Weitspringer Markus Rehm: Weltrekorde und Gold
Weitspringer Markus Rehm bricht die Weltbestweite gleich doppelt. Zweimal Silber und Bronze für die deutschen Leichtathleten folgen.
Seine größte Konkurrenz im Weitsprung ist er selbst: Markus Rehm hat bei den Leichtathletikkämpfen gleich zwei Mal seinen eigenen Weltrekord gebrochen.
Als er anläuft, spannt sich sein Körper an. Bei jedem kraftvollen Schritt wechseln Prothese und Bein sich ab. Er stößt sich ab und springt mit einem mächtigen Satz nach vorne bis über die Sieben-Meter-Marke.
Die 80 000 Zuschauer im Olympiastadion raunen, dann zeigt die Bildtafel seine Sprungweite an. Es sind 7,14 Meter. Es ist der erste Wettkampf bei Rehms Paralympics-Debüt. Im ersten Anlauf bricht er direkt seinen eigenen Weltrekord, den er vor einem Jahr in Neuseeland aufgestellt hat. Doch dabei bleibt es nicht: Im letzten Sprung übertrifft er seinen eigenen Weltrekord noch mal. Mit 7,35 gewinnt er schließlich Gold.
Wahrscheinlich ist Markus Rehm schon als 14-Jähriger so weit gesprungen, als er mit einem Wakeboard von Welle zu Welle geglitten ist. Sein Vater fährt das Motorboot, das den Jungen zieht. Bei einem missglückten Sprung lässt Rehm die Zugleine los und taucht ins Wasser ein. Ein fremdes Boot übersieht ihn. Rehm gerät mit seinen Beinen in die Schiffsschraube. Die Ärzte kämpfen im OP um seine Beine. Nach drei Tagen muss sein rechtes Bein aufgrund einer Blutvergiftung unterhalb des Knies amputiert werden. Für die erste Zeit ist Rehm geschockt. Er weiß nicht, wie er mit seiner Amputation umgehen soll. Mithilfe der Unterstützung seiner Familie und Freunde findet er sich bald in seinem neuen Leben zurecht. Nachdem er eine Prothese bekommen hat, beginnt er wieder mit dem Sport. Neben dem Wakeboarden versucht er sich im Weitsprung. Er springt mit seiner Holzprothese weiter als fünf Meter. Ein Athlet erzählt ihm, damit liege er auf dem Niveau des damaligen deutschen Rekords.
Schnell etabliert Rehm sich in der Leichtathletik. Er schraubt seinen Weltrekord bei seinen passionierten Sprüngen immer höher, auch in London, wo er seinen kurz zuvor aufgestellten Weltrekord noch einmal verbessert. „Das war der perfekte Sprung“, sagt er. „Ich habe im Training schon gezeigt, dass ich gut springen kann. Aber dass es so weit geht, hätte ich im Traum nicht gedacht.“ Rehm ist begeistert von der Atmosphäre im Stadion. „Es war ein unglaublicher Tag. Wir hatten ein tolles Publikum mit grandiosen Bedingungen.“
Sein Kollege Wojtek Czyz gewinnt mit 6,33 Metern Silber und bringt Deutschland damit beim Weitsprung zu einem Doppelsieg. Die beiden Sportler strahlen nach dem Wettkampf vor Freude. Das Gold glänzt an Rehms Brust. Durch seine Sprünge hat nun auch er zum ersten Mal ein Kapitel im Buch der Paralympics-Geschichte geschrieben.
„Markus wird bald auch bei den nicht Behinderten starten können“, meint Czyz. Als Rehm über sieben Meter gesprungen ist, wird Czyz klar, dass er kein Gold mehr holen kann. Karl Quade, Chef de Mission, erklärt die Klassifizierung: „Die Punktetabelle hat für Oberschenkelamputierte gar keine definierte Weite, die sie für eine solche Punktzahl benötigt hätten. Czyz hätte auch 15 Meter springen können und hätte nur Silber.“
Heinrich Popow fehlen mit 6,07 Metern vier Zentimeter für eine Medaille. Dies motiviert ihn am nächsten Morgen, als er über 200 Meter in persönlicher Bestzeit von 26,90 Sekunden zu Bronze rennt, umso mehr: „Ich habe das deutsche Podest verschenkt, daher musste ich Wiedergutmachung betreiben. Das ist mir gelungen“, sagt der Leverkusener, der sich jetzt auf die 100 Meter konzentriert. Für Czyz, der mit der kurzen Regenerationszeit schlechter zurecht kommt als Popow, reicht es nur zu Rang fünf.
Auch die Frauen haben an Tag zwei zugeschlagen: Claudia Nicoleitzik gewinnt über 200 Meter in 32,08 Sekunden Bronze, weil ein Protest der deutschen Mannschaft Erfolg hat: Nicoleitzik ist beim Rennen von einer Konkurrentin irritiert worden. Marianne Buggenhagen hat sich vor den Paralympics geärgert, dass Diskuswerfen in ihrer Startklasse nicht mehr auf dem Programm steht. Sie setzt ihre Wut in Kraft um und holt Silber im Kugelstoßen.
Alexander Kauschanski, Nico Feißt