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Das Doha Port Stadium ist eines von zwölf geplanten WM-Stadien. Entworfen wurde es vom deutschen Architekten Albert Speer. Es wird auf einer künstlichen Halbinsel errichtet, das Meerwasser soll zur Kühlung beitragen. Nach der WM wird das Stadion wieder abgebaut.
© dpa

Fußball-WM in Katar: "Wir haben keine Regeln gebrochen"

Nasser Fahad Al-Khater ist im WM-Organisationskomitee Katars. Im Tagesspiegel-Interview äußert er sich zu den Bestechungsvorwürfen, einer Verlegung des Turniers in den Winter und sagt, warum das kleine Emirat so viel in den Sport investiert.

Herr Al-Khater, im Dezember 2010 wurde verkündet, dass Katar die Fußball-WM 2022 austrägt. Seither halten sich Vorwürfe, dass Stimmen gekauft wurden. Wie gehen Sie im WM-Organisationskomitee damit um?
Was sollen wir machen? Um jede WM, um jedes große Sportereignis gibt es doch irgendeine Art von Kontroverse. Das ist die Natur des Spiels. Wir können nur sagen: Wir haben nichts falsch gemacht, wir haben keine Regeln gebrochen. Wir konzentrieren uns auf die positiven Aspekte, darauf, was wir erreichen wollen.

Waren Sie überrascht von der Wucht der Kritik nach der WM-Vergabe?
Um ehrlich zu sein, ja. Wir waren sehr überrascht. Wir wussten, dass es viele negative Stimmen geben würde. Aber nicht in diesem Ausmaß und nicht über diesen langen Zeitraum.

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Ich denke, viele Menschen mögen es nicht, mit Traditionen zu brechen. Einige denken wohl auch, andere Länder hätten es mehr verdient, die WM zu veranstalten. Vielleicht spielt auch eine Art von Diskriminierung dabei eine Rolle. Wir bekommen aber auch jede Menge Zuspruch von kleineren Ländern, die sich freuen, dass sich der Underdog gegen die USA und Australien durchgesetzt hat.

Katar ist kleiner als Schleswig-Holstein und hat kaum mehr als 200.000 Staatsbürger. Viele verstehen nicht, was ein so kleines Land mit einer Fußball-WM möchte. Können Sie es uns erklären?
Zunächst einmal wird der Nahe Osten dadurch anders wahrgenommen, nicht mehr nur wegen seiner Konflikte. In Katar fördert die WM den Nationalstolz und beschleunigt unsere Entwicklung als Land, was die Infrastruktur angeht. Wenn alle eine Deadline haben, bis wann etwas fertig sein muss, arbeiten sie fokussierter.

Woran arbeitet Katar denn genau?
Den Großteil unserer Wirtschaftsleistung kommt von den großen Firmen, die Öl und Gas fördern. Bis 2030 wollen wir uns wirtschaftlich breiter und nachhaltiger aufstellen, kleinere und mittelgroße Unternehmen fördern und eine Tourismusindustrie aufbauen, um nicht mehr so abhängig von Öl und Gas zu sein. Bei einem Megaevent wie der WM entstehen eine Menge Geschäftsmöglichkeiten.

In diesem Jahr findet die Schwimm-WM in Katar statt, 2015 die Handball-WM. Zweimal hat sich Doha schon um Olympia beworben. Ist Sport für Katar ein diplomatisches Mittel?
Ja, Sport ist eine Art weiche Diplomatie. Wenn wir die Leute dazu bekommen, den Nahen Osten zu besuchen, dann ändern sie oft ihre vorgefertigten Meinungen.

Wenn die Welt auf Katar schaut, treten auch Problemfelder ans Tageslicht, wie Umweltverschmutzung und Defizite bei den Rechten der Frauen und Gastarbeiter.
Das wissen wir. Für uns ist die Weltmeisterschaft ein Katalysator für Veränderung und Verbesserung. Unser Ziel ist es, diese Probleme schnell zu lösen, und die WM kann uns dabei helfen. Aber Katar ist auch ein sehr junges Land. Manchmal werden wir auf unfaire Weise mit Ländern verglichen, die ihre Institutionen über hunderte von Jahren aufgebaut haben.

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Nasser Fahad Al-Khater ist Kommunikations- und Marketingdirektor im Organisationskomitee für die WM 2022 in Katar. Zuvor war er für die Präsentation der WM-Bewerbung zuständig.
Nasser Fahad Al-Khater ist Kommunikations- und Marketingdirektor im Organisationskomitee für die WM 2022 in Katar. Zuvor war er für die Präsentation der WM-Bewerbung zuständig.
© promo

Bei vielen Sportveranstaltungen in Katar und auch in der heimischen Fußballliga sind die Ränge oft nur spärlich gefüllt. Werden die Stadien bei der WM voll sein?
Wir sind ein kleines Land mit vielen Vereinen. Aber die Zuschauerzahlen sind ein Problem. Die Spiele laufen alle im Fernsehen und die Leute schauen sie lieber im Café und rauchen eine Wasserpfeife dazu. Wir müssen da die Mentalität und Kultur ändern, dafür haben wir ein olympisches Schulprogramm gestartet, das hebt das Interesse an Sport und auch das Niveau unserer Athleten.

Werden Sie Flugtickets und Eintrittskarten subventionieren, um ausländische Fußballfans nach Katar zu locken?
Eine WM zieht immer mindestens 500.000 Menschen an, da haben wir keine Sorge. Katar ist für zwei Milliarden Menschen innerhalb von vier Flugstunden zu erreichen. Die Fans können wegen der kurzen Wege bis zu drei Spiele an einem Tag sehen und die gesamte Golf-Region bereisen.

Werden die Fans auf Straßen und Plätzen feiern können wie bei anderen Turnieren, mit Alkohol und trotz der Temperaturen von bis zu 50 Grad im Sommer?
Trinken ist eigentlich kein Teil unserer Kultur. Alkoholkonsum ist eingeschränkt, aber nicht verboten. Wir werden Lösungen finden, die alle glücklich machen, ohne die Lokalbevölkerung zu stören. Wir haben Kühltechnologie für unsere Stadien und arbeiten daran, große Plätze für viele Menschen zu kühlen, über den Boden oder die Häuserwände. Die Kühltechnologie soll unser Vermächtnis werden, um anderen Ländern mit ähnlichem Klima zu zeigen, dass das funktioniert.

Möchten Sie die WM deswegen lieber im heißen Sommer veranstalten, um Ihre Technologie der Welt anzupreisen? Oder doch im Winter, wie immer mehr Experten fordern? Die einheimische Fußball-Liga spielt schließlich auch im Winter.
Der Sommer wäre der beste Test für unsere Technologie. Eine Verschiebung des Turniers in den Winter würde aber natürlich auch Sinn ergeben. Die Entscheidung liegt nicht bei uns.

Das scheint im Moment jeder zu sagen, auch der Weltverband Fifa. Wer entscheidet es denn?
Der Fußball gehört der Welt. Es gibt Entscheidungsträger bei der Fifa, den europäischen, den asiatischen oder afrikanische Verbänden. Wenn sich alle auf den Sommer einigen, ist das kein Problem und auch der Winter macht für uns keinen Unterschied. Wir entwickeln unsere Stadien auf jeden Fall mit Kühltechnologie, bis zum Confederations-Cup 2021 werden sie fertig sein.

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Katar ist die Nummer 102 der Weltrangliste und hat sich sportlich noch nie für eine WM qualifiziert. Wie soll Ihre Nationalmannschaft wettbewerbsfähig werden?
Unseren Fußballverband gibt es ja erst seit knapp vierzig Jahren. Unser Ziel ist es, uns schon vor 2022 sportlich für eine WM zu qualifizieren, hoffentlich schon 2014. Über die Ziele für die Heim-WM können wir uns danach Gedanken machen.
Sie sind derzeit mit einer katarischen Delegation in Berlin auf der Suche nach deutschen Geschäftspartnern. Ist es schwerer, in die Welt des Sports aufgenommen zu werden als in die Welt der Wirtschaft?
Der Sport ist wie ein Club, eine Gruppe von Menschen, die sich lange kennen. Ein Neuling braucht Zeit, um akzeptiert und integriert zu werden. Aber das wird passieren.

Noch haben viele Fans Probleme mit dem Sportengagement aus Katar. Nach der Übernahme des französischen Clubs Paris St. Germain durch die Qatar Sports Investment (QSI) gab es nicht nur Freude. Viele Fans fürchten, dass Ihnen Ihr Club genommen wird.
Es gibt immer Fans, die keine Veränderung in ihrem Verein wollen. Bei einigen ändert sich die Meinung, wenn sich die Ergebnisse verbessern. Und es wird immer Leute geben, die keine ausländischen Investitionen mögen, weil sie bestimmte Dinge als Teil ihrer Kultur und Geschichte empfinden. Das ist die normale menschliche Natur. Wir arbeiten derzeit an einer weltweiten Studie, um das Image und die Wahrnehmung von Katar zu verstehen. Das werden wir regelmäßig tun, um zu sehen, wie sich das bis zur WM verändert.

Und wie hilft es dem Image Ihres Landes, wenn Paris oder der ebenfalls von Katar gesponserte FC Barcelona die Champions League gewinnen würden?
Es ist immer gut, mit einer Siegermannschaft verbunden zu werden.

Würde es für Katar auch Sinn ergeben, in die Bundesliga zu investieren? Hertha BSC zum Beispiel hat chronische Geldnöte.

Wenn es rentabel ist und klare Vorteile für beide gibt, ja. Ob es schon Gespräche mit Clubs gab, weiß ich nicht. Aber ich finde, die Bundesliga ist die erfolgreichste Liga der Welt, ein Modell, dem man folgen sollte. Das ist eine sehr attraktive Liga.

Haben Sie einen deutschen Lieblingsklub?
Borussia Dortmund. Ich war noch nicht im Stadion, aber ich mag den Verein, weil viele Spieler aus dem eigenen Nachwuchs kommen, das ist ein gewachsenes Team.

Das Gespräch führten Dominik Bardow und Christian Hönicke.

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