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Eine höhere Frequenz in der Digitalisierung sollen kleine und mittelständische Unternehmen in Berlin künftig einschlagen.
© Lava Lova Fotolia

Mittelstand 4.0: 200 Millionen Euro für mehr digitalen Wandel

Kleine und mittelständische Unternehmen tun sich schwer mit der Digitalisierung. In Berlin sollen sie nun mit einem neuen Förderprogramm unterstützt werden.

Frank Becker kennt sich aus mit Dingen, die einen neuen Glanz bekommen sollen. Er ist Geschäftsführer des Berliner Traditionsunternehmens Collonil, das 1909 als Hersteller von Lederölen für Zeppelin-Halteriemen gegründet wurde und heute einer der Marktführer für Schuhcreme ist. Collonil hat damit schon einige Umbrüche erlebt, doch steht das Unternehmen nun vor einer Herausforderung, für die es mehr als einer kleinen Politur bedarf: der Digitalisierung.

200 Millionen Euro für mehr digitalen Wandel

Wie Collonil fällt es vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) in Deutschland schwer, sich dem digitalen Wandel anzupassen. Damit sie nicht den Anschluss verpassen, startet die Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung nun die „Mittelstandsoffensive 4.0“.
Am Dienstag im Senat verabschiedet, wurde das Programm am Mittwoch von Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) beim zweiten Berliner Wirtschaftsfördertag der Investitionsbank Berlin (IBB) erläutert: Fast zwei Drittel der mittelständischen Wirtschaft würden sich Umfragen zufolge noch immer abwartend oder passiv bei der Anpassung an den digitalen Wandel verhalten, mit der Offensive sollen die Unternehmen nun motiviert und ihre Anstrengungen flankiert werden. 200 Millionen Euro stelle der Senat bereit, um „die Investitionstätigkeit und den Investitionswillen unterstützen“, erklärte Yzer. Davon profitieren sollen neben etablierten Unternehmen wie Collonil vor allem auch Start-ups, die „als Mittelstand von morgen heranwachsen“.

Vier Bausteine, eine Offensive

Die Offensive setzt sich aus vier Bausteinen zusammen, die mit der IBB umgesetzt werden. Dazu gehört erstens das Dienstag beschlossene Förderprogramm „Berlin Mittelstand 4.0“ mit einem Umfang von 20 Millionen Euro bis 2018, das Unternehmen des produzierenden Gewerbes, der IT-Branche und des Dienstleistungsgewerbes mit mindestens einer Betriebsstätte in Berlin eine zinsgünstige Finanzierung von Investitionen in regionalwirtschaftlich bedeutsame oder innovative Vorhaben bieten soll. Zweitens das bereits im Februar beschlossene Programm „Berlin innovativ“, das an das auslaufende Projekt „Berlin Kredit“ anknüpft und mit jährlich zehn Millionen Euro künftig nicht nur KMUs mit bis zu 250 Beschäftigten zur Verfügung steht, sondern auch Firmen mit bis zu 500 Beschäftigten. Hinzu kommt drittens der „KMU-Fonds“ mit einem Volumen von 30 Millionen Euro, mit dem unter anderem Mikrodarlehen sowie Darlehen für Gründungen und Wachstum von KMUs gefördert werden soll. Der vierte und letzte Baustein ist die mit 140 Millionen Euro ausgestattete Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) - auch bekannt als „Zonenrandförderung“ – die künftig auch auf digitale Geschäftsmodelle und den damit in Berlin immer wichtiger werdenden Bereich der Start-ups ausgeweitet wird.

"Je kleiner das Unternehmen, desto weniger digital"

Wie dringend notwendig eine solche Förderung des Mittelstands ist, hatte erst kürzlich das Gutachten der Expertenkommission für Entwicklung und Innovation in Deutschland gezeigt. Je kleiner das Unternehmen, desto weniger Bedeutung misst es digitalen Technologien bei, so das Ergebnis. Wenn die KMUs, die als Wachstumsmotor Deutschlands gelten, bei der Digitalisierung den Anschluss verpassten, könne dies erhebliche Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit haben.
Auch der IBB-Vorstandsvorsitzende Jürgen Allerkamp berichtete am Mittwoch, bei Mittelständlern in Bezug auf Digitalisierung „oft eine gewisse Unsicherheit zu spüren, weil viele nicht wissen, wie sie der Herausforderung begegnen und das finanzieren sollen“. Die „Mittelstandsoffensive“ sei deshalb das richtige Instrument, um die Berliner Unternehmen dabei zu unterstützen, „notwendige Investitionen zu finanzieren, auf innovative Technologien zu setzen und Wachstum zu generieren“.

„Lösungen 4.0 gibt es nicht von der Stange“

Die Berliner IHK-Geschäftsführerin für Innovation und Umwelt Marion Haß lobte die Offensive zwar als „deutliches Signal für kleine und mittelständische Unternehmen, sich jetzt mit dem Thema Digitalisierung zu befassen“. Doch seien „Lösungen 4.0 nicht von der Stange zu haben“. Neben finanziellen Mitteln sei deshalb „ eine leistungsfähige digitale Infrastruktur Grundvoraussetzung.“

Auch Collonil-Chef Becker mahnte am Mittwoch an, dass sich die Digitalisierung auch in der Verwaltung widerspiegeln und Prozesse vereinfacht werden müssten. In seinem eigenen Unternehmen hat er bereits begonnen, neue Technologien zu nutzen und Produktionseinheiten stärker miteinander zu vernetzen. Bis zur Schlusspolitur dürfte es aber noch ein wenig dauern.

Hinweis: In einer früheren Version des Textes war der Name der Firma Collonil falsch geschrieben worden. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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