Formel 1: Wie sich Fernando Alonso vom Verlierer zum Gewinner machen will
Bei McLaren-Honda ist Fernando Alonso in diesem Jahr nur hinterher gefahren. Doch der frühere Weltmeister glaubt noch an ein Happy-End - allerdings erst in der nächsten Saison.
Es war genau vor einem Jahr, beim Grand Prix von Abu Dhabi, dass der spektakulärste Fahrerwechsel der letzten Saison endgültig bestätigt wurde: Sebastian Vettel würde Nachfolger von Fernando Alonso werden, der Spanier dafür ausgerechnet dorthin zurück wechseln, wo er Ende 2007 schon einmal im größten Streit gegangen war: zu McLaren.
Schon damals bezweifelten einige Experten, dass Alonso dieser Schritt viel Glück bringen würde – allerdings glaubte da auch kaum jemand daran, dass Vettel mit Ferrari so schnell das Blatt wenden und 2015 immerhin drei Rennen gewinnen würde. Jetzt ist der Deutsche die große positive Überraschung des Jahres – während Alonso mit dem reichlich hoffnungslosen McLaren-Honda mehr als nur im Mittelfeld verschwunden ist und erst einmal zum fast hoffnungslosen Hinterherfahrer degradiert wurde. Selbst im teaminternen Weltmeister-Duell gegen Jenson Button liegt er derzeit nach Punkten mit elf zu sechzehn hinten. Im Qualifying führt er zwar theoretisch mit zehn zu acht, doch auch da haben findige Engländer schon ausgerechnet: Nimmt man nur die Qualifyings, in denen beide ohne technische Probleme durchkamen, dann führt auch da Button – mit fünf zu zwei.
Mehr als einmal machte Alonso in den Rennen über Funk seinem Frust Luft: Dass er ausgerechnet beim Honda-Heimspiel in Suzuka für alle hörbar den Motor als „GP-2-Triebwerk“ abqualifizierte, war schon mehr als Majestätsbeleidigung. Obwohl zuletzt in Brasilien braucht Alonso schon sein sage und schreibe zwölftes Triebwerk der Saison. Keine Leistung – und keine Zuverlässigkeit.
Die Frage ist, wie lange sich der Weltmeister von 2005 und 2006, der damals schon von allen als der große Dominator der Nach-Schumacher-Ära gesehen wurde, sich das alles noch antut. Irgendwie passt für den 34-Jährigen seit einiger Zeit nichts mehr zusammen. Zwei Weltmeisterschaften, dazu 2010 und 2012 jeweils im letzten Rennen der Saison gegen Sebastian Vettel verloren. Bei Ferrari von außen stehenden Experten lange als der kompletteste Fahrer der Formel 1 gelobt, intern aber wegen mangelnder positiver Ausstrahlung, Motivation und zu viel destruktiver Politik kritisiert, scheint es ihm auch jetzt bei McLaren-Honda nicht zu gelingen, das Team wirklich mitzureißen. Ganz im Gegensatz zu Vettel bei Ferrari – der singt dazu auch schon mal über Funk seinem Renningenieur ein Geburtstagsständchen.
Alonso flüchtet sich in Zweckoptimismus
Alonso versucht es dagegen mit einem auf offiziellen Terminen immer wieder verkündeten Zweckoptimismus, den ihm keiner mehr so richtig abnimmt. Vor allem, weil er im Gegensatz zu seinem sonstigen Verhalten steht. Da behauptet er zwar einerseits, der Wechsel zu McLaren sei seine „einzige Chance gewesen, noch einmal Weltmeister zu werden.“ Andererseits setzt er sich in Brasilien nach seinem erneuten Ausscheiden im ersten Qualifying demonstrativ am Streckenrand in die Sonne und steigt dann zusammen mit Button auf dem Rückweg an die Box auch noch mal auf´s Siegerpodest, „weil wir dem ja sonst nie auch nur annähernd nahe kommen.“
Im Moment tut er noch so, als glaube er daran, dass 2016 alles besser werde: „Der Fokus liegt allerdings längst auf der kommenden Saison - auch hier in Abu Dhabi. Die Hälfte des Autos gehört bereits zur Philosophie des nächsten Jahres." Und Alonso schraubt die Erwartungen gleich mal hoch: „Das Hauptziel ist, wieder dahin zurückzukommen, wo wir hingehören. Das heißt, wettbewerbsfähig zu sein und um Top-Positionen zu kämpfen. Ich weiß nicht, ob das heißt, um Weltmeisterschaften oder Siege zu kämpfen oder nur, auf Podien zu stehen. Das ist in einem so komplexen Sport wie der Formel 1 schwierig zu wissen."
Die Frage ist nur: Was passiert, wenn genau das nicht eintritt, wenn Honda seinen Motor nicht in den Griff bekommt, Alonso einsehen muss, dass der Traum vom Titelgewinn mit McLaren sich immer mehr zum Albtraum entwickelt, das Schönreden nicht mehr funktioniert? Einen Platz bei einem anderen Top-Team dürfte es für ihn in der Formel 1 in absehbarer Zeit nicht mehr geben. Dafür hat er überall zu viel verbrannte Erde hinterlassen. Die einzige Alternative wäre dann wohl – neben dem Rücktritt – ein Wechsel in die Langstrecken-WM, eventuell zu Porsche. So wie sein alter Kumpel Mark Webber, der dort jetzt gerade Weltmeister geworden ist.