Sergej Grankin verlängert in Berlin: Wie die BR Volleys den besten Spieler der Liga halten konnten
Der russische Weltklasse-Zuspieler Sergej Grankin bleibt ein weiteres Jahr bei den BR Volleys. Der Klub sieht das als Zeichen für die hohen Ambitionen.
An der These, dass der Kopf im Sport über Erfolg oder Niederlage entscheidet und nicht die Muskelkraft in den Beinen oder Armen, ist bislang nicht gerüttelt worden. Im Berliner Spitzensport gibt es ein schönes Beispiel, welche die zur Erkenntnis gereifte These unterstreicht: Sergej Grankin von den BR Volleys.
Der Zuspieler des amtierenden Deutschen Meisters ist nicht besonders groß, nicht besonders sprungkräftig, nicht besonders schnell und mit seinen 35 Jahren auch nicht mehr der Jüngste. Aber das alles spielt keine Rolle, weil Grankin wie vielleicht weltweit nur eine Handvoll Volleyballer in der Lage ist, Spielzüge zu lesen, Formationen auf dem Feld zu überschauen sowie seine eigenen Mitspieler aufzubauen, indem er zum Beispiel jenem Angreifer einen einfachen Ball auflegt, für den das Spiel bis dahin enttäuschend gelaufen ist. „Sergej macht unsere Spieler besser“, sagt Volleys-Manager Kaweh Niroomand. „Er gibt ihnen Selbstvertrauen.“
Deshalb hat sich der 67-Jährige sehr bemüht, dass die Berliner den Ausnahmespieler halten können – mit Erfolg. Wie der Klub am Freitag mitteilte, hat Grankin seinen Vertrag um ein weiteres Jahr bis 2021 verlängert. „Wir sind sehr froh“, sagte Niroomand. „Sergej hatte auch Angebote von Klubs aus großen Ligen.“
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Es ist dies ausnahmsweise mal eine gute Nachricht vom deutschen Männer- Volleyball. Dieser war und ist hart getroffen von der Coronavirus-Pandemie. Drei (Eltmann, Rottenburg, Unterhaching/Innsbruck) von ohnehin nur zwölf Volleyballklubs haben sich wegen finanzieller Probleme aus der Bundesliga bereits verabschiedet. Geblieben sind neun Klubs plus das Nachwuchsteam des VC Olympia Berlin. Und geblieben sind bei den restlichen Klubs ganz bestimmt die Fragen, wie es überhaupt perspektivisch weitergehen soll. Die Volleys denken schon offen über einen Wechsel in die stärkere polnische Liga nach.
In diese zieht es nun Mittelblocker Jeffrey Jendryck. Der US-Amerikaner wechselt von den Volleys zum polnischen Klub Resovia Rzeszow. „Wir hätten ihn natürlich gerne gehalten. Aber er wollte letztlich in einer stärkeren Liga spielen“, sagte Niroomand und sah in der Personalie Jendryck gar stellvertretend das Problem des deutschen Volleyballs. „Wenn sich die Bundesliga nicht weiterentwickelt, werden wir immer größere Probleme bekommen, Spitzenspieler zu behalten beziehungsweise sie hierherzuholen.“
Niroomands Ziel ist weiterhin, die BR Volleys zu einer Top-Adresse im europäischen Volleyball zu machen. Zwar hat die Coronavirus-Krise auch Lücken in den Volleys-Haushalt gerissen. Aber an dem Leitmotiv des Klubs, so Niroomand, die Volleys sportlich auf dem Niveau der Vorjahre zu halten, wolle man trotz der Umstände festhalten.
Was die Zuschauerzahl in den Heimspielen betrifft, sind die Berliner schon ganz vorne dabei in Europa. In der Champions League allerdings bekamen sie in den vergangenen Jahren die Grenzen aufgezeigt, zuletzt schieden sie in der Gruppenphase aus. Tatsächlich aber könnten die Berliner sogar noch als Sieger aus der Krise hervorgehen. Während Ankersponsor Berlin Recycling dem Klub weiterhin die Treue hält, ist es mit der Solidarität der Sponsoren so mancher europäischer Top-Vereine nicht so weit her.
So könnte auch die Sicherheit, monatlich sein Gehalt überwiesen zu bekommen, ein Grund gewesen sein, warum sich der Ausnahmespieler Grankin bereiterklärte, ein weiteres Jahr den Taktgeber im Spiel der Volleys zu geben. Die Organisation des Klubs sei perfekt, ließ der Russe ausrichten.