Tarifkonflikt: Bahn und Lokführer einigen sich auf Tarifvertrag
Die Verhandlungen zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL waren erfolgreich. Streiks sind nun bis März 2021 ausgeschlossen.
Fahrgäste der Deutschen Bahn müssen bis auf Weiteres keine Streiks des Personals mehr fürchten. Wie zuvor schon mit der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat das Staatsunternehmen nun auch mit den Lokführern der GDL einen langfristigen Tarifvertrag bis Ende Februar 2021 abgeschlossen.
Nach der am Freitag in Frankfurt/Main von beiden Seiten vorgestellten Vereinbarung sollen für die rund 36.000 Beschäftigten des Zugpersonals die Löhne in zwei Stufen um insgesamt 6,1 Prozent steigen: Die erste Tarifstufe von 3,5 Prozent greift zum 1. Juli 2019, eine weitere von 2,6 Prozent ist ein Jahr später fällig. Statt dieser zweiten Lohnerhöhung können die Beschäftigten auch zusätzliche Urlaubstage oder eine kürzere Wochenarbeitszeit wählen, die dann ab 1. Januar 2021 gelten würden. Einmalig sollen bereits im Februar 1000 Euro ausgezahlt werden.
Die Regelungen entsprechen dem Abschluss mit der größeren EVG vom Dezember. Die GDL hat nach Angaben ihres Chefs Claus Weselsky weitere Zulagen in einem Volumen von 1,5 Prozent sowie klare Regeln zur Erreichbarkeit unter dem Motto „Schalt mal ab“ ausgehandelt. Außerhalb ihrer Arbeits- oder Bereitschaftszeiten müssen die Beschäftigten künftig nicht mehr ihre Mails checken oder per Handy erreichbar sein, erläuterte Weselsky. „Wir haben eine messerscharfe Trennung von Arbeit und Freizeit erreicht“, sagte er. Es bestehe ein „unanfechtbarer Anspruch auf Nicht-Erreichbarkeit“. Da die Kommunikation in der Vergangenheit völlig ungeordnet verlaufen sei, rechne er aber mit einer längeren Eingewöhnungsphase.
Die GDL wies darauf hin, dass es der erste Abschluss bei der Deutschen Bahn seit 2002 sei, der ohne Schlichtung oder gar Streiks erreicht worden sei. Darin drücke sich die hohe Wertschätzung für das Personal aus, für deren Berufsbilder es eine Imagekampagne geben werde. Die Eisenbahner stellten sich den Herausforderungen der Digitalisierung, meinte Weselsky. „Für unsere Leute heißt das nichts anderes als weiter lebenslanges Lernen. Das kennen wir schon seit Jahrzehnten, denn wir haben heute noch Lokomotivführer, die auf der Dampflokomotive gelernt haben und heute ICE fahren.“
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler lobte das „große Gesamtpaket“ als „sehr wertschätzendes Signal“ für die Mitarbeiter und auch für die Kunden. „Wir werden uns in den nächsten Wochen intensiv darum kümmern, noch bessere Bahnen für Deutschland zur Verfügung zu stellen.“
Laufzeit bis Ende Februar 2021
Seiler bestätigte Angaben der GDL, dass auch die neu gegründete Bahn-Tochter „Start Deutschland GmbH“ wie die DB Regio und damit auf Marktniveau tarifiert wurde. Der Wettbewerb um ausgeschriebene Verkehrsleistungen solle nicht über besonders niedrige Personalkosten geführt werden. Die DB unterstütze die Gewerkschaft, einen möglichst umfassenden Branchentarifvertrag zu erreichen.
Mit der konkurrierenden EVG hatte sich die Bahn bereits im Dezember auf einen Abschluss verständigt. Die Laufzeit mit beiden Gewerkschaften beträgt rückwirkend von Oktober 29 Monate bis Ende Februar 2021. So lange sind auch die Fahrgäste der Bahn vor Streiks geschützt.
Von den rund 160.000 Tarifbeschäftigten der Bahn gehören rund 36.000 zum Zugpersonal, dessen Belange von beiden Gewerkschaften vertreten werden. Die Bahn will jeweils in getrennten Verhandlungen widerspruchsfreie Abschlüsse erreichen, die sich aber in Details durchaus unterscheiden können.
In der betrieblichen Praxis werden dann die Regelungen aber für das gesamte Fahrpersonal einheitlich gleich angewendet. Verhandlungserfolge der EVG kommen so auch GDL-Mitgliedern zugute und umgekehrt. Das mache die Verhandlungen nicht einfacher, erläuterte Seiler. Bei der 2021 anstehenden Runde kann sich die Deutsche Bahn aber nicht mehr darauf verlassen, dass die GDL vor einem Arbeitskampf erst einen Schlichter anrufen müsste. Die darauf gerichtete beiderseitige Schlichtungsvereinbarung läuft Ende 2020 aus. (dpa)