Ausbildungsmarkt: 9000 Ausbildungsplätze für 10 000 Jugendliche
In Berlin und Brandenburg bleiben Stellen unbesetzt, dabei suchen viele Jugendliche noch. Die Betriebe wollen nun kräftig werben.
Berlin - Gesucht und nicht gefunden – das trifft auf viele Ausbildungsbetriebe und Jugendliche aus Berlin und Brandenburg zu. Zum Start des Ausbildungsjahres sind in der Region rund 9200 Ausbildungsplätze unbesetzt. Gleichzeitig suchen aber noch über 10 100 Jugendliche nach Stellen. Diese Zahlen stellte die Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit (BA) am Donnerstag vor. Die Lösung aus Sicht der Wirtschaft: kräftig die Werbetrommel rühren. Das ist auch bitter nötig. „Es fällt sehr schwer, freie Plätze zu besetzen“, sagte Gerd Woweries, Ausbildungsleiter des überbetrieblichen ABB-Ausbildungszentrums in Pankow. Viele Karrieremöglichkeiten in der Dualen Berufsausbildung seien gar nicht bekannt. Hier müssten die Ausbildungsbetriebe gezielter werben.
Eine Ursache für die Lücke zwischen Bewerbern und offenen Stellen sehen die Unternehmen in der Schulbildung. „Wir müssen nicht nur die Stärkeren gewinnen, sondern auch die Schwächeren für die Ausbildung befähigen“, meinte Alexander Schirp, Geschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg. Vor allem der Unterricht in den Bereichen Wirtschaft, Arbeit und Technik (WAT) sei nicht so wie erforderlich. Dabei brauche die Wirtschaft dringender denn je Fachkräfte.
Insgesamt meldeten sich in der Region bis Ende August knapp 33 500 Bewerber für Ausbildungsstellen, das waren 2,6 Prozent weniger als noch im Vorjahr. Das Stellenangebot hat sich hingegen leicht vergrößert. Insgesamt haben die Betriebe aus der Region rund 29 600 Ausbildungsplätze angeboten. Das sind 1,7 Prozent mehr als 2016. Für eine Bilanz des Ausbildungsjahres ist es aber noch viel zu früh. „Es finden immer noch intensive Vermittlungsgespräche statt“, sagte Bernd Becking, Leiter der Regionaldirektion der BA. Für Jugendliche, die noch einen Platz suchen, veranstaltet die Agentur für Arbeit Berlin gemeinsam mit den Kammern am 13. und 14. September eine Last-Minute-Börse für Ausbildungsplätze in der Station am Gleisdreieck.
Der DGB sieht die Unternehmen hingegen an anderer Stelle in der Pflicht – nämlich bei den Ausbildungsbedingungen. „Probleme bei der Qualität der Ausbildung bleiben ein Dauerthema“, sagt Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende am Donnerstag in Berlin. Mehr als ein Drittel der Azubis leisteten regelmäßig Überstunden, mehr als jeder zehnte übe ausbildungsfremde Tätigkeiten aus. Das geht aus dem DGB-Ausbildungsreport 2017 hervor, den Hannack vorstellte. „Jahr für Jahr klagen gerade die Branchen über Nachwuchssorgen, die für ihre schlechten Ausbildungsbedingungen bekannt sind“, sagte Hannack.
Auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung haben manche Betriebe Nachholbedarf. Das berichtet etwa Celina Trölitzsch, die bei Stadler in Pankow zur Mechatronikerin ausgebildet wird. Als alleinerziehende Mutter von Zwillingen habe die 22-Jährige oft Probleme, ihre Ausbildung und die Erziehung ihrer Kinder zu regeln. „Es ist nicht einfach“, sagt Trölitzsch. Zum Arbeitsbeginn seien die Kitas noch geschlossen. Ihre Eltern müssten sie unterstützen. Und es fehle Zeit, um für die Berufsschule zu lernen. Ausbildungshilfe könne sie nicht in Anspruch nehmen, da sie nachmittags ihre Kinder betreuen müsse.
Die Lage auf dem Ausbildungsmarkt ist nach Einschätzung des DGB unverändert angespannt, auch wenn im vergangenen Jahr bundesweit 43 000 Ausbildungsstellen unbesetzt blieben. Gleichzeitig fanden 28 000 Jugendliche keinen Ausbildungsplatz. „Insbesondere Hauptschulabsolventen haben es schwer“, sagte Hannack. „Die Arbeitgeber müssen endlich ihre Bestenauslese beenden.“ Doch auch an den Berufsschulen müsse sich nach Auffassung des DGB etwas tun. Hier sollten Bund und Länder zusammenarbeiten, um die Berufsschulen technisch zu modernisieren und für ausreichend qualifizierte Lehrkräfte zu sorgen.
Für den Ausbildungsreport 2017 hat der DGB mehr als 12 000 Auszubildende befragt. Nur etwa die Hälfte von ihnen fühlt sich durch die Berufsschule gut auf die Prüfung vorbereitet. Laurin Meyer