Hertha BSC verliert gegen SC Freiburg: Wie E-Sport von der Bundesliga Home Challenge profitieren kann
Elias Nerlich und Maximilian Mittelstädt unterliegen klar in der Bundesliga Home Challenge. Der virtuelle Wettbewerb ist aber schon jetzt ein Erfolg.
Es wird online auf der Playstation 4 gespielt und ein Spiel dauert rund 25 Minuten. Dass die virtuelle Bundesliga Home Challenge momentan die einzige Möglichkeit ist, sich am Wochenende mit Live-Fußball die Zeit zu vertreiben, ist für viele Fans gewöhnungsbedürftig.
Elias Nerlich hingegen musste vor zwei Wochen, als die Idee ins Leben gerufen und er gefragt wurde, nicht lange überlegen. Der 22-Jährige ist E-Sport-Kapitän von Hertha BSC und der Spieler mit der größten Reichweite in den sozialen Netzwerken. Keiner ist zudem länger dabei als Nerlich – seit mittlerweile drei Jahren ist er Teil der Akademie.
Bundesliga Home Challenge schon jetzt verlängert
Am Samstag bildete Nerlich wie am vergangenen Wochenende (beim souveränen 6:3-Erfolg gegen den SC Paderborn) ein Duo mit Herthas Profi Maximilian Mittelstädt. Diesmal verlor er an der Seite seines guten Freundes allerdings.
Obwohl Nerlich mit einem deutlichen Sieg vorgelegt hatte, unterlagen die beiden dem SC Freiburg noch mit 7:12. In den weiteren Spielen, die bis Redaktionsschluss beendet waren, gelang Dortmund ein 7:4-Sieg gegen Holstein Kiel, Köln und Fürth trennten sich 5:5, Hannover unterlag Darmstadt 2:4, Hoffenheim fegte Mainz mit 12:1 vom virtuellen Feld.
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Für Berlins Mittelstädt sind Duelle an der Konsole vor großem Publikum noch immer eine neue Erfahrung – für Nerlich nicht. „Nein, es war nicht wirklich was Neues für mich. Ich habe online schon mal vor einer halben Millionen Live-Zuschauer gespielt. Ich bin daran eigentlich gewohnt“, sagt Nerlich.
Ursprünglich war die Bundesliga Home Challenge nur auf zwei Wochenenden angesetzt. Wie es danach weiter gehen würde, wollte die Deutsche Fußballliga (DFL) von der Resonanz abhängig machen. Nun war bereits vor dem zweiten Spieltag, der am Sonntag (ab 15.30 Uhr, live auf Sky und Dazn) fortgeführt wird, klar: Die Home Challenge wird verlängert.
Es ist wahrscheinlich, dass sie so lange fortgeführt, bis die reelle Bundesliga übernimmt. „Ich glaube schon, dass man da eine neue Zielgruppe gewinnen kann“, sagt Nerlich. „Gerade, weil die Leute jetzt zu Hause sind und nicht genau wissen, was sie machen sollen samstags.“ Allein über den Youtube-Kanal der Virtual Bundesliga schauten sich am kompletten Auftakt-Wochenende mehr als 200.000 Fußballfans die Home Challenge an.
Das könnten an diesem Wochenende noch mehr werden, weil das Teilnehmerfeld größer geworden ist. Mit Borussia Mönchengladbach und dem VfL Wolfsburg sind zwei weitere Bundesligisten dabei – nur der FC Bayern und Fortuna Düsseldorf fehlen aus der Ersten Liga. 29 Profivereine nehmen nun teil, ein Schiedsrichter-Team, bestehend aus Deniz Aytekin und Daniel Schlager, komplettiert das Tableau.
Torunarigha, Köpke, Maier und Dilrosun zocken auch gerne
Weiterhin gilt: Mindestens einer der beiden Spieler muss zum Lizenzspielerkader des Vereins gehören, der andere kann aus dem Umfeld des Vereins stammen. „Es ist gut möglich, dass wir auch mal wechseln werden. Wir haben viele starke Talente in unserer E-Sport-Akademie und acht, neun Fußball-Profis, die gerne Fifa zocken“, sagt Nerlich.
Zu diesen Fifa-begeisterten Profis gehören unter anderem Jordan Torunarigha, Pascal Köpke, Arne Maier oder Javairo Dilrosun. Reichlich Auswahl also. Nerlich hofft, dass die Home Challenge für alle Vereine eine Motivation ist, sich im E-Sport zu engagieren.
Beispielsweise der Gegner vom Samstag, der SC Freiburg. Da dieser keine E-Sportler hat, spielte Nerlich gegen den Freiburger Profikeeper Mark Flekken – und ließ ihm beim 6:1 keine Chance. Mittelstädt musste den Vorsprung anschließend gegen Nico Schlotterbeck nur noch verwalten – kam allerdings beim 1:11 gehörig unter die Räder.
„Die Entscheider der Klubs sehen ja, wie viel Reichweite diese ganze Aktion gerade hat“, gibt Nerlich einen Denkanstoß. Nicht für ausgeschlossen hält Nerlich auch, dass es irgendwann eine virtuelle Bundesliga mit allen 36 Vereinen aus den beiden Profiligen geben wird. „Man muss aber auch sehen, dass der E-Sport noch jung ist. Das ist alles noch am Anfang und wird sich weiterentwickeln.“
Damit schon jetzt lediglich die Klasse der Spieler hinter den Kontrollern entscheidend ist, haben alle Akteure auf dem virtuellen Platz den gleichen Wert – 85. Kleinere Tricks hat E-Sportler Nerlich trotzdem.
Deshalb setzt er oft auf Nachwuchsstürmer Mo Kiprit. „Ich spiele lieber kleinere Spieler, weil die ein bisschen flinker sind“, sagt Nerlich. Außerdem macht es einen Unterschied, wie versiert ein Akteur mit seinem schwachen Fuß ist.
Und Kiprit ist bei Fifa 20 nun mal einer der beidfüßigsten Spieler im Hertha-Kader. Gegen Freiburg nützten Nerlich auch zwei Tore Kiprits letztlich nichts – eins mit rechts, eins mit links.