn - der ehemalige Air-Berlin-Chef - ja klar gemacht, dass das nicht die Position der Geschäftsführung sei. Insofern sei man beruhigt.
Kevin P. Hoffmann