Kurswechsel bei Thyssen-Krupp: Arbeitnehmer ringen mit Konzern um den Umbau
Keine Stahlfusion und keine Konzernaufspaltung: Dafür sollen bei Thyssen-Krupp mehr Arbeitsplätze als geplant wegfallen. Es stehen harte Verhandlungen an.
Zu den neuen Umbauplänen und dem umfangreicheren Abbau von nunmehr 6000 Arbeitsplätzen sind bei Thyssen-Krupp Gespräche zwischen dem Management und den Arbeitnehmervertretern angelaufen. Wie aus einer Mitteilung des Unternehmens vom Samstagabend in Essen hervorgeht, ging es zunächst um eine „Grundlagenvereinbarung“ zwischen Vorstand und IG Metall, für die wichtige Aufsichtsratsmitglieder grünes Licht gaben.
Wie von verschiedenen Seiten verlautete, wurde zunächst über einen Rahmen und den Fahrplan gesprochen, wie und wann die Verhandlungen geführt werden. Die Arbeitnehmervertreter wollen dem Vernehmen nach erreichen, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen gibt.
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wertete die Vereinbarung als positives Signal. „Für mich hat sich hier wieder gezeigt, die Mitbestimmung funktioniert“, sagte Laschet am Samstag in Essen. Später ließ er mitteilen: „Das Konzept, das mir Vorstand und Gewerkschaften gemeinsam vorgestellt haben, ist überzeugend. Es bietet Zukunftschancen für Thyssen-Krupp und für Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen.“
Der Christdemokrat war in der Essener Unternehmenszentrale von Thyssen-Krupp mit dem Vorstandsvorsitzenden Guido Kerkhoff und dem stellvertretenden Aufsichtsratsvorsitzen Markus Grolms von der IG Metall zusammengetroffen. Nach Laschets Worten sollen die Arbeitnehmervertreter nun an jedem jetzt anstehenden Schritt beteiligt werden.
Bei dem Managertreffen gab der Strategie-, Finanz- und Investitionsausschuss des Aufsichtsrats einstimmig grünes Licht für die Pläne von Vorstandschef Kerkhoff, wie Thyssen-Krupp mitteilte. Teil der Zustimmung sei die Grundlagenvereinbarung mit der IG Metall. Details wurden nicht genannt. Gemeinsam mit dem Präsidium des Aufsichtsrates empfiehlt der Ausschuss dem Aufsichtsrat, den Plänen auf seiner Sitzung am 21. Mai zuzustimmen.
Vorstandschef Kerkhoff sieht Aufsichtsrat auf seiner Seite
Kerkhoff hatte bereits am Freitag deutlich gemacht, dass er den Aufsichtsrat, in dem die Krupp-Stiftung und der schwedische Investor Cevian die größten Aktienpakete vertreten, auf seiner Seite sieht. Cevian-Co-Chef Lars Förberg forderte, es sei eine fundamentale Neuausrichtung notwendig.
Zu den Aufgaben des Ausschusses gehört laut der Geschäftsordnung, grundlegende Änderungen der Konzernorganisation mit dem Vorstand zu erörtern und hierzu Beschlussvorschläge an den Aufsichtsrat vorzubereiten. Martina Merz ist sowohl Vorsitzende des Aufsichtsrats als auch Vorsitzende des Strategie- und Investitionsausschusses. Sie sprach am Samstag laut Mitteilung von einer verantwortungsvollen Entscheidung des Vorstandes.
Thyssen-Krupp hatte nach Gegenwind aus Brüssel die Stahlfusion mit dem indischen Konkurrenten Tata gestoppt und auch die geplante Aufspaltung des Konzerns in zwei eigenständige, börsennotierte Unternehmen für Werkstoffe und für Industriegüter abgesagt. Laschet äußerte Verständnis, dass der Konzern der EU-Kommission nicht weiter entgegengekommen ist, um deren Zustimmung doch noch zu erhalten. „Es ist richtig, dass man nicht weiter nachgegeben hat, sondern jetzt einen Schnitt gemacht hat“, sagte er.
Entlassungen sind nicht ausgeschlossen
Der Konzern soll als Ganzes erhalten bleiben. Jedoch sollen in den kommenden drei Jahren 6000 Stellen gestrichen werden, 4000 mehr als bisher geplant. Entlassungen schließt er dabei nicht aus. Die IG Metall hatte mit Thyssen-Krupp für den Fall der Stahlfusion mit Tata weitreichende Beschäftigungsgarantien vereinbart. Laschet sagte dazu, „Ich glaube, dass aus diesem Geist heraus auch das, was jetzt ansteht, gemeinsam gelöst wird“. Von den 6000 Stellen, die Thyssen-Krupp streichen will, sollen 4000 auf Deutschland entfallen.
Um neues Geld in die Kasse zu bekommen, will Kerkhoff die profitable Aufzugssparte an die Börse bringen. Dem Vernehmen nach wird in Kreisen der Arbeitnehmerseite ein möglicher Börsengang der Aufzugssparte nicht grundsätzlich abgelehnt. Dies könnte ein Weg sein, eine komplette Zerschlagung des Konzerns zu verhindern. Wichtig wäre deshalb, dass das Kapital aus einem möglichen Börsengang im Konzern bleibe, in die Zukunftsfähigkeit investiert werde und nicht ausgeschüttet werde. Laschet sagte, Vorstandschef Kerkhoff habe bestätigt, dass alle Erlöse aus dem Börsengang in das Unternehmen gesteckt werden sollen. (dpa)
Volker Danisch, Claus Haffert