Berliner Derbys: Zum Sieger delegiert
Vor 33 Jahren gewann der 1. FC Union zuletzt ein Punktspiel gegen den BFC Dynamo. Für Rainer Rohde bleibt es unvergessen. Nicht nur, weil er im direkten Familienduell auf seinen Bruder Peter traf, sondern vor allem, weil er ein Jahr zuvor bei Dynamo aussortiert worden war.
Auf dieses Spiel freuen sich die Berliner Fußballfans seit Wochen: Am kommenden Freitag empfängt der 1. FC Union in seinem Stadion an der Alten Försterei Hertha BSC zum Duell in der Zweiten Liga. Bis dahin erinnern wir jeden Tag an ein historisches Berliner Derby. Heute: BFC Dynamo gegen 1. FC Union Berlin am 19. Februar 1977.
Die Gewissheit kommt an einem Mittwochmorgen im März 1976. Rainer Rohde erinnert sich: „Ich erschien wie immer zum Training und da wurde mir mitgeteilt, dass ich nicht länger Spieler des BFC Dynamo bin, sondern zu Union wechseln muss.“ Rohde wird „delegiert“, so heißt das im DDR-Jargon. Zehn Jahre hat er für Dynamo gespielt – bis zu diesem Moment. Rohdes Verhältnis zu Trainer Harry Nippert ist nicht das Beste und so wird er gegen Unions Reinhardt Lauck eingetauscht.
Von diesem Tag an sind Spiele gegen seinen alten Verein für Rainer Rohde etwas ganz Besonderes. Erst recht, als es zum Rückrundenauftakt der DDR-Oberligasaison 1976/77 gleich zum Derby kommt. Rainer Rohde ist inzwischen Stammspieler bei Union und zählt zusammen mit Kapitän Joachim Sigusch und Torwart Wolfgang Matthies zu den Stützen des Teams, das gegen den Abstieg kämpft. Bei Dynamo tummelt sich dagegen die Elite des DDR-Fußballs. So auch Peter Rohde – Rainers Bruder. Beide entstammen einer großen Fußballerfamilie. Vater Egon ist Nachwuchsleiter beim BFC, der jüngste Sohn Frank wird später für den Hamburger SV und Hertha BSC spielen.
Frank ist ebenfalls unter den 28.000 Zuschauern im Stadion der Weltjugend, als sich seine beiden älteren Brüder an diesem 19. Februar 1977 gegenüberstehen. „Dass ich im Mittelfeld direkt auf meinem Bruder Peter traf, machte das Spiel für mich noch spezieller“, sagt Rainer Rohde. Später wird in der Zeitung stehen: „Rohde-Brüder neutralisierten sich“. Rainer Rohde hat viele Zeitungsausschnitte aus dieser Zeit gesammelt und alle aufbewahrt. Beim Hinspiel im Herbst 1976 ist Peter Rohde nicht dabei, als Aufsteiger Union Berlin gegen den großen Favoriten Dynamo 1:0 gewinnt. Das motiviert die BFC-Spieler im Rückspiel zusätzlich. Bereits in der zweiten Minute kracht ein Schuss von Reinhardt Lauck an die Latte. „Wir hatten schon im ersten Spiel viel Glück“, sagt Rainer Rohde. So auch dieses Mal. Einmal kann sich Union vom Dauerdruck Dynamos befreien. Ulrich Werder treibt den Ball über das Feld. Als er keine Anspielstation findet, schießt er einfach in den Winkel – 1:0 für Union. In der zweiten Halbzeit wird es immer dramatischer. Erst hält Unions Torhüter Matthies einen Elfmeter von Bernd Brillat, dann fliegt Torschütze Werder wegen einer brutalen Grätsche vom Platz. „Dynamo drückte und drückte, aber irgendwie haben wir das 1:0 über die Zeit gerettet“, erinnert sich Rainer Rohde. Es bleibt Unions letzter Sieg über den Erzrivalen zu DDR-Zeiten.
Nach dem Spiel kommt sein ganz persönlicher Höhepunkt. Beim Gang in die Kabine läuft Rohde neben Nippert. Rohde ruft laut, dass dies der schönste Tag seines Lebens ist. Jeder kann es vernehmen. Auch Nippert. „Da war viel Genugtuung dabei“, sagt Rohde. Bei Union bleibt er noch fünf Jahre. 1982 beendet er seine Karriere, als Union einen neuen Trainer erhält: Harry Nippert. Mit Nippert hat Rainer Rohde inzwischen Frieden geschlossen. Er betreibt einen Zeitungskiosk, ab und zu schaut auch Harry Nippert vorbei. Ein längeres Gespräch kommt trotzdem nie zustande. Dafür ist zu viel passiert.
- bbbbbb
- Brandenburg neu entdecken
- Charlottenburg-Wilmersdorf
- Content Management Systeme
- Das wird ein ganz heißes Eisen
- Deutscher Filmpreis
- Die schönsten Radtouren in Berlin und Brandenburg
- Diversity
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Lichtenberg
- Nachhaltigkeit
- Neukölln
- Pankow
- Reinickendorf
- Schweden
- Spandau
- Steglitz-Zehlendorf
- Tempelhof-Schöneberg
- VERERBEN & STIFTEN 2022
- Zukunft der Mobilität