Nach der Niederlage im DFB-Pokalfinale: Wie geht es weiter mit Borussia Dortmund?
Borussia Dortmund muss nach der Niederlage im DFB-Pokalfinale den Abgang von Erfolgstrainer Jürgen Klopp überwinden. Unter Thomas Tuchel dürfte für den BVB nun ein Jahr des Umbruchs folgen.
Unten, in der ausgeleuchteten Aufwärmhalle des Olympiastadions, lief es Jürgen Klopp eisekalt den Rücken runter. Mit jedem Wort, dass der scheidende Trainer von Borussia Dortmund sprach, kroch der Abschiedschmerz in ihm hoch. „Das tut jetzt verdammt weh. Es war mir ein großes Vergnügen und eine Ehre mit diesen Spielern zu arbeiten. Es fällt mir so schwer, sie wieder loszulassen.“
Loslassen – das trifft es ganz gut. Bricht doch nun für den BVB eine neue Zeitrechnung an. Sieben Jahre Klopp, zwei Meisterschaften (2011 und 2012), ein Pokalsieg (2012) und ein Champions-League-Finale (2013) aber auch vier verlorene Endspiele haben Spuren hinterlassen. Der Klub wirkt erschöpft von den intensiven, emotionalen, ja aufreibenden Klopp-Jahren mitsamt seinem hingebungsvollen Fußball, dem Überschwängliches, ganz oft Mitreißendes aber eben auch Verschwenderisches innewohnte. Immer volle Pulle, immer Vollgas. Und nun wirkt die Mannschaft, die Klopp geformt und geprägt hat, irgendwie abgelaufen, leergelaufen, ausgelaugt.
Borussia Dortmund geht nun in die vielleicht wichtigste Sommerpause seit Jahren. Mal durchschnaufen, regenerieren, frische Gedanken kriegen. Das brauchen sie alle beim BVB, der bereits im Juli in der Europa-League-Qualifikation anzutreten hat. Nur werden die paar Wochen nicht ausreichen.
Dortmund steht vor einem Umbruch, der sich ziehen wird. Womöglich wird er den Verein eine Spielzeit lang begleiten. Vor allem muss der Verein jetzt rasch Jürgen Klopp überwinden. Diesen charismatischen Trainer, der dem Klub so viel Energie gegeben hat, der dem Verein nach schweren Jahren wieder den Glauben zurückgebracht hat. Der 47-Jährige war nicht nur einfach Übungsleiter – er war das Gesicht und das Sprachrohr des BVB. Er passte perfekt zum Klub, er verkörperte die Mentalität des Klubs und genoss größtes Vertrauen, gerade auch im riesengroßen Anhang des Vereins.
Sebastian Kehl hört auf, Ilkay Gündogan verlässt Borussia Dortmund womöglich im Sommer
Die Mannschaft bleibt im Wesentlichen zusammen, mal abgesehen von Sebastian Kehl, der seine Karriere mit dem Pokalfinale beendet hat. Vielmehr braucht der BVB neue Impulse, neue Reizpunkte. Und vielleicht auch einen neuen Fußball. In Thomas Tuchel ist ein begabter Trainer gefunden. Der 41-Jährige hat wie Klopp eine Mainzer Vergangenheit. Auch er ist emotional an der Linie und doch anders. Tuchel tritt ein schweres Erbe an, er wird sich Vertrauen erarbeiten müssen. Dabei wird er, gerade beim Anhang, gegen Klopp ankämpfen müssen.
Ein radikaler Personalumbruch wird ausbleiben. Die größte Baustelle würde sich auftun, wenn Ilkay Gündogan schon in diesem Sommer den BVB verlassen würde, statt seinen Vertrag (bis 2016) zu erfüllen. Der Nationalspieler spielt im Zentrum der Mannschaft, hier müsste Borussia hochkarätigen Ersatz holen. Zudem muss sich Sportdirektor Michael Zorc fragen, wie es im Sturm weitergehen soll. Hier haben weder Ciro Immobile noch Adrian Ramos den Weggang von Robert Lewandowski kompensieren können.
Bauen kann der BVB dagegen auf Marco Reus, der im Frühjahr seinen Vertrag bis 2019 verlängert hat. Erst kürzlich hat Mats Hummels gesagt, dass er seinen Vertrag (bis 2017) erfüllen wird. Zudem dehnte Neven Subotic sein Vertrag gerade bis 2018 aus. Beide bilden seit 2008 das Innenverteidiger-Paar. Als einziger Neuzugang steht bisher Gonzalo Castro (27, Bayer Leverkusen) fest.
Der Kader, derzeit 28 Spieler stark, kostet rund 80 Millionen Euro im Jahr. Allein in den vergangenen vier Jahren hat der BVB 150 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben und gleichzeitig 100 Millionen für Verkäufe eingenommen. Doch längst nicht alle Transfers saßen. Allein in der abgelaufenen Saison hatte Dortmund 60 Millionen für die Spieler Ciro Immobile, Adrian Ramos, Shinji Kagawa, Matthias Ginter und Kevin Kampl ausgegeben, deren Zukunft beim BVB ungewiss ist. Zudem stehen die arrivierten Spieler wie Lukasz Piszczek, Marcel Schmelzer und Kevin Großkreutz auf dem Prüfstand. Der BVB wird nicht zerfallen. Borussia Dortmund ist größer als einer wie Jürgen Klopp, obgleich man manches Mal Zweifel haben musste.