Fluggesellschaften: Aus Lufthansa wird Germanwings
Lufthansa wickelt Flüge in Deutschland und Europa künftig mit der Billiglinie Germanwings ab. Die Gewerkschaft sieht Erpressungspotenzial.
Berlin - Die neue Billigfluglinie der Lufthansa für den europäischen Direktverkehr wird den Namen ihrer Tochter Germanwings tragen. Das gab Konzernchef Christoph Franz am Donnerstag in Frankfurt bekannt. Dabei forderte er erneut Zugeständnisse von der Gewerkschaft der Flugbegleiter Ufo. Die Arbeitnehmervertreter wiederum sehen die Schlichtungsgespräche im Tarifstreit mit der Lufthansa gefährdet.
Die Fluggesellschaft, die in der ersten Jahreshälfte einen Verlust von 168 Millionen Euro machte, will sich künftig auf die Langstrecken sowie die Zubringerflüge zu ihren Drehkreuzen Frankfurt und München konzentrieren. Die übrigen inländischen und europäischen Strecken werden unter dem Dach der neuen Germanwings zusammengefasst. Bereits im September hatte man sich für den Verbleib des Firmensitzes in Köln/Bonn entschieden und Berlin eine Absage erteilt.
Dass es nun auch beim bewährten Namen bleibt, macht für Johannes Braun, Luftfahrtanalyst der Commerzbank, durchaus Sinn: „Germanwings ist bekannt für ein preisgünstiges und gutes Produkt“, sagte Braun auf Anfrage. Germanwings beförderte im vergangenen Jahr 7,52 Millionen Fluggäste und beschäftigt 1393 Mitarbeiter, von denen 1012 zum fliegenden Personal gehören. Zur Flotte von 32 Airbus A 319 stoßen im kommenden Jahr vier weitere Jets.
Zum 1. Januar 2013 wird die Lufthansa bis zu 30 weitere Airbusse aus ihrer Flotte an Germanwings überführen. Zudem wird die Lufthansa-Tochter Eurowings, die bisher für die Muttergesellschaft fliegt, mit ihren 23 Bombardier CRJ900-Regionaljets künftig für Germanwings starten. An der Weiterentwicklung von deren Markenauftritt sowie einem optimierten Produkt am Boden wie in der Luft wird derzeit noch gearbeitet. Die Details dazu will Christoph Franz Anfang Dezember vorstellen.
Am Donnerstag sprach der Lufthansa- Chef von einem „attraktiven Qualitätsanbieter im Low-Cost-Segment“. Unter dem Motto „günstig aber nicht billig“ wolle man Privat- und Geschäftsreisende gleichermaßen ansprechen. Bereits 2015 soll die neue Germanwings schwarze Zahlen schreiben.
300 Piloten und 1000 Flugbegleiter sollen von der Lufthansa zu Germanwings wechseln. Man werde den Mitarbeitern entsprechende Angebote machen, sagte ein Firmensprecher. „Wichtig für den nachhaltigen Erfolg ist allerdings, dass wir gemeinsam mit den Tarifpartnern die Kostengünstigkeit der Germanwings erhalten können“, betonte Franz. Damit lieferte er neuen Zündstoff für den Streit mit den Gewerkschaften.
Gelassen geben sich hier nur die Piloten. Man gehe davon aus, mit 20-prozentigen Zugeständnissen beim Direktverkehr vor zwei Jahren einen ausreichenden Beitrag geleistet zu haben, sagte Markus Wahl, Vorstandsmitglied der Vereinigung Cockpit, auf Anfrage. Anders sieht es in der Kabine aus. Laut Ufo hat die Lufthansa signalisiert, dass es neben der geplanten Personalabgabe an Germanwings auch an den Hubs zu viele Flugbegleiter gibt. Insgesamt sollen um die 2000 Jobs auf der Kippe stehen. Durch die Drohung mit einem Arbeitsplatzabbau in einem bislang nicht bekannten Umfang ergebe sich „ein ganz neues Erpressungspotential“, sagte Gewerkschaftschef Nicoley Baublies. Es sei deshalb „utopisch“ zu glauben, dass die Schlichtungsgespräche so wie bisher fortgesetzt werden können.
Vorstandschef Franz dementierte Massenentlassungen. Ansonsten, so ein Sprecher, bespreche man die Dinge am Schlichtertisch und nicht in der Öffentlichkeit. Indessen schließt man bei Ufo, durch deren ersten Streik Anfang September rund 1000 Lufthansa-Flüge gestrichen werden mussten, bei einem Scheitern der Schlichtung neue Arbeitskampfmaßnahmen nicht aus. Man sei bereit, für jeden einzelnen Job, den die Lufthansa „durch Erpressung oder Änderungskündigung“ infrage stelle, auf die Straße zu gehen, sagte Baublies dem Tagesspiegel.
Auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte Klarheit über die zukünftige Aufstellung des Gesamtkonzerns. „Wir nehmen die Lufthansa beim Wort, dass die Beschäftigten durch den Umbau keinerlei Nachteile haben und werden uns für ihre Tarifrechte ebenso starkmachen wie für den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen“, sagte Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle. Anderenfalls werde man „mit allen der Gewerkschaft zur Verfügung stehenden Mitteln dagegenhalten“.