Champions Hockey League: Wenn Red Bull auf Red Bull trifft
Zwei Teams, eine Organisation und viele Gemeinsamkeiten: In der Champions League im Eishockey trifft München am Dienstag im Halbfinale auf Salzburg.
Hoffentlich zielt Justin Schütz auf das richtige Tor – im Halbfinalhinspiel der Champions Hockey League (CHL) zwischen München und Salzburg am Dienstagabend (19.30 Uhr). Denn er ist sogar Spieler in beiden Klubs, RB München und RB Salzburg teilen sich eine Nachwuchsmannschaft, das U-20-Team der „Red Bull Academy“, Europas wahrscheinlich beste Ausbildungsstätte für angehende Eishockeyprofis überhaupt. Dort spielt Schütz, wenn er nicht für RB München in der Deutschen Eishockey-Liga unterwegs ist. Beim Deutschen Meister haben aktuell sechs Spieler und Trainer Don Jackson eine Salzburger Vergangenheit – oder Gegenwart, wie U-20-Nationalspieler Schütz.
Red Bull gegen Red Bull im Eishockey – wiegt das aufgrund des gemeinsamen Nachwuchsteams nicht schwerer als jüngst der Fall im Profifußball? Dort haben die ebenfalls zum Imperium des österreichischen Getränkeherstellers gehörenden Klubs aus Salzburg und Leipzig in einer Gruppe der Europa League gespielt.
Dass die beiden Teams etwas miteinander zu tun haben, springt auch Menschen ins Gesicht, die von Eishockey noch nie gehört haben. Firmensignet, Eishockeyschläger mit Puck und darunter zwei auf Bullen auf dem Sprung – das ist zu 100 Prozent identisch. Lediglich der Städtename verrät, dass es sich um Salzburg oder München handelt. Die Mannschaften schalteten in dieser Woche in der CHL mit Malmö (München) und Oulo (Salzburg) schwedische und finnische Spitzenteams aus.
In ihren Ligen eine große Nummer
In ihrem Ligen spielen die hochgepäppelten Red-Bull-Mannschaften seit Jahren eine große Rolle. München wurde zuletzt drei Mal Deutscher Meister in Folge. Pierre Pagé war im bis zum April diesen Jahres für Red Bull im Eishockey tätig, als Trainer stand er in München und in Salzburg hinter der Bande. Dass das Halbfinale in der CHL zu einem Freundschaftsspiel werden könne, glaubt der Kanadier nicht. „Das ist genauso wie mit Leipzig und Salzburg im Fußball“, sagt er. „Es ist eben ein Riesenerfolg von Red Bull.“ Wie im Fußball hat sich die Red-Bull-Zentrale natürlich etwas ausgedacht, um den Menschen, die Wettbewerbsverzerrung wittern wollen, zu kontern: In Salzburg ist Red Bull bei Fußball und Eishockey offiziell nur noch Sponsor. Offiziell eben.
2014 wurde die Nachwuchs-Akademie für Eishockey in Salzburg eröffnet. Etwas Vergleichbares gibt es im europäischen Eishockey nicht, mit dem ehemaligen deutschen Nationaltorwart Helmut de Raaf und dem Finnen Niklas Hede (früher Spieler bei den Eisbären Berlin) führen zwei Trainer Regie beim Nachwuchs, die in der Branche sicher auch von Erstligisten in Österreich und Deutschland als Trainer genommen würden. Das U-20-Team spielte vergangene Saison in der tschechischen Juniorenliga und wurde Erster nach der Hauptrunde, aktuell läuft die Mannschaft in der Alps Hockey League übers Eis – gegen gestandene Männer-Profis aus Österreich, Italien und Slowenien – dort ist das U-20-Team von Red Bull unter den 17 Teams zur Zeit auf Platz vier.
Pierre Pagé begrüßt es, dass in der CHL nun erstmals auch deutsche und österreichische Teams im Halbfinale stehen. „Und keine Finnen oder Schweizer“, wie er sagt. „Das internationale Eishockey ändert sich gerade. Es ist unglaublich, wie viele Talente die Deutschen im Nachwuchs haben. In fünf Jahren werden die international viel in Bewegung bringen. Da werden noch einige Menschen staunen.“
Eishockey ist Mateschitz' Lieblingssport
Bei Red Bull werden sie womöglich nicht staunen, sondern von erfülltem Plansoll sprechen, wenn die vom Konzern geförderten Talente die Szene erschüttern. Zumal auch die Champions League vom Brausekonzern mit initiiert wurde, inzwischen gibt es auch Geld zu verdienen. Diesmal bleibt es ja in der Firma. Der Sieger aus dem Firmenduell spielt im CHL-Finale um 365 000 Euro Siegprämie. Das ist im Eishockey schon etwas. Gerüchten zu Folge ist Eishockey übrigens klar die Lieblingssportart von Firmen-Inhaber Dietrich Mateschitz – wem er die „Daumen drückt“ ist nicht bekannt. Salzburgs Trainer Greg Poss, einst erfolgloser deutscher Bundestrainer, sagt: „Das wird ein einzigartiges Duell.“
Aktuell ringen junge Deutsche und junge Österreicher aus Salzburg noch bei der U-20-WM der B-Nationen gegeneinander um den Aufstieg. In Füssen sind sieben RB-Spieler im Einsatz (zwei bei Deutschland, fünf bei Österreich), Justin Schütz ist auch darunter. Der 18 Jahre alte Mann mit Perspektive National Hockey League (die Florida Panthers haben sich die Rechte an Schütz gesichert) hat übrigens bei der U–20-WM schon getroffen. Für Deutschland und nicht für Österreich.
Claus Vetter