Kritik vom Jagdverband: Wieder ein Wolf erschossen
Das Tier ist geschützt - und doch ist offenbar wieder eines erschossen worden. Der Landesjagdverband hat jetzt bei Michendorf einen getöteten Wolf gefunden - und kritisiert die Tat, die ein Schütze verübt haben muss.
Erneut ist offensichtlich in Brandenburg ein Wolf erschossen worden. Wie jetzt bekannt wurde, ist das tote Tier am 29. März im Landkreis Elbe-Elster gefunden worden. Derzeit wird der Kadaver am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin untersucht. Es bestehen nur geringe Zweifel daran, dass der Rüde einer Schussverletzung erlag, wie Robert Frank, Wolfsbeauftragter und Präsidiumsmitglied des Landesjagdverband Brandenburg e.V. (LJVB), bestätigt.
Frank wurde zu dem verendeten Tier gerufen, das Stangensucher - in der Jägerfachsprache bedeutet das Geweihsucher - entdeckt hatten. „Landesjagdverband und Deutscher Jagdverband verurteilen die Tat aufs Schärfste“, so Franck. „Egal wer es war – sie wirft die Bemühungen der Brandenburger Jäger erheblich zurück.“
Jagdverband fordert Strafverfolgung
Als Interessenvertretung der Brandenburger Jäger und anerkannte Naturschutzorganisation fordert der LJVB eine konsequente Strafverfolgung. „Ich bin tief enttäuscht, dass in unserem Bundesland schon wieder illegal auf einen Wolf geschossen wurde“, sagt Franck. Der Landesjagdverband Brandenburg e.V. unterstützt seit 2012 mit der Ausbildung von Wolfskundigen das Monitoring der in Brandenburg lebenden Wölfe. Derzeit sind über 80 ehrenamtliche Wolfkundige aus den Reihen der Jägerschaft im Einsatz. Sie sind darin ausgebildet, Wolfshinweise zu erkennen und zu dokumentieren. So werden Erkenntnisse über den derzeitigen Wolfsbestand im Land Brandenburg gewonnen.
Rund 100 Wölfe in der Mark
Erst vergangenes Jahr war verbotenerweise Jagd auf das geschützte Raubtier gemacht worden. Da wurde ein Wolf südlich von Lieberose erschossen und geköpft - ein bislang einmaliger Fall. Die Staatsanwaltschaft ermittelte. Nahe der Lieberoser Heide südöstlich von Berlin war im Sommer 2014 ein getöteter Wolf gefunden worden, der erschossen und geköpft worden war. Diesen bislang einmaligen Fall hatten die Stiftung Naturlandschaften und Umweltverbände publik gemacht. Die Stiftung hat jetzt bei der Staatsanwaltschaft Cottbus Strafanzeige gestellt. Wie eine Sprecherin der Behörde damals auf Anfrage sagte, „werden wie in solchen Fällen üblich von Amts wegen Ermittlungen aufgenommen“.
Die Jagd auf das geschützte Raubtier ist streng verboten. Zwar hat es seit der Rückkehr der einst ausgestorbenen Wölfe nach Brandenburg, wo inzwischen wieder mehr als einhundert Wölfe leben und oft von der Mark als Wolfs Revier die Rede ist, schon sechs illegale Abschüsse gegeben.
„Doch dieser Fall hat eine neue Qualität“, sagte Matthias Freude, der Präsident des brandenburgischen Landesumweltamtes, dem Tagesspiegel. „Der abgetrennte Kopf deutet auf einen Trophäensammler hin. Man darf vermuten, dass er den Kopf des erlegten Wolfes herumzeigen will.“
Die Leiche des Wolfes war am Vormittag des 7. August südlich von Lieberose an der Bundesstraße 168 von einem Radfahrer gefunden worden, der die Revierförsterei alarmierte. Das geköpfte Tier hatte direkt neben der Straße in einer Böschung an einem Hinweisschild auf das Naturschutzgebiet Lieberoser Heide gelegen, einem früheren Truppenübungsplatz der russischen Streitkräfte. Die Heidelandschaft – gleich in der Nähe des Fundortes liegt die sogenannte „Wüste“ fast ohne Vegetation – bietet auch für Wolfsrudel ideale Lebensbedingungen. Die ersten Wölfe waren hier 2009 gesichtet worden.
DNA-Analyse bei vorigem Fund
Nachdem von der Revierförsterei herbeigerufene Wolfsspezialisten des Landesumweltamtes das Tier geborgen hatten, war es in den letzten Tagen vom Institut für Zoo- und Wildtierforschung Berlin (IZW) seziert und untersucht worden. Nach dem Sektionsprotokoll, das dem Tagesspiegel vorliegt, wurde das Tier – ein erwachsener, kerngesunder Rüde, 27 Kilogramm schwer – erschossen. Der Befund deutet auf einen erfahrenen Jäger hin. „Die Verletzungen entsprechen dem Bild eines Blattschusses. Der Tod trat vermutlich binnen weniger Minuten ein. Dem Tier wurde post mortem der Kopf abgetrennt“, heißt es im Protokoll dazu. Für die weiteren Ermittlungen der Kriminalisten wurden Spuren für mögliche DNA-Analysen und Schmauchspuruntersuchungen gesichert. Auch erste Metallpartikel seien sichergestellt worden, weitere Analysen sollen folgen.
Tötungen von Wölfen, die unter strengem nationalen und internationalen Schutz stehen, sind kein Kavaliersdelikt. „Das Verletzen und Töten von Wölfen als Verstoß gegen das Artenschutzrecht stellt einen Straftatbestand dar“, erläuterte Andreas Piela, Vorstandsmitglied der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg. Wenn Wolfswilderer erwischt werden, drohen der „Entzug der Jagdlizenz, was für Jäger die Höchststrafe ist“, sowie drastische Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro, erläuterte Freude. In einem Fall, wo der Täter ermittelt werden konnte, sei dies bereits geschehen.
Fachstelle beim LKA gefordert
In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten die Stiftung Naturlandschaften, Träger von Schutzgebieten, Umweltorganisationen wie der Naturschutzbund Brandenburg und der WWF, aber auch der Landesjagdverband die Tat. Da solche Fälle zunehmen, und das nicht nur in Brandenburg, forderte der WWF für Deutschland Spezialeinheiten nach dem Vorbild Österreichs, Italiens und der USA. Brandenburgs Naturschutzbund (Nabu) sprach sich für die Einrichtung einer Fachstelle beim Landeskriminalamt (LKA) aus, die bei Verstößen gegen das Artenschutzrecht und bei Wildereistraftaten tätig wird.
Für die Aufklärung solcher Straftaten sei schließlich „besondere Sachkunde“ erforderlich, so die Begründung. Es geht dabei nämlich nicht nur um Wölfe. Immer wieder würden „auch andere geschützte Arten wie beispielsweise Biber, Kormoran oder Kranich aufgefunden, die den Verdacht nahelegen, dass sie mit Vorsatz getötet wurden“, erläuterte Katharina Weinberg, Geschäftsführerin des Nabu Brandenburg.
In Brandenburg leben Wölfe wieder seit 2007, nachdem das Tier 150 Jahre ausgestorben war. Die ersten Tiere waren damals in der Lausitz gesichtet worden. Seitdem wachsen die Bestände, derzeit sind es über einhundert Tiere in zwölf Rudeln, vor allem in der Lausitz, aber auch in der Prignitz, dem Fläming oder eben der Lieberoser Heide. Selbst in Berlin sollen schon Tiere gesichtet worden sein. Die Rückkehr der Wölfe provoziert auch Ängste, wegen gerissener Tiere gibt es Konflikte, wenngleich es in letzter Zeit wieder ruhiger geworden ist.
Schäfer etwa haben sich auf den Wolf eingestellt, mit höheren Weidezäunen oder Herdenschutzhunden, vom Land gefördert. Das hat Wirkung. „Bemerkenswert“ sei, sagt Umweltamtschef Freude, dass „die Nutztierverluste rückläufig sind, in diesem Jahr waren es 36 gerissene Schafe, für die Schäfer Entschädigungen erhalten, „obwohl es in Brandenburg immer mehr Wölfe gibt“.