Data Debates: Lars Klingbeil: „Egal wie die Entwicklung sein wird, denken Sie weiterhin selbst!“
Gestern fand die zehnte Ausgabe der Reihe „Tagesspiegel Data Debates“ mit dem Initiating Partner Telefónica Deutschland statt. Thema: Lernende Maschinen.
Sprachassistenten ziehen in Wohnzimmer ein, Industrieroboter tragen zur Produktivitätssteigerung bei und autonome Fahrzeuge revolutionieren Automobilmarkt und Mobilität. Maschinen haben gelernt zu lernen und werden zunehmend eigenständiger, unabhängiger und treffsicherer. Wie viel Einfluss hat Künstliche Intelligenz tatsächlich auf das tägliche Leben und die Wirtschaft und wie lassen sich diese Entwicklungen gesellschaftlich und politisch steuern? Über diese und weitere Fragen debattierten Dr. Isabella Hermann, Wissenschaftliche Koordinatorin der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Verantwortung: Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz“, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, Lars Klingbeil, MdB, SPD-Generalsekretär, Dr. Richard Benjamins, Data & Artificial Intelligence Ambassador, Telefónica, sowie Dr. Ralf Herbrich, Director Machine Learning, Amazon Development Center.
Lars Klingbeil betonte in einem Impuls-Vortrag, dass Deutschland aus seiner bisherigen Rolle der Bequemlichkeit heraustreten müsse, um beim Thema Künstliche Intelligenz im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu bleiben. Dies bedeute zum einen, dem Thema positiv zu begegnen, die möglichen Chancen und Veränderungen zu erkennen und schließlich konstruktiv und wertebasiert mitzugestalten. Zum anderen müsse mehr investiert werden, wirtschaftlich, aber auch in die Bildung. Im November 2018 werde die Bundesregierung daher ihre KI-Strategie vorstellen. Unerlässlich werde dabei eine Debatte darüber sein, wie Künstliche Intelligenz in Deutschland gestaltet und dabei Verantwortung übernommen werden kann. Seinen Impuls schloss Klingbeil mit einem Appell ans Publikum: „Egal wie die Entwicklung sein wird, denken Sie weiterhin selbst!“
Richard Benjamins betont, dass niemand behaupten könne, dass Maschinen intelligenter als Menschen seien. In spezifischen Bereichen würden Maschinen die Menschen zwar bereits übertreffen. In Bezug auf die allgemeine Intelligenz bezweifelt er jedoch, dass Maschinen den Menschen jemals überholen könnten. Für ihn steht im Vordergrund, dass die Menschen handlungsfähig sind und verstehen, wie sie mit Künstlicher Intelligenz umgehen müssen. Daher sieht auch er die Politik in der Pflicht, Gesetze und Regeln zu schaffen: „Manche Aspekte liegen außerhalb der Verantwortung eines Unternehmens. Die Politik muss darüber entscheiden, welche Regulierungen eine Gesellschaft mit Künstlicher Intelligenz bedarf.“
Laut Isabella Hermann ist Künstliche Intelligenz zu aller erst ein Diskurs, in den nicht nur Wissenschaftler, sondern auch diverse Gesellschaftsgruppen etwas hinein interpretieren können: „Vom Weltuntergang bis zur Weltrettung.“ Dabei nützen Horrorszenarien jedoch wenig, so Hermann. Künstliche Intelligenz diene viel zu oft als Projektionsfläche, um Menschheitsprobleme zu erklären, obwohl es sich dabei eigentlich um philosophische Fragestellungen handele. Aus diesem Grund wünscht sie sich mehr Sozialutopien, wenn es darum gehe, den Menschen Ängste und Zweifel vor Künstlicher Intelligenz wie Algorithmen zu nehmen. Sie fordert: „Bildung muss Interesse und Neugier der Menschen wecken. Dafür brauchen wir eine allgemeine technische Bildung und keine zu spezifische. Es geht immer mit der Bildung los. Wir brauchen Neugier und Begeisterung durch Dinge, die funktionieren.“
Ralf Herbrich zufolge dient Künstliche Intelligenz der Erkennung von Mustern und Regelmäßigkeiten, die aus menschlichen Daten abstrahiert werden. Gleichzeitig bezweifelt er jedoch, dass Maschinen intuitive Bewegungen und das Verhalten des Menschen eines Tages nachahmen können. „Der Mensch ist mehr als ein Apparat. Wir sind komplexer, können Theorien und Gefühle entwickeln. Das können Maschinen nicht.“ Künstliche Intelligenz sei vor allem dazu da, dem Menschen zu helfen, zum Beispiel um Entscheidungen einfacher zu treffen. Denn erst, wenn die Menschen begreifen werden, dass Künstliche Intelligenz sie nicht wegrationalisiert, sondern sie unterstützt, werde auch ihre Akzeptanz steigen.
Zur Reihe
„Tagesspiegel Data Debates“ ist eine Veranstaltungsreihe vom Tagesspiegel, bei der in monatlichen Debatten im Telefónica BASECAMP die Digitalisierung und ihre Bedeutung für unser Leben und das gesellschaftliche Miteinander thematisiert werden. Die Veranstaltung wird unterstützt von unserem Initiating Partner Telefónica Deutschland. Die nächste Veranstaltung findet am 29. November zum Thema „Digitale Bildung“ statt. Alle Informationen finden Sie unter: www.datadebates.de.