Wirtschaft: 8000 Tonnen Misstrauen
In der Krise horten die Deutschen Gold. Nach einem kurzen Einbruch steigen die Preise wieder.
Frankfurt am Main - Fast 8000 Tonnen Gold horten deutsche Privathaushalte – Tendenz steigend. Die jüngsten Weichenstellungen der US-Notenbank Fed könnten dem Run auf das Edelmetall einen neuen Schub verleihen. Denn Gold gilt als Krisenwährung – zumal in Zeiten, in denen die Geldschwemme der Notenbanken Inflationsängste schürt.
„Gold kauft man nicht, um reich zu werden. Gold kauft man, um Risiken abzusichern“, sagt Eugen Weinberg, Rohstoffanalyst bei der Commerzbank. Und die Bereitschaft, für eine solche Versicherung zu zahlen, nehme tendenziell wieder zu. „Eigentlich würde ich mir wünschen, dass der Goldpreis in den nächsten Jahren fällt. Denn das würde bedeuten, dass die Welt wieder in Ordnung kommt.“ Doch den derzeitigen Kurs der Federal Reserve wertet Weinberg eher als Signal für eine Goldpreis-Hausse.
Statt wie erwartet die Geldschleusen langsam zu schließen, hatte die Fed am Mittwoch angekündigt, ihre milliardenschweren Anleihenkäufe beizubehalten. Die überraschende Wende sorgte für Feierlaune an den Aktien- und Rohstoffmärkten: Der Dax schoss auf ein neues Rekordhoch, der Goldpreis verbuchte das größte prozentuale Tagesplus seit mehr als 15 Monaten und kletterte zwischenzeitlich auf mehr als 1370 US-Dollar je Feinunze (31 Gramm). Am Freitag wurden dafür in London 1349 Dollar gezahlt.
Nach dem Ausverkauf am Goldmarkt im April und Juni sehen Experten nun eine Stabilisierung. Der Goldpreis habe sich auch dank einer hohen Nachfrage aus Asien erholt, konstatiert die Dekabank. Anfang April 2013 stand der Preis noch bei 1600 Dollar. Einen Monat später warfen institutionelle Anleger nach Verkaufsempfehlungen führender Investmentbanken und Hedgefonds-Manager das gelbe Edelmetall in großem Stil auf den Markt. Ende Juni war der Preis für eine Feinunze schließlich auf 1180 US-Dollar abgesackt – der tiefste Stand seit Sommer 2010. Schon war von einem „Gold-Crash“ die Rede. Experten-Berechnungen zufolge brach der Goldpreis im zweiten Quartal 2013 insgesamt so stark ein wie seit 1920 nicht mehr.
„Mit einem Ende der ultra-expansiven Geldpolitik der großen Notenbanken würde der Goldpreis unserer Einschätzung nach deutlich nachgeben“, prognostiziert die Dekabank. Doch nach dem Rückzieher der Fed und dem Versprechen der Europäischen Zentralbank, die Zinsen vorerst niedrig zu halten, bleibt Gold ein glänzendes Investment.
Kommt die Zinswende, könnte sich das schlagartig ändern, sagt Thorsten Polleit, Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH: „Höhere Zinsen dämpfen die Nachfrage nach Gold, weil sie die Kosten der Goldhaltung erhöhen – und zwar in Form entgangener Zinserträge.“ Keine Zinsen, keine Dividenden – zwei Nachteile einer Anlage in Edelmetall. Doch wer Geld zu Gold macht, tut das aus anderen Gründen, wie eine Studie der Steinbeis-Hochschule vom November im Auftrag des Edelmetallkonzerns Heraeus bekräftigte: „Als Motiv, um in Goldbarren zu investieren, wird von den Privatpersonen am häufigsten der langfristige Werterhalt, die langfristige Anlageperspektive sowie der unmittelbare Besitz genannt.“ Der Goldschatz ist begrenzt: Alles Gold dieser Welt ergäbe einen Würfel mit nur 20 Metern Kantenlänge. Gefragt ist das Edelmetall als Rohstoff für Handys, Computer und Medizintechnik. Und vor allem: Goldbarren und -münzen kann man anfassen – und zu Hause bunkern. Das tut laut der Steinbeis-Studie jeder zweite private Goldbesitzer in Deutschland.
Auch mancher Kunde der Börse Stuttgart, die nach dem Vorbild der Frankfurter („Xetra Gold“) mit ihrem „Euwax Gold“ die Möglichkeit bietet, ein mit Gold besichertes Wertpapier zu erwerben, lässt sich seine Barren nach Hause liefern. Bisher sei das aber eher der Einzelfall, sagt Geschäftsführer Rupertus Rothenhäuser. Die vielen kleinen Orders bei „Euwax Gold“ belegten jedoch, dass bei Privatkunden ein Nerv getroffen sei: „Gold gilt als sicherer Hafen.“ Als Absicherung gegen Geldentwertung jedoch wird das Edelmetall nach Einschätzung mancher Ökonomen überschätzt. So warnt denn etwa die Dekabank vor zu viel Optimismus: „Auf lange Sicht trauen wir dem Goldpreis nicht viel mehr als einen Inflationsausgleich zu.“ ÜBER HERAEUS]EUWAX GOLD]XETRA GOLD]dpa
Jörg Bender
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