Volleyball-Nationalspieler Christian Fromm: „Wir müssen fünfmal die WM gewinnen“
Volleyball-Nationalspieler Christian Fromm spricht über das EM-Viertelfinale, geringe Aufmerksamkeit und die BR Volleys als möglichen Arbeitgeber.
Herr Fromm, am Donnerstag bestreiten Sie mit dem Nationalteam das EM-Viertelfinale in Kattowitz. In der Halle, in der Sie 2014 mit Deutschland WM-Bronze holten.
Das war ein Meilenstein für den deutschen Volleyball. Und auch für mich einer der Höhepunkte meiner bisherigen Karriere. Natürlich sind in den vergangenen Tagen Erinnerungen an das Spiel um Platz drei gegen Frankreich hochgekommen. Als wir am Dienstag zu Fuß zur Halle gegangen sind und wir durch den Eingang gelaufen sind, habe ich vieles noch mal Revue passieren lassen. Oder als ich die Toiletten gesehen habe, in die ich in einer Satzpause gerannt bin. Das gibt viel positive Energie – etwa die Gedanken an die Gänsehaut, die ich während der Siegerehrung hatte. So einen Sieg wollen wir natürlich gerne noch einmal erleben.
Am Donnerstag treffen Sie nun um 17.30 Uhr auf Tschechien.
Es wird auf jeden Fall ein sehr enges Spiel. Wir kennen beide Gegner sehr gut und müssen all unsere Kräfte auf das Spiel konzentrieren. Denn wenn wir das gewinnen sollten, ist danach alles möglich.
Das alles ist in Deutschland nur auf dem Sparten-Bezahlsender Sport1+ oder im Livestream zu sehen.
Dass die Aufmerksamkeit nicht so groß ist, ist natürlich nicht schön. Bis sich daran etwas ändert, müssen wir wohl noch fünfmal in Folge Weltmeister werden. Da helfen nur kontinuierliche Erfolge. Man sieht es ja im Beachvolleyball. Wenn Laura Ludwig und Kira Walkenhorst immer wieder gewinnen, tut sich langsam etwas. Nach unserem dritten Platz bei der WM 2014 hat sich die Welt ja auch nicht plötzlich um uns gedreht.
Die deutsche Nationalmannschaft hat bisher alle drei EM-Spiele gewonnen und zum Auftakt sogar den Olympia-Zweiten Italien bezwungen. Warum läuft es so gut?
Es war jedenfalls nicht zu erwarten, dass wir so erfolgreich sind. Bislang hatten wir in diesem Sommer ja die wichtigen Spiele in der WM-Qualifikation verloren. Aber bei der EM sind wir von Beginn an voll im Turnier und konnten ein Ausrufezeichen setzen. Wir haben so ein großes Potenzial in der Mannschaft. Und wenn wir konstant ohne viele Fehler spielen und konzentrierter den taktischen Vorgaben folgen, gibt uns das ein super Gefühl.
Dann hat sich die Mannschaft mittlerweile an den Stil des neuen Bundestrainers Andrea Giani gewöhnt? Der Italiener setzt ja auf mehr Risiko im Angriff.
Wir sind dabei, die richtige Balance zu finden. Das ist einfach ein Prozess. Andrea Giani ist zum Beispiel lockerer abseits des Feldes und gibt uns keine festen Regeln. Vorher unter Vital Heynen war fast alles vorgegeben, etwa mit Schlafzeiten. Da muss auch jeder Spieler lernen, wie er diese Freiheiten nutzt – und wie lange man schläft, um dann wieder fit zu sein.
Die Mischung zwischen jungen und erfahrenen Spielern scheint bei der EM zu stimmen.
Absolut. Die Jungen sind super integriert und wir Erfahrenen gehen voran, sind der Anker. Wir haben uns jetzt als Team gefunden. Wahrscheinlich hatten wir zu Beginn des Sommers einfach zu wenig Zeit, um die Abläufe und die genaue Abstimmung im Angriff hinzubekommen.
Waren das auch die Hauptgründe, warum die Nationalmannschaft in der Qualifikation für die WM 2018 gescheitert ist?
Ein weiterer Faktor war die Zusammensetzung des Teams. Wenn die gleiche Mannschaft nicht während des gesamten Sommers zusammen ist, merkt man das auf diesem hohen Niveau. Da fehlt einfach die Konstanz. Vor allem, weil wir nicht überrollt wurden, sondern so viele eigene Fehler gemacht haben. Deshalb war es so bitter, dass wir die WM verpasst haben. Denn eine WM ist immer eine riesige Erfahrung, die jeden Spieler reifen lässt.
Spielt es dabei auch eine Rolle, dass der Verband den Spielern kein Geld während der Zeit mit der Nationalmannschaft zahlen kann?
Wenn man die Versicherung selbst zahlen muss oder kein Geld bekommt, sind das schon Nebenkriegsschauplätze, die man im Hinterkopf hat. Ich mache aber keinem Spiel einen Vorwurf, wenn er aus solchen oder privaten Gründen nicht den ganzen Sommer dabei ist. Für mich stand es aber nicht zur Debatte, etwas beim Nationalteam wegzulassen.
Warum?
Ich merke einfach, dass die Zeit mit der Nationalmannschaft mir enorm hilft. Wenn ich im Sommer nur einen Monat pausiere, brauche ich danach zu lange, um wieder reinzukommen. Ich brauche einfach den Ball. Außerdem ist es schön, mit Deutschland zu gewinnen - und es ist auch gut für den eigenen Marktwert.
Ein Wochenende im Juni haben sie dann doch mal gefehlt.
Ja, weil ich geheiratet habe (lacht).
Die Volleyball-Nationalspielerin Maren Brinker, jetzt Fromm. In der nächsten Saison wechseln sie beide in die Türkei. Wäre Berlin auch eine Option für Sie? Ihre Frau hat ja zuletzt in Schwerin gespielt.
Derzeit haben die Volleys auf meiner Position ja noch Robert Kromm. Aber ich könnte mir das vorstellen. Wir haben uns ja auch in Berlin eine Wohnung gekauft. Ich bin jedenfalls froh, dass Berlin im Volleyball so eine Entwicklung genommen hat – und dann schaue ich von Jahr zu Jahr.
Nach fünf Jahren in Italien geht es für Sie nun bei Arkas Izmir weiter. Wie sehr hat Sie die Zeit in Italien geprägt?
Der Schritt, mit 22 nach Italien zu gehen, war genau das Richtige für mich. Ich habe noch professionellere Strukturen kennengelernt und gesehen, wie Volleyball gelebt werden kann – auch hinsichtlich des Umfelds, der Fans und der Medien. Wenn man sich dann noch mit den Besten der Welt messen kann, sieht man einfach, wo es noch hingehen kann. Wenn ich selbst schon in Deutschland so professionell gewesen wäre in sämtlichen Aspekten des Volleyballs, hätte ich mich vermutlich schneller verbessert. Aber das habe ich eben erst in Italien gelernt.