Carsharing in Berlin: Auf kurzen Strecken flexibel - und teuer
Minis, E-Autos, Limousinen und Transporter: Wie man in Berlin mit Carsharing am besten und günstigsten von A nach B kommt.
Heute ein E-Auto fahren, morgen ein Cabrio, übermorgen eine Limousine und am Wochenende mit dem Transporter ins Möbelhaus. Carsharing macht’s möglich. Statt ein eigenes Auto zu besitzen, nutzen immer mehr Menschen Fahrzeuge aller Art auf Zeit. Mehr als 1,7 Millionen Teilnehmer sind laut Carsharing-Verband (BCS) bei den etwa 150 deutschen Anbietern registriert.
Berlin bietet die größte Vielfalt – nicht nur auf vier Rädern. Auch (elektrische) Sharing-Roller findet man hier inzwischen an jeder Ecke (siehe Artikel rechts). Allein die sechs größten Auto-Anbieter haben in der Stadt rund 3000 Fahrzeuge im Angebot. 330 mehr waren es bis zum Wochenende, als Multicity seinen Dienst nach fünf Jahren einstellte. Eine Enttäuschung vor allem für Freunde der Elektromobilität: Multicity hatte 230 Elektroautos auf der Straße. Berliner können nun noch auf 140 elektrische BMW i3 von Drive-Now zurückgreifen und „einige wenige“ E-Fahrzeuge im Flinkster-Portfolio der Deutschen Bahn.
Obwohl das Angebot vielfältig bleibt, ist Berlin nicht die Hauptstadt des Carsharing, wenn man die Pro-Kopf-Versorgung anschaut. Hier liegt dem Verband zufolge Karlsruhe mit knapp 2,2 Autos pro 1000 Einwohner vorne; kleinere Städte wie Tübingen oder Freiburg liegen vor der Bundeshauptstadt, die auf Platz elf mit 0,8 Autos steht.
Dabei ist der Einstieg ins Carsharing inzwischen ein Kinderspiel. Allerdings sollte man die Kosten im Blick haben – denn je einfacher die Nutzung, desto größer ist auch die Verführung, auch kurze Wege mit dem Auto zu erledigen.
EINSTEIGEN
Die Anmeldung funktioniert bei allen Carsharing-Anbietern ähnlich. Persönliche und Führerschein-Daten sowie die Bankverbindung werden online aufgenommen, dann muss man sich persönlich identifizieren. Die Unternehmen bieten dafür zahlreiche Validierungsstellen im Stadtgebiet an, in Hotels, bei Autovermietern, Verkehrsbetrieben oder in Bahnhöfen. Die Anmeldegebühren variieren, regelmäßig gibt es bei den großen Anbietern Aktionen mit Vergünstigungen.
Carsharing mit flexiblen Flotten, bei denen die Fahrzeuge irgendwo innerhalb des Geschäftsgebiets gemietet und abgestellt werden können, verzichten auf eine Monatsgebühr. Bei Anbietern mit festen Abhol- und Abgabestationen ist dies zum Teil anders. Stadtmobil, eigentlich stationsgebunden, bietet in einem begrenzten Gebiet in Pankow auch „Kiezflitzer“ an, die keinen festen Stellplatz haben, sondern wie Free-Floater im Kiez irgendwo abgestellt werden können.
Mithilfe einer Smartphone- App und – bei einigen Firmen – mit einer zusätzlichen Kundenkarte kann es dann losgehen. Die per Ortungsdienst identifizierten Fahrzeuge in der Nähe werden auf der Karte angezeigt und per Smartphone oder Karte geöffnet. Hilfreich sind Apps wie Free2Moove, die mehrere Anbieter zugleich anzeigen – auch Carsharing-Roller und Fahrräder. Praktisch ist eine möglichst lange, kostenlose Reservierungszeit (Car-2-Go) vor Antritt der Fahrt. Schwierig kann es am Feierabend werden: Dann sind in der Innenstadt häufig kaum Autos zu finden. Auch an den Flughäfen sind die Carsharing- Parkplätze (von Car-2-Go und Drive-Now) am Abend oft leer.
FAHREN UND PARKEN
Gedanken über Parkgebühren, Versicherungs- und Spritkosten muss man sich als Nutzer nicht machen, sie sind in den Fahrtkosten enthalten. Extra- Minuten kann erwerben, wer ein Auto (wenn nötig) volltankt beziehungsweise -lädt. Vom Kleinwagen bis zur Kompaktklasse haben die flexiblen Flotten alles im Angebot. Neu sind beim kleinen Anbieter Drive-By neben Kleinwagen auch fünf Transporter. Mit 25 Fahrzeugen insgesamt steht das Unternehmen zwar erst am Anfang, bietet aber eine Besonderheit: Drive-By rechnet nicht nach Minuten, sondern nach gefahrenen Kilometern ab. Das kann gerade in der Rush Hour von Vorteil sein. Anfang November soll die Flotte um 40 Fahrzeuge erweitert werden, bis Ende Januar 2018 auf bis zu 125. Das vielfältigste Angebot – vom Mini bis zur S-Klasse oder Transporter – hat der stationsgebundene Bahn-Ableger Flinkster im Programm.
Bei der Suche nach einem Parkplatz kann mitunter viel Zeit vergehen. Das geht ins Geld. Eine Lösung bietet Drive-Now mit „Handshake“: Am Zielort wird das Auto direkt einem anderen Nutzer übergeben, den die App sucht, wenn man sich beim Start das Handshake- Verfahren auswählt.
ABRECHNEN
Die Kosten des Carsharings sind schwer zu vergleichen. In den Fahrzeugen läuft keine Uhr, die wie beim Taxi anzeigt, wie teuer die Fahrt wird. Abgerechnet wird im Anschluss über die App, per Bankeinzug. Generell gilt: Teuer wird es, wenn man sehr intensiv die flexiblen Flotten von Car-2-Go oder Drive-Now nutzt, preisgünstiger sind in diesem Fall stationsgebundene Anbieter wie Stadtmobil, Cambio (beide kooperieren) oder Flinkster. Der Branchenverband BCS hat Fahrten mit einem Kleinwagen von stationsbasierten und Free-Floating-Anbietern exemplarisch verglichen: So kostet eine schnelle One- Way-Fahrt (30 Minuten, acht Kilometer) mit einem Free-Floater 7,20 Euro, mit einem stationsgebundenen Anbieter ist dies gar nicht möglich. Flexibler, spontaner und beim Parken bequemer sind also Car-2-Go und Co. Will man auch den Wocheneinkauf mit ihnen bestreiten, wird es teuer. Laut BCS kosten zwei Stunden und zehn Kilometer mit einem stationsbasierten Anbieter 6,90 Euro – mit freien Flotten zahlt man 24,70 Euro. Letztere berechnen auch die Parkzeit, wenn man das Auto zwischenzeitlich nicht an einen anderen Nutzer verlieren will. Die sommerliche Cabrio-Fahrt übers Wochenende wird bei den Free-Floatern erst recht ein teures Vergnügen (216 Euro), die Stationsgebundenen sind mit 120 Euro deutlich günstiger.