EU geht gegen Steuerdumping vor: Apple soll 13 Milliarden Euro Steuern in Irland nachzahlen
Die EU-Kommission sieht in Steuer-Deal mit dem US-Konzern eine unerlaubte staatliche Beihilfe. Während die Regierung in Washington sauer ist, unterstützt das EU-Parlament die Entscheidung.
Im Kampf gegen Steuerdumping und Steuervermeidung hat die EU-Kommission am Dienstag ein deutliches Zeichen gesetzt: Sie forderte die Regierung von Irland auf, vom US-Konzern Apple Steuern in Höhe von 13 Milliarden Euro nachzufordern, die dem Unternehmen rechtswidrig erlassen worden seien. Es ist die bislang höchste Nachzahlungsforderung für ein international aufgestelltes Unternehmen aus Brüssel. Die zuständige EU-Kommissarin Margarethe Vestager begründet die Forderung damit, dass der Steuerdeal, den Apple mit der irischen Regierung ausgehandelt hatte, eine nach EU-Recht unerlaubte staatliche Beihilfe darstelle. Die Entscheidung wird Folgen über den Fall Apple hinaus haben: Denn die G-20-Staaten haben sich entschieden, gegen Steueroasen und unfaire Steuerkonstruktionen sowie gegen Steuervermeidung internationaler Konzerne stärker vorzugehen. Die G-20-Führer treffen sich am Sonntag in China. Zudem dürfte das Brüsseler Vorgehen die Vereinheitlichung von Unternehmenssteuern in der EU vorantreiben.
Andere EU-Staaten könnten profitieren
Vestager sagte, aufgrund der Vereinbarung mit dem irischen Staat habe Apple erheblich weniger Steuern gezahlt als andere Unternehmen. Die von der Kommission angeprangerten Deals gehen auf das Jahr 1991 zurück und wurden 2007 erneuert, gelten aber seit 2015 nicht mehr. Die Nachforderungen beziehen sich auf die Jahre 2003 bis 2014. Zusätzlich zu den nicht entrichteten Steuern muss Irland Zinsen in Rechnung stellen. Ob das ganze Geld in die irische Staatskasse fließt, ist unklar – andere Staaten können nun prüfen, ob ein Teil der Gewinne, die nicht versteuert wurden, tatsächlich durch Verkäufe und Transaktionen bei ihnen stattfanden, und einen entsprechenden Anteil an der Rückzahlung fordern. Durch den speziellen Deal konnte Apple seine Steuerlast in Irland zuletzt auf einen Satz von 0,005 Prozent verringern – der normale Unternehmenssteuersatz auf der Insel liegt bei ohnehin schon niedrigen 12,5 Prozent. Möglich wurde das, weil die Regierung in Dublin eine Konstruktion akzeptierte, mit der Apple Gewinne in Verwaltungssitze verschieben konnte, die in keinem Land registriert waren und auch keine Mitarbeiter hatten. Daher zahlte Apple in Irland, wo der US-Konzern einen Großteil seines europäischen und auch internationalen Geschäfts abwickelt, im Jahr 2011 auf einen Gewinn von 16 Milliarden Euro nur eine Körperschaftssteuer von 50 Millionen Euro. Durch den Deal sei die Steuerlast „in künstlicher Weise“ erheblich verringert worden, lautet das EU-Verdikt.
Dublin und der Konzern wollen sich wehren
Im Europaparlament stieß Vestagers Vorgehen bei allen Parteien auf Zustimmung. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lobte die Entscheidung als „absolut richtig“. Der irische Finanzminister Michael Noonan kündigte dagegen einen Einspruch an. Irland hatte die Vereinbarung mit Apple bereits in den 90er Jahren getroffen, um Arbeitsplätze in das damals noch schwache EU-Land zu holen. Dem diente auch der niedrige Unternehmenssteuersatz. Apple selbst will sich ebenfalls wehren. "Wir gehen in Berufung und sind zuversichtlich, dass die Entscheidung gekippt wird", erklärte der US-Konzern. Er warnte, der Beschluss werde "eine tiefgreifende und schädliche Wirkung auf Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa" haben. Apple betonte, man habe sich an die Gesetze gehalten. Der Konzern sitzt auf einem Cash-Polster von 230 Milliarden Dollar, vor allem aus Auslandsgewinnen, die wegen des hohen US-Steuersatzes von bis zu 40 Prozent nicht ins Heimatland transferiert werden. Dennoch hatte die US-Regierung schon in der Vorwoche beklagt, die EU-Kommission verhalte sich entgegen EU-Recht wie eine oberste Steuerbehörde und agiere dabei besonders gegen US-Konzerne. Nach der Entscheidung vom Dienstag warnte das Washingtoner Finanzministerium, die Kommissionsentscheidung könne "ausländische Investitionen" in Europa "und den wichtigen Geist wirtschaftlicher Partnerschaft zwischen den USA und der EU untergraben". Ein Grund könnte sein, dass Auslandsteuern in den USA steuermindernd angesetzt werden können. Das Vorgehen der EU im Fall Apple basiert allerdings auf der Beihilfekontrolle, welche eine Aufgabe der EU-Kommission ist, nicht auf einer Zuständigkeit für die Festsetzung von Steuern, die weiterhin weitgehend nationale Sache ist. Doch bemüht sich Brüssel um eine Steuerharmonisierung in der EU.