Energiewende: Alle sollen zahlen
Auch wer sich selbst mit Strom versorgt, soll Geld in den EEG-Umlagetopf geben – die Kritik ist heftig.
Alle Besitzer neuer Solaranlagen oder umweltfreundlicher Kraft- Wärme-Kopplungsanlagen sollen künftig eine Abgabe für selbst genutzten Strom zahlen. Darauf haben sich die Unterhändler von Unions- und SPD-Fraktion geeinigt, hieß es am Donnerstag aus Koalitionskreisen. Demnach sollen alle Selbstversorger – vom Industriekonzern bis zum Bürger – mit einer Solaranlage auf dem Dach 40 Prozent der Ökostromumlage je Kilowattstunde als „Soli“ entrichten. Das wären derzeit rund 2,5 Cent. Scharf kritisiert wurde die Einigung von Umwelt- und Verbraucherverbänden sowie Unternehmen der Energiebranche.
Mit der Stromabgabe für alle soll einer Schieflage begegnet werden: Durch die steigende Selbstversorgerzahl werden die Umlagen und Abgaben beim Strompreis auf weniger Schultern verteilt, die anderen Verbraucher zahlen mehr.
Winfried Kretschmann kündigt Widerstand an
Ob der Bundestag die Mindestumlage Ende Juni billigen wird, ist noch unklar. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte am Donnerstag nach der Ministerpräsidentenkonferenz auch Widerstand der Länder an: „Wir sind der Ansicht, dass die Umlage nach unten korrigiert werden muss.“ Bisher war geplant, dass kleine Solaranlagen ausgenommen bleiben. Bisher sind keine Eigenstromabgaben fällig.
Industrieunternehmen, die sich ab 2015 mit neuen fossilen Kraftwerken selbst versorgen, oder Supermärkte, die künftig Anlagen montieren und Solarstrom selbst nutzen, sollten nach Plänen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zunächst eine Mindestabgabe von 50 Prozent der Ökostrom-Umlage zahlen. Nun sind 40 Prozent für alle geplant. Für alle bestehenden Anlagen zur Eigenstromversorgung wird keine Abgabe fällig, hier wird Bestandsschutz gewährt.
„Mit der ,Sonnensteuer‘ killt die Bundesregierung die bürgernahe Energieversorgung“, kritisierte Grünen-Chefin Simone Peter – der Begriff Sonnensteuer wurde als Kampfbegriff von der Solar- Lobby geprägt. „Kleine Erneuerbare- Energien-Anlagen und umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK) dürfen nicht über Gebühr belastet und vor allem nicht mit umweltschädlichen fossilen Kraftwerken für die Selbstversorgung gleichgestellt werden“, sagte Peter.
Auch die Maschinenbauer protestieren
Von einer „schwierigen Situation“ sprach das Hamburger Ökostromunternehmen Lichtblick. „Das ist nicht das Ende der Selbstversorgung, aber ein herber Rückschlag“, sagte Sprecher Ralph Kampwirth dem Tagesspiegel. Lichtblick hatte zusammen mit Volkswagen kleine KWK-Anlagen für Privathaushalte vermarktet. Die Kooperation war allerdings jüngst im Streit beendet worden, weil VW die angepeilten Absatzziele mangels Nachfrage in Gefahr sah. Lichtblick stellt nun das Geschäftsfeld, das durch die neue Selbstversorger-Umlage noch unattraktiver wird, ein. Auch der Maschinenbauerverband VDMA machte sich am Donnerstag für dezentrale KWK-Anlagen stark: „Eine Beteiligung von bis zu 40 Prozent schießt weit über das Ziel hinaus“, sagte VDMA-Präsident Reinhold Festge. „Wir appellieren an die Politik, die Eigenerzeugung nicht nur als Kostenblock im EEG zu betrachten.“ Gerade im Falle von KWK- Anlagen sei die Eigenerzeugung kein Selbstzweck, sondern eine wichtige Säule zur Erreichung der Klimaschutzziele der Regierung.
„Die Regierungsfraktionen sollten sich nicht zu Erfüllungsgehilfen derjenigen Unternehmen machen, die die Energiewende bislang verschlafen haben“, erklärte Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverbands Erneuerbare Energie. Den Energiekonzernen stehe „die Panik im Gesicht, dass ihnen durch die kosteneffiziente und saubere Stromeigenerzeugung von Bürgern und Mittelstand das Geschäft wegbricht“.
Tatsächlich geht es auch um Marktmacht: Versorgen sich Industrie und Bürger zunehmend selbst mit Strom, verlieren Energieversorger Marktanteile. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte deshalb Druck gemacht, alle neuen Selbstversorger mit Strom, auch kleine Solaranlagenbesitzer, mit einer Abgabe zu belasten.
Verbraucherschützer Holger Krawinkel sieht kaum Entlastungen für die anderen Stromverbraucher. Bei einer Belastung des Fotovoltaik-Eigenverbrauchs von 40 Prozent liege das Volumen bei 56 Millionen Euro im Jahr und damit wenigen Cent pro Haushalt im Monat. mit dpa
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität