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Dieselkrise: Vielen Autofahrern drohen Fahrverbote.
© Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Dieselkrise: Autohersteller bieten Kaufprämien von 3000 bis 10.000 Euro

Politik und Autohersteller verhandeln über Hilfen für Dieselfahrer. Am Montag soll der Koalitionsausschuss entscheiden.

Die Bundesregierung ringt weiter um die Ausgestaltung eines neuen Konzepts gegen Diesel-Fahrverbote in deutschen Städten. Mit Blick auf geplante Umtauschprämien, um ältere Diesel durch sauberere Wagen zu ersetzen, teilte das Verkehrsministerium am Sonntag mit: "Es wird an einer Lösung gearbeitet, die nicht nur auf wenige betroffene Städte ausgerichtet ist."

Die "Bild am Sonntag" hatte zuvor berichtet, die deutschen Hersteller hätten Prämien von 3000 bis 10.000 Euro angeboten, die aber voraussichtlich nur für 14 Städte mit ihrem jeweiligen Umland gelten sollten. Eine Ministeriumssprecherin sagte dazu: "Wir werden bis Montag einen Weg für eine größere Flächenwirkung für die Entlastung in der Diesel-Thematik finden." Dann wollen die Spitzen von Union und SPD das Gesamtkonzept im Koalitionsausschuss beschließen. Offene Fragen gab es daneben unter anderem auch noch bei Hardware-Nachrüstungen.

Berlin wäre nicht dabei

Die 14 Städte sind diejenigen, in denen laut Umweltbundesamt die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) mehr als 50 Milligramm pro Kubikmeter Luft beträgt: München, Stuttgart, Köln, Reutlingen, Düren, Hamburg, Limburg an der Lahn, Düsseldorf, Kiel, Heilbronn, Backnang, Darmstadt, Bochum und Ludwigsburg. Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr, werden für andere betroffene Städte spezielle Lösungen angestrebt - unter anderem für Frankfurt am Main, wo nach einem Gerichtsurteil von 2019 an Fahrverbote kommen sollen.

Umweltministerium will Lösungen für Pendler

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) setzt vorrangig auf neue Kaufanreize der Hersteller, damit Diesel-Besitzer ältere Autos durch sauberere Wagen ersetzen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht das als "Hauptelement". Ergänzend geht es für Autos mit Euro-Norm 5 um Möglichkeiten, die Abgastechnik am Motor nachzurüsten. Scheuer hatte dies für Autobesitzer in zehn Städten und einem Umkreis von je 70 Kilometern vorgeschlagen.

Ein schwieriger Punkt in den Gesprächen ist laut Koalitionskreisen auch, dass die Hersteller bisher nicht bereit waren, Nachrüstungen zu 100 Prozent zu bezahlen. Das Bundesumweltministerium fordert dagegen weiter gehende Maßnahmen, nämlich Nachrüstungen älterer Diesel zum Schutz vor Fahrverboten in Städten auch für weiter entfernt wohnende Pendler. "Wenn man eine 70-Kilometer-Grenze zum Beispiel machen würde, würde man doch eine ganze Menge Menschen, die weite Wege zur Arbeit in Kauf nehmen, ausnehmen aus einer solchen Nachrüstregelung", sagte Staatssekretär Florian Pronold (SPD) am Samstag im Deutschlandfunk.

Pronold betonte, es müsse auch im Interesse der Autokonzerne sein, "dass sie sich bewegen und deutliche Schritte auf die Käuferinnen und Käufer zu machen". Diesel-Fahrer dürften hierbei nicht zur Kasse gebeten werden. Geklärt werden müsse über das Wochenende auch die Frage, ob Hersteller die Haftung für Umbauten an Motoren übernehmen.

Hessens Ministerpräsident: Käufer dürfen keinen Schaden haben

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) bekräftigte seine Forderung nach Hardware-Nachrüstungen. "Am Ende braucht es eine Lösung, in der diejenigen, die ein Auto gekauft haben, keinen Schaden haben", sagte er im Deutschlandfunk. Wenn es bei bestimmten Wagen mit so hohem Aufwand verbunden sei, dass es keinen Sinn mache, könnten andere Lösungen möglich sein. Bouffier nannte Entschädigungen oder Umtausch. Ein Gericht hatte kürzlich Fahrverbote für Frankfurt am Main von 2019 an angeordnet.

Auch der CDU-Arbeitnehmerflügel forderte Hardware-Nachrüstungen auf Kosten der Autokonzerne, die in den vergangenen Jahren hohe Gewinne eingefahren hätten. "Jetzt muss auch Geld für die Konsequenzen ihrer Fehlentscheidungen da sein", sagte Karl-Josef Laumann, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), am Samstag. "Wer die Party gemacht hat, muss auch aufräumen. So einfach ist das."

CDU und Grüne auf einer Linie

Auch die Grünen verlangen von der Bundesregierung rasche Klarheit für Umbauten an Motoren älterer Autos, um Diesel-Besitzer vor Fahrverboten in weiteren Städten zu bewahren. "Ich erwarte eine umfassende und schnelle technische Hardware-Nachrüstung schmutziger Diesel-Pkw auf Kosten der Hersteller", sagte die Parteivorsitzende Annalena Baerbock am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Dagegen seien Vorschläge wie ein Prämien-Programm für neue Fahrzeuge nicht zielführend. "Davon profitieren nur diejenigen, die sich ein neues Auto leisten können. Jede normale Familie bleibt auf ihrem alten umweltschädlichen Diesel-Pkw sitzen."

Baerbock forderte, im Koalitionsausschuss von Union und SPD an diesem Montag müssten endlich Ergebnisse vorgelegt werden, die für saubere Luft in den Städten sorgten und auch umgesetzt würden. "Es ist schon erstaunlich: Wie beim Diesel-Gipfel vor der Bundestagswahl sind es nun die Landtagswahlen in Bayern und Hessen, die die Bundesregierung kurzzeitig zum Handeln motivieren und das Aussitzen unterbrechen." Grundlegend nötig sei eine "echte Verkehrswende hin zu besseren Angeboten im Personennahverkehr und einer besseren Infrastruktur für Radfahrer und Fußgänger". (dpa, AFP)

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