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Geschafft: Dustin Brown wirft den großen Favoriten Rafael Nadal aus dem Turnier.
© Reuters
Update

Sensation in Wimbledon: Wie Dustin Brown mit seinem wilden Spiel gegen Nadal gewann

Dustin Brown aus Niedersachsen hat für eine Wimbledon-Sensation gesorgt und den zweimaligen Champion Rafael Nadal in der zweiten Runde rausgeworfen. Es war nicht sein erster Sieg gegen den Spanier.

Mit der vornehmen britischen Zurückhaltung war es längst vorbei, auf den Rängen des Centre Courts von Wimbledon hielt es niemanden mehr auf den Sitzen. Die Tennisfans haben immer wieder mit angesehen, wie die großen Favoriten auf dem heiligen Rasen stürzten. Doch selten war es dabei so verrückt zugegangen, wie an diesem Tag. Dustin Brown hatte den zweimaligen Champion Rafael Nadal mit seinem wilden Spiel und seinen kuriosen Schlägen schier zur Verzweiflung getrieben. Zwei Matchbälle konnte der Mallorquiner bei seinem Service noch abwehren, aber nun hatte Brown den ersten bei eigenem Aufschlag. Die Fans johlten und applaudierten ihm schon jetzt stehend und mochten sich kaum mehr beruhigen. Brown schlug ein Ass und ließ seinen Schläger fallen. Der Underdog mit der langen Rastamähne hatte die Sensation geschafft. Mit einer spektakulären Show hatte der Niedersachse aus Celle den 14-maligen Grand-Slam-Champion mit 7:5, 3:6, 6:4 und 6:4 in der zweiten Runde vom Platz gefegt.

„Es war nicht leicht“, sagte Brown, der es noch kaum fassen konnte, „aber mein Vorteil war, dass ich absolut nichts zu verlieren hatte.“ Und der Deutsch-Jamaikaner war nicht der Erste, der mit dieser Einstellung Erfolg gegen Nadal hatte. Der mittlerweile nur noch Weltranglistenzehnte hatte bereits in den vergangenen drei Jahren in Wimbledon gegen krasse Außenseiter verloren, die Alles-oder-nichts gegen ihn spielten. Erst Lukas Rosol, Nummer 100, dann Steve Darcis, die Nummer 135, und zuletzt der Teenager Nick Kyrgios, damals noch die Nummer 144. Da passt Brown als derzeit Weltranglisten-102. perfekt in die Zielgruppe.

Doch der 30-Jährige hatte einen weiteren Vorteil – vor einem Jahr in der ersten Runde beim Turnier im westfälischen Halle konnte er Nadal schon einmal auf Rasen bezwingen. Und diese Gewissheit half Brown, denn obwohl er so gerne sein lässig-karibisches Image pflegt, mit Kopfhörern auf den Ohren, seinen Tatoos und Piercings, so war er doch ziemlich nervös. „Ich habe noch nie auf dem Centre Court gespielt“, sagte Brown, „ich habe ihn mir nicht einmal so vorher angeschaut. Daher dachte ich schon, ich würde vielleicht ausflippen, wenn ich heute rausgehe.“ Doch er benutzte einen Trick: „Ich habe mir einfach vorgestellt, wir würden in Halle spielen.“

Dustin Brown hatte "nichts zu verlieren" gegen Rafael Nadal

Und der Plan ging auf. Denn auch damals erwischte er Nadal in einem Moment, in dem er nicht in Höchstform war. Er kam gerade von einer anstrengenden Titelverteidigung in Roland Garros, spielte sein erstes Match auf Rasen – und sah sich dann dem Schlaggewitter eines Spielers gegenüber, der auf jeden Ball mit irrwitziger Wucht drischt und hofft, er würde ins Feld gehen. Manchmal klappt es, oft auch nicht. Browns Technik steht in keinem Lehrbuch, und beigebracht hat ihm das Tennisspiel im Grunde auch keiner, denn er konnte sich nie einen Trainer leisten. Brown spielt unorthodox, aber mit viel Herz. Und das lieben die Briten. Mit Feuer und Flamme unterstützten sie Brown, der dann auch noch das traditionelle Serve-and-Volley vollführte. Immer wieder rannte er ans Netz vor, passierte Nadal mit kuriosen Schlägen und manchmal schoss er ihn auch einfach ab.

13 Asse und 58 Winner hämmerte Brown ins Feld, und Nadal schien nicht einmal der Satzausgleich Sicherheit zu geben. Er wirkte frustriert, haderte mit seinem Aufschlag und seine Vorhand ließ ihn oft im Stich. Schon die gesamte Saison über wirkte der Spanier verwundbar, gegen die entfesselte und erbarmungslose Spielweise des Underdogs fand er kein Mittel. „Der Gegner, ich selbst, eine Kombination aus allem war es heute“, war Nadals Erklärung und fügte hinzu: „Wenn jemand mein Haus hier mieten will – morgen ist es frei.“ Brown wird seinen Aufenthalt verlängern, nach dem wohl besten Spiel seines Lebens. „Ich sagte mir die ganze Zeit nur: Dustin, spiel einfach weiter. Niemand wird etwas Schlechtes über dich sagen, wenn du heute verlierst.“

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