zum Hauptinhalt
Seiner: Niko Kovac schultert den Pokal – den er im Vorjahr auch schon mit Eintracht Frankfurt gewonnen hatte.
© Fabrizio Bensch/REUTERS

Mit Hirn und Zwirn: Wie Niko Kovac und Ralf Rangnick das Pokalfinale prägten

Auch die Trainer standen beim Finale im Fokus: Niko Kovac und Ralf Rangnick könnten unterschiedlicher nicht sein. Am Ende siegte ein Berliner.

Es ist fast schon ein emotionaler Ausbruch. Zumindest für seine Verhältnisse. Ralf Rangnick steht von der Auswechselbank auf, schlägt die Handflächen ineinander und sagt ein paar Worte in Richtung seiner Assistenten. Emil Forsberg hatte gerade freistehend vor dem Tor die große Chance auf den Ausgleich vergeben – und neben Rangnick ist den Ersatzspielern die Verzweiflung anzusehen.

Doch der 60 Jahre alte Schwabe ist kein Mann großer Gesten oder Worte. Er ist ein Analytiker, ein Stratege und drängt sich nicht gerne in den Mittelpunkt. Das bleibt auch in seinem letzten Spiel als Trainer von Rasenballsport Leipzig so. Die Niederlage im DFB-Pokal-Finale gegen Bayern München nimmt er äußerlich gelassen zur Kenntnis.

Rangnick hatte den Pokalsieg im Vorfeld als mögliche Krönung bezeichnet. Er arbeitet schon seit 2012 in Leipzig, mal als Sportdirektor, mal als Trainer, mal übernimmt er gleich beides. Sieben Jahre sind im schnelllebigen Fußballgeschäft eine lange Zeit, erst recht bei einem Verein, der erst seit 2009 existiert.

Rasenballsport ist zu einem großen Teil auch Rangnicks Werk und so hätte es ziemlich gut gepasst, wenn er dem Klub in seinem letzten Spiel als Trainer den ersten großen Titel beschert hätte. Diese Aufgabe obliegt nun seinem Nachfolger Julian Nagelsmann, der zur neuen Saison übernimmt. Rangnick konzentriert sich dann wieder auf seine Aufgabe als Sportdirektor.

In den vergangenen Tagen war viel ins Pokalfinale hineininterpretiert worden. Ein Leipziger Sieg könne eine Signalwirkung für den deutschen Fußball haben und vielleicht sogar das Ende der Münchner Dominanz einläuten, hieß es vereinzelt. Auch wenn es vermutlich nicht das letzte Duell der zwei Mannschaften um einen Titel ist, ist das eine gewagte These, und das sieht auch Rangnick so. „Wir werden versuchen, den Abstand zu Bayern und Dortmund zu verringern“, sagt er. „Bayern wird aber auch in den nächsten Jahren das Maß aller Dinge bleiben.“

Verstohlener Blick: Der Pokalsieg zog an Ralf Rangnick vorüber, so wie er bei der Siegerehrung an der Trophäe nur vorbeigehen durfte.
Verstohlener Blick: Der Pokalsieg zog an Ralf Rangnick vorüber, so wie er bei der Siegerehrung an der Trophäe nur vorbeigehen durfte.
© Christian Charisius/dpa

Auf dem Rasen des Olympiastadions ist davon anfangs nichts zu sehen. Leipzig presst aggressiv, lässt den Münchnern im Spielaufbau kaum Zeit und Rangnick wechselt alle paar Minuten zwischen der Ersatzbank und dem Rand der Coaching Zone. In seinem schwarzen Anzug, mit dunklem Pullover und weißem Hemd, steht er fast bewegungslos da und beobachtet. Sein Team weiß, was zu tun ist. Leipzigs Fußball folgt einem klaren Muster und die Spieler den Anweisungen ihres Trainers. Korrekturen sind da kaum nötig.

In seiner Heimatstadt fühlt sich Niko Kovac einfach wohl

Ungefähr 15 Meter weiter rechts sieht das anders aus. Niko Kovac steht permanent am Rand seines mit Kreide aufgemalten Käfigs. Zu Spielbeginn schaut er sich das Geschehen mit hinter dem Rücken verschränkten Armen an, doch lange hält es ihn nicht in der Beobachterposition. Er beginnt zu gestikulieren, er pfeift, er ruft, er dirigiert sein Team. Vermutlich würde er am liebsten selbst aufs Spielfeld laufen – trotz des feinen Zwirns, den er trägt.

Während der 90 Minuten im Olympiastadion geht es nur um Fußball und das kommt Kovac sehr gelegen. Seit Wochen muss er sich mit einer unliebsamen Diskussion um seine Zukunft beschäftigen, die er vor allem der lange fehlenden Rückendeckung seiner Vorgesetzten zu verdanken hat. Zwischenzeitlich war es durchaus nicht auszuschließen, dass das Pokalfinale auch sein letztes Spiel als Trainer seines aktuellen Klubs sein könnte.

Sein erstes Jahr als Trainer in München beendet Niko Kovac mit dem Gewinn des Doubles.
Sein erstes Jahr als Trainer in München beendet Niko Kovac mit dem Gewinn des Doubles.
© REUTERS

Das Thema nervt Kovac sichtlich. „Das ist deplatziert“, antwortete er auf eine Frage über seine Position im Verein am Freitag höflich aber bestimmt. Es gehe um das Pokalfinale, um Leipzig und Bayern, nicht um Niko Kovac. „Ich bin hier total sekundär.“

Abseits der lästigen Fragen wirkt er aber gelassener als noch vor ein paar Wochen. Dazu tragen neben den Aussagen von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge sicherlich auch die Fans bei. Wie schon beim Gewinn der Meisterschaft vor einer Woche feiern sie Kovac im Olympiastadion mit Sprechchören. Nach dem Abpfiff steht der Trainer für eine halbe Minute vor dem Zuschauerblock und erwidert den Applaus.

Doch auch schon vorher ist eines klar zu erkennen: In seiner Heimatstadt fühlt sich der Kroate einfach wohl. In Wedding ist Kovac aufgewachsen, fünf Jahre spielte er bei Hertha und in den vergangenen Spielzeiten ist er Dauergast im Olympiastadion. Zum dritten Mal in Folge steht er im Pokalfinale, zum zweiten Mal nacheinander gewinnt er den Wettbewerb und rund um das Spiel trifft er immer wieder bekannte Gesichter. Hier ein Handschlag, da ein Lächeln. Am Samstag hat er auch allen Grund dazu. Sein erstes Jahr als Trainer in München beendet er mit dem Gewinn des Doubles. Da kann auch Ralf Rangnick nur gratulieren.

Zur Startseite