Cristiano Ronaldo und weitere Sportstars infiziert: Wie Italiens Fußball gegen die zweite Welle kämpft
Ronaldo, Rossi, Pellegrini: In Italiens Sport häufen sich die Corona-Fälle. Die Fußballliga will eine neuerliche Pause unbedingt verhindern, bietet allerdings ein krudes Schauspiel.
In den Sportredaktionen der großen italienischen Medien hatten sie in den vergangenen Tagen noch mehr zu tun als ohnehin schon. Teilweise vergingen nur wenige Minuten zwischen den Eilmeldungen, die „La Repubblica“ oder die „Gazzetta dello Sport“ auf die Telefone ihrer Leser schickten. Der Text war dabei fast immer wortgleich: „xy positivo al coronavirus“.
Die Liste der infizierten Athleten gleicht dabei einer Hall of Fame der jüngeren Sportgeschichte. Am Dienstag erwischte es Fußball-Superstar Cristiano Ronaldo von Juventus Turin, am Donnerstag dann den neunfachen Motorrad-Weltmeister Valentino Rossi und die Schwimm-Olympiasiegerin Federica Pellegrini. Dazu kommen positive Fälle bei der U 21, beim Giro d’Italia, bei den Kanuten und in vielen weiteren Sportarten.
Italien gehörte im Frühjahr zu den am schwersten vom Coronavirus betroffenen Ländern Europas, täglich starben Hunderte Menschen. Im Sommer schien es, als sei die Pandemie einigermaßen unter Kontrolle. Es kehrte nicht nur der Profisport zurück, sondern auch ein Hauch Normalität. Nun steigen die Infektionszahlen jedoch wieder massiv an (10.010 Neuinfektionen am Freitag), in Kampanien wurden die Schulen geschlossen.
Beim Thema Covid-19 sind die Italiener sehr sensibel und da kommt es bei der breiten Bevölkerung natürlich nicht sonderlich gut an, wenn sich Fußball-Profis über die Regeln hinwegsetzen. Besonders Ronaldo wurde in den Sozialen Medien heftig kritisiert. Erst reiste er zur Nationalmannschaft in seine Heimat, obwohl das Juve-Team unter Quarantäne stand; Medienberichten zufolge hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. In Portugal posierte Ronaldo dann gut gelaunt mit seinen Mitspielern am Essenstisch, ohne Abstände und Masken. Und nachdem er positiv getestet wurde, ließ er sich mit einem Sanitätsflug und einem Krankenwagen für die Quarantäne in seine Turiner Villa bringen – das immerhin auf eigene Kosten und in Einklang mit den Vorschriften.
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Doch auch abseits von Ronaldo steht die italienische Serie A aktuell nicht gut da. Seit Beginn der Pandemie haben sich laut „Gazzetta dello Sport“ 81 Spieler infiziert, das sind 13,6 Prozent der 595 Erstliga-Profis – aktuell betroffen sind etwa 35, darunter der frühere Schalker Weston McKennie (Juve) und der Ex-Hoffenheimer Jeremy Toljan (Sassuolo).
Doch in erster Linie ist es nicht die Quantität der Fälle, sondern der Umgang damit, der Fragen aufwirft. Das gilt insbesondere für die peinliche Posse um das Spitzenspiel zwischen Juve und dem SSC Neapel, das eigentlich vor zwei Wochen hätte stattfinden sollen. Nach zwei positiven Corona-Tests und der Quarantäne-Anordnung des örtlichen Gesundheitsamtes hatte Neapel die Reise nach Turin nicht angetreten.
Juve fuhr trotzdem ins Stadion und inszenierte gemeinsam mit der Liga ein krudes Schauspiel. Das Sportgericht wertete das Spiel 3:0 für den Titelverteidiger, Neapel wird außerdem ein Punkt abgezogen. Der Klub aus Kampanien hat Einspruch gegen das Urteil angekündigt.
Wo es im Frühjahr noch bis zu einem gewissen Grad Solidarität und Zusammenhalt gab, entwickelt sich nun ein Hauen und Stechen um die eigenen Interessen. Für Liga und Vereine hat die Fortsetzung der Saison essenzielle Bedeutung, sonst droht der finanzielle Kollaps. Juventus hat das vergangene Geschäftsjahr mit einem Minus in Höhe von 89,7 Millionen Euro abgeschlossen – und die wenigsten anderen Klubs haben solch reiche Aktionäre wie die Agnelli-Familie, um solche Verluste auszugleichen.
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So erklärt sich auch das Drängen auf eine Wiederzulassung von Stadionzuschauern, das vom Sportminister aber abgeschmettert wurde. „Im Moment können wir das nicht genehmigen“, sagte Spadafora. „Wir müssen sehen, wie die Infektionskurve bis Mitte November verläuft.“
Ob der Spielbetrieb überhaupt solange aufrecht erhalten werden kann, ist fraglich. Solange heißt es spielen, spielen, spielen – bis ein Team weniger als 13 Profis zur Verfügung oder mindestens zehn positive Tests in einer Woche hat. Beides war beim CFC Genua vor zwei Wochen der Fall, das Spiel gegen den FC Turin wurde verlegt. Genua ist mit insgesamt 17 positiv getesteten Spielern bisher am schwersten betroffen. Noch immer sind zehn Profis erkrankt, an reguläres Mannschaftstraining ist nicht zu denken. Dennoch muss Genua am Montag in Verona antreten – zur Not halt mit einer halben Nachwuchsmannschaft.