zum Hauptinhalt
Otto Rehhagel hatte sich sein Debüt als Hertha-Trainer sicher anders vorgestellt.
© dapd

Taktische Fragen nach Herthas Debakel: Was kann der Fußballlehrer Otto Rehhagel?

Herthas 0:3 in Augsburg wirft nicht nur Fragen nach der Klasse der Mannschaft auf. Auch Trainer Otto Rehhagel steht wegen seiner taktischen Überlegungen in der Kritik. Zurecht?

Ob Otto Rehhagel weiß, wie man Fußballspiele gewinnt? Gewiss. Immer ein Tor mehr schießen als die andere Mannschaft. Diese Antwort war am Sonntag bei der Talkrunde eines Privatsenders viel Gelächter und drei Euro ins Phrasenschwein wert. Das Problem dabei ist, dass sich das taktische Wissen des neuen Trainers von Hertha BSC und sein Wissen um die Anforderungen im Hochgeschwindigkeitsfußball des dritten Jahrtausends wahrscheinlich schon erschöpfen in dieser Weisheit.

Diese Vermutung jedenfalls legt sein Arbeitsnachweis nach dem Premierendebakel am Samstag in Augsburg nahe. "Wir hatten ja gehofft, dass Hertha so spielen würde", sagt einer aus dem Augsburger Trainerstab. "Aber richtig dran geglaubt haben wir nicht." Zweierlei Entscheidungen waren es, die Zweifel an der taktischen Eignung Rehhagels als Hertha-Retter nähren. Die erste traf er schon vor dem Spiel, nämlich mit der Strafversetzung von Adrian Ramos auf den linken Flügel. Der Kolumbianer ist ein großartiger Stürmer, aber als Linksaußen ungefähr so gefährlich wie auf der Auswechselbank.

Herthas Debakel von Augsburg in Bildern:

Vielleicht wollte Rehhagel mit dem Aufgebot zweier Stürmer seinem Ruf als Defensivtaktiker entgegenwirken. In finaler Konsequenz aber hatte das zur Folge, dass weder Ramos noch sein Nebenmann Pierre-Michel Lasogga Gescheites zustande brachten, weil die nur mit einer Spitze spielenden Augsburger ihre Überzahl im Mittelfeld zur totalen Dominanz ausbauten. Die Berliner schafften genau einen Torschuss – in der Anfangsphase, als die nervösen Augsburger noch glaubten, ihr Gegner würde ein bisschen mehr aufbieten als prominente Namen.

Dramatischer noch war die folgenschwere Auswechslung Peter Niemeyers nach ein paar Minuten in der zweiten Halbzeit. Rehhagel rechtfertigte sie mit seiner allgemeinen Unzufriedenheit über das Aufbauspiel seiner Mannschaft und im Besonderen mit der Befürchtung, Niemeyer könnte nach einer weiteren Verwarnung vom Platz gestellt werden. Wer aber erstens nach jeder Gelben Karte zur Auswechslung schreitet, hat sein Wechselkontingent schnell erschöpft. Und zweitens wäre in dieser eher handzahmen Mannschaft allein Peter Niemeyer mit seinem Einsatz dazu in der Lage gewesen, seine immer mehr resignierenden Kollegen mitzureißen.

Doch wieder ließ Rehhagel sich zu einer Auswechslung wider sein Image hinreißen. Für Niemeyer kam Nikita Rukavytsya, ein Offensivmann, der von seiner Schnelligkeit lebt, aber keine Liebesbeziehung zum Ball unterhält. In Augsburg ging er total unter und mit ihm die Mannschaft. Kurzum: Alles, was der Psychologe Rehhagel bei seinem Debüt hatte aufbauen wollen, wurde vom Trainer Rehhagel konterkariert.

Zur Startseite