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Fachkräfte in Sorge. Eine Airbus-Mitarbeiterin im niedersächsischen Stade arbeitet an einem Industrieroboter, der Tragflächen für den Airbus A350 herstellt. Foto: Axel Heimken/dpa
© dpa

Stellenabbau beim Flugzeugbauer: Airbus lässt den Norden frösteln

Das Gerede über den Stellenabbau beim Flugzeugbauer sorgt zwischen Hamburg und Bremen für Unruhe. Das Unternehmen rennt Berichte "überzogen".

Berlin - Obwohl der Umsatz im vergangenen Jahr um drei Prozent auf 67 Milliarden Euro gesteigert werden konnte, belasten die geringe Nachfrage nach dem Megaliner A380 und die technischen Probleme beim Militärtransporter A400M den Airbus-Konzern. Am Mittwoch will die Geschäftsführung mit dem europäischen Betriebsrat des Unternehmens über die personellen Auswirkungen sprechen. Dem Vernehmen nach sollen bis zu 3600 der insgesamt 129 000 Arbeitsplätze abgebaut werden. In Deutschland könnte es vor allem die Standorte Bremen und Augsburg treffen.

Man werde die bereits bekannt gegebenen Produktionsanpassungen erläutern und damit verbundene Auswirkungen auf die Belegschaft erörtern, teilte Airbus am Montag mit. Insbesondere die Schwierigkeiten mit dem Militärtransporter A400M, dessen Auslieferung um mehrere Jahre gestreckt wurde, hatten das Konzernergebnis 2017 kräftig belastet. Statt 2,7 Milliarden betrug der Überschuss nur noch 995 Millionen Euro. Und auch der A380 als größtes Verkehrsflugzeug der Welt erweist sich als Ladenhüter. Gut zwei Jahre lang hatte Airbus keine einzige Maschine des Modells verkauft, letztendlich rettete ein Auftrag des Großkunden Emirates mit 20 Festbestellungen und 16 Kaufoptionen vor wenigen Wochen das Programm vor der kompletten Einstellung. Schon bei der Vorstellung des Jahresergebnisses im Februar hatte der 2019 ausscheidende Konzernchef Tom Enders personelle Konsequenzen angedeutet.

In einen Stellungnahme am Montag bedauerte der Konzern, dass die Unternehmenspraxis, arbeitsrechtliche Fragen zunächst mit den Sozialpartnern zu besprechen, durch die Weitergabe von Informationen an die Medien unterbrochen wurde. Die daraus resultierenden Berichte über „angebliche Stellenkürzungen“ in den vier Airbus-Heimatländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien seien „überzogen“. Man gehe mit allen sozialen Auswirkungen unternehmerischer Entscheidungen „verantwortungsvoll um“. Airbus habe in der Vergangenheit in vergleichbaren Situationen immer wieder seine Fähigkeit unter Beweis gestellt, bestmögliche Lösungen für seine Mitarbeiter zu finden. In Deutschland gehört Airbus mit rund 47 000 Mitarbeitern an insgesamt 27 Standorten zu den größten Arbeitgebern des Landes.

Etwa 17 000 Beschäftigte zählt allein die Zivilluftfahrtsparte, bei der Hamburg-Finkenwerder neben dem französischen Toulouse der wichtigste, weltweite Standort ist. Rund 12 000 Mitarbeiter arbeiten allein in der Hansestadt für den Konzern. Hier befindet sich das Kompetenzzentrum für das erfolgreichste Airbus-Produkt, die A320-Flugzeugfamilie. Auf drei Endmontagelinien in Finkenwerder wird mehr als die Hälfte der Maschinen gefertigt, von denen im vergangenen Jahr 558 Exemplare ausgeliefert wurden. Auch die Flugzeuge, die in Mobile (US-Bundesstaat Alabama) und Tianjin (China) endmontiert werden, werden als Bausätze aus Hamburg verschifft.

In Finkenwerder werden auch die Vorder- und Hinterrümpfe der Großraumjets A330 und A350 sowie Rumpfteile für den A380 gebaut. Die in Toulouse zusammengebauten Exemplare des weltweit größten Passagierflugzeugs fliegen dann zur Lackierung und Kabinenausstattung wieder nach Hamburg, wo sich auch das Auslieferungszentrum für Kunden aus Europa und dem Mittleren Osten befindet. Ebenfalls in Hamburg befindet sich das Kernkompetenzzentrum für die Kabinenentwicklung, können Airline-Kunden die individuelle Ausstattung der Kabinen ihrer Flugzeuge virtuell gestalten.

Im niedersächsischen Stade, nur gut 30 Kilometer westlich, befindet sich das Kompetenzzentrum für Kohlefaserverbundstoffe. An dem auch „CFK-Valley“ genannten Standort fertigen etwa 2000 Mitarbeiter unter anderem die Seitenleitwerke sämtlicher Airbus-Verkehrsflugzeuge sowie des Militärtransporters A400M. 3000 Beschäftige produzieren in Bremen Hochauftriebssysteme für die Tragflächen aller Modelle. Sie bauen außerdem die integrierte Rumpfsektion einschließlich des Frachtladesystems für den A400M, dessen Endmontage im spanischen Sevilla stattfindet. Und sie bilden das Kompetenzzentrum des Konzerns für Raumtransport, bemannte Raumfahrt und Weltraum-Robotik.

Im bayerischen Donauwörth betreibt die früher unter dem Namen Eurocopter firmierende Airbus-Hubschraubersparte die weltweit zweitgrößte Helikopterfabrik. Hier werden die unter anderem im Polizei- und Rettungseinsatz bewährten Modelle H135 und H145, der Kampfhubschrauber Tiger und der Transporthubschrauber NH90 gebaut. Daneben fertigen die rund 7000 Mitarbeiter etwa 80 Prozent aller Türen der Airbus-Flugzeuge. In Kassel kümmert sich ein Zweigbetrieb um Wartung, Reparaturen und technische Ausbildung.

In Manching bei Ingolstadt erfolgt die Endmontage der Eurofighter der Luftwaffe, an deren Herstellerkonsortium Airbus zu einem Drittel beteiligt ist. Hier befindet sich auch das deutsche Kompetenzzentrum des Konzerns für die Entwicklung, Betreuung und Erprobung militärischer Flugsysteme. In Ulm entwickelt Airbus Radaranlagen. Die Raumfahrtsparte entwickelt mit rund 2500 Mitarbeitern in Friedrichshafen Satelliten und baut in Ottobrunn/Taufkirchen bei München mit weiteren 2500 Beschäftigten unter anderem Antriebe für die Ariane 5-Trägerrakete und Solarkollektoren für die Stromversorgung von Satelliten.

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