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"Wir können nicht den gleichen Weg gehen wie der FC Bayern." Albas Geschäftsführer Marco Baldi.
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Marco Baldi im Interview: „Wir sind Deutschlands stärkste Basketballmarke“

Vor dem Spiel gegen den FC Bayern spricht Albas Geschäftsführer Marco Baldi im Interview über die Rivalität mit den Münchnern, das Verhältnis zu Svetislav Pesic und 25 Jahre Alba Berlin

Herr Baldi, schmerzt es Sie, dass vieles von dem, was Sie sich mit Alba Berlin vorgenommen haben, der FC Bayern erreicht?

Was meinen Sie denn?

Kontinuierlichen Erfolg im europäischen Wettbewerb zum Beispiel.

Den kann ich bei den Bayern bisher noch nicht feststellen. In den Jahren, in denen wir Europaliga gespielt haben, haben wir immer das Top 16 erreicht. Die Bayern spielen jetzt das zweite Jahr Europaliga. Sie haben das Top 16 erreicht und werden es sicher jetzt auch wieder tun. Aber das muss man erst mal über mehrere Jahre schaffen.

Aber die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in der Europaliga kontinuierlich etwas erreicht, liegt eher beim FC Bayern.

Warten wir es ab. Diese ständige Präsenz in der Euroleague, da sind wir augenblicklich nicht. Wir haben uns so aufgestellt, dass wir da mitspielen können. Aber wir können aktuell nicht den Anspruch stellen, dauerhaft unter den Top 16 in Europa zu sein. Beim Spielerbudget liegen die Bayern wie auch Bamberg doppelt so hoch wie wir.

Ihr Präsident Dieter Hauert hat propagiert, dass Alba einen Etat von 10 Millionen Euro anstrebe. Den haben jetzt andere in der Liga.

Wir müssen uns eben strecken, dass wir da hinkommen. Wir hatten übrigens in der Saison in der wir in die O2-World gezogen sind, 2008/2009 schon einen Etat in dieser Größenordnung. Nur verwenden wir unsere Mittel inzwischen auch anders. 15 bis 17 Prozent geben wir in unseren Jugendbereich, wir haben 100 Jugendtrainer, davon etwa 20 hauptamtliche. Das nicht ausschließlich, weil wir uns als Sozialakteur sehen, sondern weil es uns eine Nachhaltigkeit sichert und eine Perspektive gibt, die langfristig wieder unsere sportliche Exzellenz garantieren kann. Wenn die Bayern in der Lage sind, ihr Budget über Jahre hinweg so weiter zu entwickeln, dann herzlichen Glückwunsch. Die Kunst ist doch, das über einen langen Zeitraum zu erreichen.

Wo sehen Sie denn beim FC Bayern die Gefahr, dass er das nicht schafft?

Ich sehe gar keine Gefahr, aber sie sind sehr schnell hochgekommen und ob das jetzt auf Dauer auf dem Niveau weitergeht, kann ich nicht beurteilen. Ich zweifle da auch nicht dran. Aber sie haben es eben noch nicht nachgewiesen Wir haben jetzt 25-jähriges Jubiläum. Das macht uns nicht toller oder wertvoller, aber wir haben eine ganz andere Strecke hinter uns, 17 Titel gewonnen und uns jede einzelne Saison für die Play-offs und den internationalen Wettbewerb qualifiziert.

Wie geht es Ihnen damit, dass die Bayern mal eben mit ihrem Etat so einfach an Ihnen vorbeigezogen sind?

Wir sind ja so groß geworden. Mit Bayer Leverkusen zum Beispiel. In Europa messen wir uns auch permanent mit Klubs, die ganz andere Mittel zur Verfügung haben. Ich muss sagen: Was unsere Positionierung anbelangt, fühle ich mich wohl wie selten. Wir hatten ein paar Jahre, in denen wir alles wollten: Europaliga spielen, unbedingt Meister werden, die Halle vollmachen, dem Publikum ein Gesicht geben, höchste internationale Ansprüche und gleichzeitig junge Spieler entwickeln. Aber alles auf einmal ist nicht möglich. Wir haben jetzt eine klare Orientierung, sind wieder in die Rolle des Jägers gekommen, die auch besser zu Berlin passt. Wir müssen kreativ, intensiv und geschlossen sein, dürfen auch mal was ausprobieren.

Und Sie werden zur Borussia Dortmund des deutschen Basketballs.

So könnte man es sehen. Wir können nicht den gleichen Weg gehen wie der FC Bayern. Es gab die Zeit, da konnten wir national jeden Klub überbieten, wenn wir einen Spieler haben wollten. Das können wir heute nicht mehr. Da gibt es zwei, die deutlich über uns agieren, und zwei, drei, die auf unserem Niveau rangehen. Also setzen wir auf andere Tugenden.

"Pesic hat einen Ehrenplatz in unserer Geschichte"

Es gab auch mal eine Zeit, als Alba als FC Bayern des Basketballs bezeichnet wurde. Ärgert Sie es, dass nun der richtige FC Bayern da ist?

Also, ich war Mitte der 90er Jahre selbst in München, da haben wir gemeinsam mit Adidas versucht, den Verantwortlichen des FC Bayern Basketball näher zu bringen. Weil wir der Überzeugung waren, dass für das Portfolio von Bayern sehr stimmig sein müsste und wir uns erhofft haben, den Glanz und die Kraft von Bayern für die Liga zu nutzen. So sehe ich das und da hat sich bis heute nichts daran geändert. Ansonsten bin ich sehr glücklich, dass wir Alba Berlin sind.

Wie kommt es dann, dass sie mit den handelnden Personen beim FC Bayern, Svetislav Pesic und Marko Pesic, Animositäten austauschen?

Animositäten will ich das nicht nennen. Da treffen Charaktere aufeinander, die sich aus der Vergangenheit kennen und vielleicht leitet der eine oder andere besondere Ansprüche für sich daraus ab. Es sind zwei Klubs mit Protagonisten, die relativ deutlich ihre Meinung sagen – und auch entsprechend intensiv von den Medien befragt werden. Dann entsteht eine Rivalität. 50 Prozent der Belegschaft bei Bayern München hat einen Alba-Hintergrund. Wir haben aber nie gesagt, dass die uns alle weggekauft haben.

Es scheint mehr als eine Rivalität zu sein. Svetislav Pesic hat ein Interview gegeben, in dem er Sie ganz persönlich angreift.

Er hat gesagt, was er gesagt hat. Das ist der Unterschied. Sie werden von mir keine Äußerung finden, in der ich einen Bayern-Akteur persönlich angreife. Da ist eine Grenze für mich, schon immer. Ein Vorwurf war ja, ich hätte dafür gesorgt, dass Bayern sich in einem Zusatz-Play- off-Spiel quälen muss. Das ist ja die Unterstellung, dass die Liga korrupt sei. Das ist nicht mein Thema, das soll die BBL bearbeiten. Die Gebaren des FC Bayern München in der Liga, wie er sich am Willensbildungsprozess der Liga beteiligt, was er bereit ist für die Liga zu tun – das sind Dinge, die ich kritisiere, dazu muss ich niemanden persönlich anfeinden.

Gab es einen Punkt, an dem sich das Verhältnis zu ihrem langjährigen Trainer Svetislav Pesic zum Schlechten gewendet hat?

Pesic kam mit anderen Klubs nach Berlin und ist hier immer mit Applaus empfangen worden. Zurecht. Pesic hat einen Ehrenplatz in unserer Geschichte, und den wird und muss er behalten. Egal was für Äußerungen oder Entgleisungen da kommen. Aber wenn er jetzt kommt, dann wird gepfiffen. Und wahrscheinlich denken die Bayern, dass wir das initiiert haben, weil sie wohl auch denken, dass wir initiiert haben dass die Halterung, an dem Heiko Schaffartziks Trikot im Fanblock aufgehängt war, ein Kreuz darstellen sollte. Das ist kompletter Unsinn.

Der FC Bayern behauptet, dass Alba kein Vertragsangebot für Jan Jagla gemacht hat.

Ich kann nur sagen wie es war: Jan Jagla hat relativ früh ein Angebot gehabt, das von uns seinem Wunsch entsprechend verbessert wurde.

Stagniert Alba sportlich und wirtschaftlich?

Wir haben umgeschichtet, wir sind auch ein Sozialakteur geworden. Nicht aus reinem Altruismus. Wir haben uns anders aufgestellt. Wir haben nun ein stärkeres Fundament. Und sind nach wie vor die stärkste Basketballmarke Deutschlands.

Das Gespräch führten Friedhard Teuffel und Benedikt Voigt.

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