Grüne Wirtschaft: Auf Kosten der Umwelt
Die Weltbank legt einen Bericht zum „Grünen Wachstum“ vor. Sie navigiert zwischen dem Nachholbedarf von Entwicklungsländern und dem offenkundig nicht nachhaltigen Lebensstil in den Industrieländern.
Wachstumskritik kann sich Marianne Fay nicht leisten. Schließlich arbeitet sie bei der Weltbank und berät Regierungen in Entwicklungsländern. Dort hält sich das Verständnis für wachstumskritische Debatten in Grenzen. Aber Fay, eine der beiden Autorinnen des neuen Weltbank-Berichts „Grünes Wachstum für alle“ ist sich auch sicher, dass der Ressourcen-Verbrauch eines Einwohners von Los Angeles als Modell für die ganze Welt ungeeignet ist. Vergangene Woche stellte Fay den Report in Berlin vor. Ihre Botschaft: „Grünes Wachstum ist notwendig, effizient und bezahlbar.“
Trotz aller Erfolge des Wirtschaftswachstums der vergangenen 20 Jahre, das immerhin 600 Millionen Menschen aus extremer Armut befreit habe, lebe noch immer eine Milliarde Menschen im Elend. Fay ist überzeugt, dass die aktuellen Wachstumsmuster weder nachhaltig sind noch effizient. Die vergangenen 250 Jahre jedenfalls sei die Wirtschaft stets auf Kosten der Umwelt gewachsen. „Die ökologischen Schäden erreichen ein Maß, das sowohl die Wachstumsaussichten als auch die sozialen Fortschritte gefährdet“, heißt es in dem Bericht. Entwicklungsländer müssten wachsen, um Bedürfnisse befriedigen zu können: Trinkwasser-, Sanitär-, Gesundheits- und Energieversorgung sowie Bildung. Doch auch sie müssten sich für nachhaltige Wachstumspfade entscheiden.
Die Vereinten Nationen haben seit dem Erdgipfel in Rio 1992 daran gearbeitet, ein Bilanzierungsmodell für die Bewertung von Naturkapital zu entwickeln, das die UN-Vollversammlung im Februar beschlossen hat. Dafür gib es gute Gründe. Ghana beispielsweise bringt jedes Jahr knapp zehn Prozent seiner Wirtschaftsleistung für die Bewältigung von Umweltproblemen auf, das schwerwiegendste ist der Bodenverlust durch Erosion und Übernutzung, der zu beträchtlich geringeren Ernten führt. Im Durchschnitt verlieren die Volkswirtschaften der Welt rund acht Prozent ihrer Wirtschaftsleistung durch Naturzerstörung. Würden diese Kosten samt den Ausgaben für umweltschädliche Subventionen – in Deutschland sind das allein mehr als 40 Milliarden Euro im Jahr – zusammengerechnet, sähen die Investitionen in die Stabilisierung des Klimas schon bedeutend kleiner aus, argumentiert Fay.
Die größten Hindernisse auf dem Weg zu einem grünen Wachstum sind aus Sicht von Fay die politische Ökonomie, umweltschädliches Verhalten und die falschen Finanzierungsanreize, die eher auf kurzfristigen Gewinn als auf langfristige Infrastrukturinvestitionen ausgerichtet sind. Als Beispiel für die politische Ökonomie nennt Fay die Abschaffung von Subventionen für fossile Energien, wie beispielsweise Benzinpreis- oder Kochgassubventionen. Im Iran seien die Benzinpreissubventionen 2010 beträchtlich gekürzt worden. Um Aufstände zu vermeiden, habe die Regierung jedoch etwa die Hälfte des eingesparten Geldes direkt auf die Konten der Unter- und Mittelschicht, also rund 80 Prozent der Bevölkerung, eingezahlt. Seither liegen die Benzinpreise um gut 20 Prozent höher, aber Proteste blieben aus.
In Marokko wussten Dreiviertel der Bevölkerung nicht einmal, dass das Kochgas hoch subventioniert wurde. Rund zwei Prozent der marokkanischen Wirtschaftsleistung fließen in diese Subvention. Befragt, was sie zu einer Abschaffung der künstlichen Preissenkung halten, waren alle dagegen. Aber verbunden mit niedrigeren Kosten beispielsweise für die Ausbildung war sogar eine Mehrheit bereit, die Subvention aufzugeben.
Für Marianne Fay ist das der Beweis, dass solche Reformen mit „sozialem Marketing und Information“ verbunden werden müssen. Dass sich umweltschädliches Verhalten ändern lässt, davon ist sie seit dem Erfolg der Anti-Raucher-Gesetze überzeugt. Und die Finanzierungsprobleme ließen sich mit Kreditinstrumenten überwinden. Andernfalls drohe ein dramatischer Verlust von Wirtschaftsleistung durch die Zerstörung des globalen Naturkapitals.
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