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Proteststimmung. Flugbegleiter der Lufthansa streiken am Freitag am Flughafen in Düsseldorf.
© dpa

Lufthansa-Streik: „Alle müssen mit Ausfällen rechnen“

Die Lufthansa-Flugbegleiter wählen eine neue Streik-Taktik. Das ganz große Chaos blieb zum Streik-Auftakt aus.

Wer am Freitag in Berlin den Auftakt des vielleicht längsten Streiks in der Geschichte der Lufthansa erleben wollte, konnte am Flughafen Tegel eine Gruppe von etwa 40 genervten Geschäftsleuten aus Südkorea treffen. Die Damen und Herren standen am Nachmittag vor dem Schalter mit dem Kranich und wussten nicht, wohin. Eigentlich sollte es über Frankfurt nach Seoul gehen. Sie seien erst auf dem Weg zum Terminal per SMS informiert worden, dass ihr Zubringerflug ausfällt.

Die erhitzten Gemüter ließen sich zeitweilig mit Softdrinks, die ihnen Airline-Mitarbeiter reichten, abkühlen. Die Auskunft, sie könnten vielleicht noch am Abend über München nach Budapest umgeleitet werden und von dort dann mit Turkish Airlines nach Seoul weiterfliegen – oder müssten noch eine Nacht ins Hotel, schien nicht alle Koreaner zu befriedigen. Insgesamt aber löste der Streik der Flugbegleitergewerkschaft Ufo in Berlin kein Chaos aus. In Berlin fielen 17 geplante Starts- und Landungen von Lufthansa-Jets nach Frankfurt aus. Auch für Sonnabend rechnete die Flughafengesellschaft Berlin mit weiteren Ausfällen und verwies Passagieren auf die Lufthansa-Internetseite (www.lh.com), wo man mit Eingabe der Flugnummer schnell überprüfen könne, ob der eigene Flug betroffen sei. Die größten Auswirkungen hatte der Streik an den Flughäfen Frankfurt und Düsseldorf. Lufthansas internationales Drehkreuz in München wurde wegen des Herbstferienendes in Süddeutschland von Ufo verschont. Insgesamt fielen 290 der insgesamt für den Tag angesetzten 1800 Flüge aus, davon 23 Langstreckenverbindungen. Davon waren nach Angaben der Lufthansa 37.500 – auch im Ausland betroffen.

Am Samstag sollen in Frankfurt nur die Kurz- und Mittelstrecke bestreikt werden, Langstreckenjets sollen abheben können, in Düsseldorf sind alle Flüge betroffen. Wie viele Flüge am Samstag tatsächlich ausfallen, war am Freitagmittag noch nicht klar. „Alle Passagiere der Lufthansa müssen damit rechnen, dass ihr Flug kurzfristig ausfällt“, sagte Ufo-Chef Nicoley Baublies. Seine flexible Taktik ohne festgelegte Ankündigungsfristen und ohne Angabe der betroffenen Flughägen macht es Lufthansa zufolge besonders schwierig, die Kunden frühzeitig über Flugausfälle zu informieren. Zudem ist unklar, wie viele der 19.000 Flugbegleiter sich tatsächlich am Ausstand beteiligen. Insgesamt gelten sie nicht als so gut organisiert wie die gut 8000 Piloten. Ausgenommen von den Arbeitsniederlegungen der Flugbegleiter sind Flüge der Lufthansa-Töchter Germanwings, Eurowings, Swiss und Austrian Airlines.

Beobachter schätzen, dass jeder Streiktag die Lufthansa etwa 20 Millionen Euro kostet. Für die Pilotenausstände in diesem Jahr musste das Unternehmen bereits Einbußen von 130 Millionen Euro verkraften, für alle 13 Pilotenstreiks seit April 2014 rund 330 Millionen Euro. Ufo hatte zuletzt vor drei Jahren gestreikt.

Ufo-Chef Baublies übte erneut scharfe Kritik an der Lufthansa. Er bedauere, dass zu dieser Eskalation habe kommen müssen. Personal-Vorstand Bettina Volkens habe entgegen ihren Aussagen kein verbessertes Angebot vorgelegt und sei auch nicht auf alle Forderungen zur Neuregelung der Übergangs- und Altersversorgung eingegangen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr soll am Freitag in Gesprächen mit Investoren gesagt haben, er setze weiter darauf, dass die öffentliche Meinung das Verhalten der Gewerkschaften anprangere.

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