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Traute Heimat: Daniel Frahn ist zurück beim SV Babelsberg.
© Manfred Thomas

„Ein Fußbreit den Faschisten“: Wie Daniel Frahn bei seinem Debüt in Babelsberg empfangen wurde

Der SV Babelsberg gilt als links – verpflichtete aber Daniel Frahn, dem Kontakte zu Rechtsextremen vorgeworfen werden. Die Stimmung beim Debüt ist geteilt.

Um 15.06 Uhr am Sonntag war er wieder da. Zurück auf der Fußballbühne. Beim Regionalligaspiel des SV Babelsberg 03 gegen die BSG Chemie Leipzig wurde Daniel Frahn für die letzte Viertelstunde als SVB-Stürmer eingewechselt.

Es war sein erster Einsatz in einem Spiel, seitdem ihn sein vorheriger Verein, der Chemnitzer FC, im August 2019 wegen seiner mutmaßlichen Nähe zu Rechtsextremen entlassen hatte. Letztlich gewann Babelsberg mit 1:0 (1:0) durch ein Tor von Valentin Rode und sammelte drei wertvolle Punkte im Kampf um den Klassenerhalt.

Unter den Babelsbergern gibt es nur wenig Unmut

Doch bei aller sportlichen Bedeutung stand vor allem Frahn im Fokus. Spielerisch machte er das nur einmal, als er fünf Minuten nach seiner Einwechslung im Strafraum zu Fall kam und ohne Erfolg einen Foulelfmeter einforderte. Ansonsten ging es um seine persönliche Geschichte.

„Es war eine sehr, sehr große Vorfreude da. Aber auch Anspannung, da ich nicht genau wusste, was mich erwartet“, sagte der 32-Jährige nach Abpfiff. Wie sehr er polarisiert, war zuvor im mit rund 3000 Zuschauern gefüllten Karl-Liebknecht-Stadion zu spüren.

Vom SVB-Lager wurde er wohlwollend mit Applaus, freundlichen Rufen und vereinzelt gar stehenden Ovationen zurückempfangen. Nur wenige äußerten ihren Unmut. Ganz anders der Chemie-Anhang. Der ist für gewöhnlich durchaus eng mit der Babelsberger Fanszene verbunden, weil beide gleichgesinnt im Kampf gegen Rechts stehen.

Das Debüt: Nach seiner Einwechselung stand Daniel Frahn erstmals wieder für den SV Babelsberg auf dem Platz.
Das Debüt: Nach seiner Einwechselung stand Daniel Frahn erstmals wieder für den SV Babelsberg auf dem Platz.
© Manfred Thomas

Umso empörter zeigten sich die Leipziger wegen der Frahn-Verpflichtung. Für ihn gab es ein gellendes Pfeifkonzert, dazu skandierten sie „Nazi-Sau“. Auf Spruchbändern, die an den SVB adressiert waren, hieß es „Ein Fußbreit den Faschisten“ und „Im Abstiegskampf ist jedes Mittel rechts“ sowie „Daniel Frahn – Heim ins Reich“.

Nichtsdestotrotz habe er seine Rückkehr auf den Rasen als „sehr, sehr angenehm“ empfunden, sagte Frahn, der bereits von 2007 bis 2010 für den SVB gestürmt hatte. Damals war er ein gefeierter Held, der dem Klub zum Drittliga-Aufstieg verhalf.

Auch wenn ihn die Nulldrei-Fans am Sonntag überwiegend freudig wieder in ihrer Runde aufnahmen, so scheiden sich auch unter ihnen die Geister. Die Kommentare in den sozialen Netzwerken gingen weit auseinander. Die einen freuten sich über hinzugewonnene Offensivqualität, die anderen machten ihre Ablehnung deutlich und richteten Kritik an die Klubführung.

Am Ball: Die Aktionen auf dem Feld rückten bei Daniel Frahns Debüt in den Hintergrund.
Am Ball: Die Aktionen auf dem Feld rückten bei Daniel Frahns Debüt in den Hintergrund.
© Sebastian Gabsch

„Was ist los mit euch? Schämt euch! Nazis raus“, hieß es beispielsweise. Die Vereinswerte würde man „mit Füßen treten“. Es gab auch Ankündigungen, wegen Frahn die Mitgliedschaft zu beenden. „Ich weiß, dass es viele Kritiker gibt – auch zu Recht“, zeigte sich der gebürtige Potsdamer gestern geläutert. „Ich hoffe aber, dass diese Leute mir die Chance geben zu beweisen, wer Daniel Frahn wirklich ist. Und das ist nicht der, wie er in den Zeitungen dargestellt wird.“

In seiner Pressemitteilung über Neuzugang Frahn hatte der SVB betont, dass er sich bereits in der Vergangenheit für „zweite Chancen“ eingesetzt habe. Prägnantestes Beispiel ist Süleyman Koc. Als der Offensivspieler 2011 in Babelsberg kickte, war er als Fluchtautofahrer an Casino-Überfällen beteiligt. Er erhielt eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten – und während dieser Zeit einen neuen Vertrag beim SVB. Als Koc den Freigängerstatus hatte, konnte er im offenen Vollzug trainieren und spielen.

Ob es Frahn mit seiner Gemengelage auch gelingt, wieder gut Fuß zu fassen, bleibt abzuwarten. Für den Moment sei er jedoch zufrieden. „Allet in Ordnung“, sagte er im besten Brandenburger Tonfall. „Ick freu mich, dass ick wieda hier bin und im Karli kicken kann.“

Tobias Gutsche

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