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Tragödie: Beim Erdbeben in Nepal haben im vergangenen Jahr 9000 Menschen das Leben verloren. Hunderttausende wurden obdachlos.
© dpa

Schadensbilanz 2015: 23.000 Menschen sterben bei Naturkatastrophen

Die Munich Re zieht Bilanz: Naturkatastrophen haben 2015 finanziell wenig Schaden angerichtet. Das folgenschwerste Unglück jedoch war das Beben in Nepal.

Es ist der 25. April 2015, kurz vor Mittag. In Nepal nordwestlich der Hauptstadt Kathmandu bebt die Erde. Mit einer Stärke von 7,8 erschüttert das Beben den asiatischen Bergstaat. In den nördlichen Hochgebirgsregionen kommt es zu Hangrutschen, in den Tälern werden ganze Dörfer begraben. In den Städten werden unzählige Gebäude, darunter zahlreiche kulturhistorisch wertvolle Städten zerstört. Rund 9000 Menschen sterben, 500.000 werden obdachlos. Doch es hätte noch schlimmer kommen können: Weil an diesem Samstag keine Schule ist, werden zwar landesweit Schulgebäude zerstört, aber zumindest bleiben die Schüler verschont.

Beben in Nepal war die schlimmste Katastrophe

Glaubt man der Naturkatastrophenbilanz, die der Rückversicherer Munich Re am Montag für das vergangene Jahr vorgelegt hat, war das Erdbeben in Nepal die tödlichste und mit einem Gesamtschaden von 4,8 Milliarden US-Dollar auch teuerste Katastrophe des vergangenen Jahres. An den 23.000 Todesopfern, die Naturkatastrophen 2015 weltweit gekostet haben, hatte das Beben in Nepal den größten Anteil, gefolgt von der Hitzewelle, die von Mai bis Juni Indien und Pakistan heimgesucht hatte. Die Hitze hatte dort 3670 Menschen das Leben gekostet. Verglichen mit dem Vorjahr (7700 Fälle) ist die Zahl der Todesopfer durch Naturkatastrophen im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, lag jedoch unter dem langjährigen Durchschnitt von 54.000 Fällen im Jahr.

Finanzielle Schäden sind eher gering

Die finanzielle Bilanz fällt dagegen eher freundlich aus. So war 2015 das Jahr mit den geringsten Schäden seit 2009. Die Gesamtschäden betrugen 90 Milliarden Dollar und damit 20 Milliarden Dollar weniger als im Vorjahr. Auf einem Großteil der Schäden bleiben die Opfer jedoch sitzen. Versichert waren nämlich nur 27 Milliarden Euro.

El Nino führt zu Dürre und Hitze

"2015 hatten wir, was die finanziellen Schäden angeht, auch Glück", sagte Peter Höppe, Leiter der Georisk-Forschung des weltgrößten Rückversicherers, am Montag. "Starke tropische Wirbelstürme trafen - wenn überhaupt - oft nur in dünn besiedelten Regionen auf Land." Die Versicherer profitieren zudem von El Nino. Das Klimaphänomen spielt sich alle drei bis sieben Jahre ab. Dabei gibt es einen Stillstand oder sogar eine Umkehr der normalen Meeresströmungen im südlichen Pazifik. Die oberen Wasserschichten erwärmen sich stärker als üblich, als Folge davon wird es im östlichen südpazifischen Raum meist um die Weihnachtszeit überdurchschnittlich warm. Die Konsequenz: Während die Hurrikanaktivität im Nordatlantik sinkt, leiden viele Entwicklungs- und Schwellenländer unter starken Überschwemmungen und Hitzewellen. Im Nordostpazifik zählte die Munich Re 26 Wirbelstürme und damit zehn mehr als üblich. Die meisten Stürme trafen jedoch nicht auf Land. Nur Hurrikan Patricia sauste im Oktober mit bis zu 340 Stundenkilometern über Mexiko, richtete in der dünn besiedelten Region nahe Cuixmala aber vergleichsweise wenig Schaden an.

Erheblichen Einfluss hatte El Nino auf Dürren und Hitzewellen in Südamerika, Afrika und Südostasien. Weltweit richteten Dürre und Hitze im vergangenen Jahr Gesamtschäden von 12 Milliarden US-Dollar an, allerdings waren davon nur 880 Millionen Dollar versichert. Die höchsten Schäden durch Hitze und Trockenheit musste Europa im Sommer erleiden, der Gesamtschaden betrug hier rund zwei Milliarden Dollar, von denen aber nur ein Zehntel versichert waren.

Überschwemmungen in England. England und Schottland wurden zum Jahresende von Stürmen, Regen und Hochwasser heimgesucht.
Überschwemmungen in England. England und Schottland wurden zum Jahresende von Stürmen, Regen und Hochwasser heimgesucht.
© dpa

Regen in England

Nach der Hitze leidet Europa nun unter Regen. Die Überschwemmungen in Nordengland zum Jahreswechsel dürften Milliardenschäden verursacht haben. Der Gesamtschaden der Flutkatastrophe könnte oberhalb einer Milliarde Euro liegen, schätzt die Munich Re. Die Stürme Eva und Frank waren vor Silvester über den Norden Englands hinweggezogen, die heftigen Regenfälle hatten vor allem in der Grafschaft Yorkshire Flüsse über die Ufer treten lassen. Verlässliche Schätzungen stünden allerdings noch aus, erklärte der Rückversicherer. Vor allem die Folgen von Frank seien nicht absehbar. Zuvor waren die Region und Schottland Anfang Dezember bereits von Sturm Desmond heimgesucht worden, der laut Munich Re bis zu 1,4 Milliarden Euro Schaden verursacht habe. Die Hälfte davon müssen die Versicherer tragen.

Klimawandel ist Schuld

Den Grund für die Häufung solcher Unwetter sehen die Klimaexperten der Versicherung auch im Klimawandel. Während in Mitteleuropa wochenlang mildes und ruhiges Wetter herrschte, hielten sich in Großbritannien und Irland hartnäckig Sturm und starker Regen. Das wiederum liege an einer veränderten Lage und Zugbahn des Höhenwindes (Jetstream) über dem Atlantik. "Jüngste Studien sehen hier einen Zusammenhang mit der Erwärmung der arktischen Regionen und damit einen möglichen Einfluss des Klimawandels". Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC schätzt den Gesamtschaden durch Desmond und Eva auf 1,6 bis 2,3 Milliarden Pfund (1,2 bis 1,7 Milliarden Euro). Davon seien 900 Millionen bis 1,2 Milliarden Pfund (670 Millionen bis 890 Millionen Euro) versichert. Durch Frank könnte die Schadenbilanz auf mehr als drei Milliarden Pfund (2,2 Milliarden Euro) steigen. KPMG veranschlagt den wirtschaftlichen Schaden einschließlich der nötigen Maßnahmen zum Hochwasserschutz sogar auf mehr als fünf Milliarden Pfund.

In Deutschland wütete "Niklas"

In Deutschland richtete der Wintersturm Niklas den größten Schaden an. 750 Millionen Euro hatte der Sturm die deutschen Versicherer gekostet, hatte der Versicherungsverband GDV bereits Ende Dezember mitgeteilt. Damit macht allein Niklas rund ein Drittel aller Ausgaben der Sachversicherer aus dem vergangenen Jahr aus.

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