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Boxweltmeister Wladimir Klitschko nach seinem Sieg gegen Bryant Jennings in New York
© AFP/Timothy A. Clary
Update

Trotz Punktsieg gegen Bryan Jennings: Wladimir Klitschko kann New York wieder nicht überzeugen

Wladimir Klitschko hat seinen Weltmeistertitel im Boxen gegen Bryan Jennings zwar erwartungsgemäß verteidigt, die erhoffte Eigenwerbung blieb in den USA aber erneut aus. Die New Yorker mögen sein taktisches Boxen nicht, Knockouts sind ihnen lieber.

Es war nicht die New Yorker Nacht des Wladimir Klitschko. Dabei war alles für eine glanzvolle Comeback-Party nach sieben Jahren gerichtet. 17.000 Zuschauer im fast vollbesetzten Madison Square Garden nahmen vom Amerikaner Bryant Jennings kaum Notiz, als der Herausforderer durch die Seile kletterte. Beim majestätischen Einmarsch des 39 Jahre alten Champions in einem ferrariroten Mantel aber flippte das Mekka des Boxens aus. Ein Heimspiel. Klitschkos Verlobte Hayden Panettiere zeigte ihr Hollywood-Lächeln auf dem Video-Würfel. Bruce Willis schaute mit Tough-Guy-Miene auf die Ränge herab. „Klitschko, Klitschko“, skandierte das Publikum enthusiastisch.

Und dann bot der Superstar eine Rumpel-Performance, ohne Drama, ohne Highlight, ohne Effektivität, ohne Niederschlag. Keiner schien einmal hart getroffen. „New York will keine taktischen Spielchen sehen, sondern einen Knockout“, kritisierte Ex-Champion Lennox Lewis.  Zwar verteidigte der Schwergewichts-Weltmeister im Boxen seine drei Titel (WBA Super, WBO,IBF) gegen den bislang unbesiegten, neun Jahre jüngeren Jennings eindeutig und einstimmig nach Punkten. Zweimal 116:111, einmal 118:109 dokumentieren Klitschkos allerdings unspektakuläre Dominanz ebenso wie die Statistik von 545:376 Schlägen,  davon 383:91 geschlagene Jabs und 92:16 Jabs, die trafen.

"Bryan Jennings war schwer zu boxen"

Vitali Klitschko, als Kiewer Bürgermeister nicht nur zum Sekundieren seines Bruders, sondern auch zum Sondieren von Gesprächen u.a. mit Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani nach New York gekommen, kommentierte: „Jennings war schwer zu boxen. Es war schwierig, denn es hat nicht alles geklappt, worauf sich Wladimir vorbereitet hatte. Dennoch bin ich zufrieden. Es gibt keinen auf der Welt, der Wladimir schlagen kann.“ Ein sichtlich frustrierter Wladimir Klitschko, alle fünf Gürtel (zusätzlich den IBO- und The-Ring-Belt) über Schultern und Arme gehängt, gab noch im Ring zu: „Unglücklicherweise habe ich die Titel nicht so eindrucksvoll verteidigt wie gewöhnlich.“ Dennoch kletterte der Ukrainer an den vier Ringpfosten hoch und ließ sich feiern, vor allem von Tausenden Landsleuten.

Wladimir Klitschko mit Punktabzug wegen Haltens bestraft

Weil er den rechten „Steelhammer“ gar zu sparsam eingesetzt hatte, musste er sich fragen lassen, ob mit der rechten Hand etwas nicht in Ordnung sei. „Sie ist okay“, antwortete Klitschko, der aber einen Cut auf dem linken Jochbein erlitten hatte. Jennings, meist auf schnellen Beinen nur rückwärts unterwegs, sehr beweglich mit dem Oberkörper, versuchte sein Glück mit überfallartigen wilden Schwingern und sein Heil im geduckten Anrennen. Anstatt ihn mit Aufwärtshaken abzufangen, klammerte Klitschko, was Ringrichter Michael Griffin in der zehnten Runde mit einem Punktabzug wegen Haltens bestrafte.

Jennings' Kampfstil passte nicht zu dem von Klitschko

Die Kampfstile Klitschkos (1,98 m, 109,6 kg) und Jennings' (1,90 m, 102,9 kg) passten nicht zusammen. „Zum Tango gehören immer zwei“, lautet Klitschkos Standardspruch, wenn es hapert. In New York scheint der Ukrainer keinen Tanzpartner für einen flotten Tango zu finden. Schon bei seinem letztern Auftritt 2008 war der Russe Ibragimow nicht unbedingt gewillt, um den Sieg zu kämpfen, sondern wollte nur über die Runden kommen. „Jennings spielte jetzt das gleiche Spiel“, moserte Trainer Jonathon Banks.

Vielleicht passt WBC-Champ Deontay Wilder besser zu Wladimir Klitschko

Vielleicht wird Deontay Wilder Anfang nächsten Jahres der passendere Klitschko-Gegner für ein New Yorker Boxspektakel im Schwergewicht. „Ich hoffe nun bald gegen Wladimir zu boxen“, kündigte der 29 Jahre alte WBC-Weltmeister sein Begehren an. „Wilder-Klitschko, das ist der Kampf, den jeder sehen will.“ Vorher wird Klitschko im September gegen den offiziellen Herausforderer der WBA, den Engländer Tyson Fury, in Deutschland zur Pflichtverteidigung antreten. Wilder wird im Sommer mit einer freiwilligen Titelverteidigung abkassieren.

"Die Ära Klitschko geht weiter"

Weit nach Mitternacht, als Bryant Jennings längst bei seinen Freunden den vermiedenen K.o. feierte, kam Wladimir Klitschko zur Pressekonferenz. Er entschuldigte sich für die lange Wartezeit der Medien mit der Dopingkontrolle. Voller Selbstbewusstsein redete der Champion nichts schön: „Es war nicht aufregend. Ich hätte es besser machen können. Ich habe den Schlüssel nicht gefunden, meine Schläge zu platzieren. Aber Sieg ist Sieg.“ Da hat er Recht. „Die Ära Klitschko geht weiter.“ Mit seinem 27.Titelkampf (drei Niederlagen) hat Wladimir den Rekord von Joe Louis (eine Niederlage) eingestellt.

Hartmut Scherzer

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