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Mit Pokal zum Meister. Kovac verlässt Frankfurt mit einem Titel.
© Dedert/dpa

Niko Kovac geht als Pokalsieger: Was für ein Abschied!

Eintracht-Coach Niko Kovac erlebt irre 90 Minuten im Olympiastadion und wechselt nun als DFB-Pokalsieger mit Frankfurt zum FC Bayern München.

Abschied und Triumph erhalten einen seltsamen Rahmen. Niko Kovac hat gerade den DFB-Pokal gewonnen, als Trainer von Eintracht Frankfurt mit einem geradezu sensationellen 3:1 über den FC Bayern München, aber kaum einer achtet auf ihn. Und alles auf die paar Frankfurter Fans, die in einer Mischung aus Überschwang und Dummheit den Platz stürmen wollen. Polizei marschiert auf vor der Ostkurve des Olympiastadions. Die Siegerehrung verzögert sich, und Niko Kovac nutzt die Zeit, um jeden seiner Spieler zu umarmen, mindestens einmal.

Was für ein Abschied!

Der Fußballtrainer Niko Kovac wechselt bekanntlich aus Frankfurt zu den Bayern. Das ist aus dramaturgischer Sicht eine schöne Pointe für dieses Pokalfinale, aber nicht alle in der Ostkurve sehen das so. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn, die Frankfurter Trash-Metallisten von Tankard haben gerade die Klubhymne runtergeschreddert, „Schwarz-Weiß wie Schnee, das ist de SGE!“ Das Johlen des Publikums geht ansatzlos in ein Pfeifen über, als nach Verlesung der Mannschaftsaufstellung das Konterfei von Niko Kovac über die Videoleinwand flimmert. Fußballfans haben zuweilen ein kurzes Gedächtnis und halten Dankbarkeit für eine Tugend für Warmduscher.

Beim Einmarsch gibt es eine kurze, aber herzliche Umarmung mit Jupp Heynckes, den er in ein paar Wochen bei den Bayern beerben wird. Pünktlich zum Anpfiff nimmt Kovac am linken Eckchen seiner Coachingzone Aufstellung. Niko Kovac hat hier in der Zweiten Bundesliga vor 3000 Zuschauern gegen Homburg und Remscheid gespielt, aber auch vor 75 000 zur Weltmeisterschaft 2006 mit Kroatien gegen Brasilien.

„Der Fußball schreibt die schönsten Geschichten“, sagt Kovac später

Um kurz nach acht die erste knifflige Szene. Carlos Salcedo senst am Strafraum Robert Lewandowski um. Schiedsrichter Felix Zwayer entscheidet auf Freistoß und sofort dreht Kovac ab zu Patrick Ittrich, dem vierten Offiziellen. Energischer Protest, natürlich erfolglos, aber vielleicht hilft’s ja bei zukünftigen Streitfällen. Gelassen verfolgt er, wie Lewandowski selbst den Ball an die Unterkante der Latte zwirbelt. Und fährt ein paar Minuten später umso entschlossener die rechte Faust aus, als der kroatische Stürmer Ante Rebic zum zwar überraschenden, aber keineswegs unverdienten 1:0 trifft. Die weiße Ostkurve ist so weit weg, dass Kovac sie problemlos ignorieren kann.

Die Bayern nehmen jetzt Tempo auf. Niko Kovac auch. Er tigert durch seinen eingekreideten Käfig, gestikuliert und bearbeitet den vierten Offiziellen so ausdauernd, wie seine Spieler über den Platz pflügen. Als es direkt vor ihm zu einer Konfrontation zwischen dem Frankfurter Makoto Hasebe und dem Münchner Thiago kommt, will Kovac am liebsten zur Klärung auf den Platz schreiten. Bayerns Kapitän Thomas Müller kommt zur Seitenlinie und klärt die Angelegenheit mit seinem künftigen Trainer auf dem kurzen Dienstweg.

Die Eintracht geht als Halbzeit-Pokalsieger in die Kabine, aber dieser schöne Teilerfolg überdauert die Pause nicht mal acht Minuten. Lewandowskis Ausgleichstor nimmt Kovac reglos zur Kenntnis, er schaut nur mal kurz auf die Uhr – verdammt, hätte auch ein bisschen länger halten können. Ein paar Minuten lang schaut er sich noch an, wie die Ordnung immer mehr verloren geht. Dann bringt Kovac den ballsicheren Mijat Gacinovic für Marius Wolf und schon wird es wieder besser, aber nur für ein paar Minuten. Die Bayern drücken, Kovac steht so ruhig an seinem Kreide-Eckchen, wie er das gern auch von seiner Mannschaft sehen würde.

Die Trinkpausen häufen sich, das Spiel hat Kraft gekostet. Dann geschieht, woran keiner mehr glaubt. Rebic läuft Mats Hummels davon und chippt den Ball zum 2:1 ins Tor. Großer Jubel, noch größeres Entsetzen, als Zwayer den Videobeweis bemüht. Kovac nimmt seine Arbeitsbeziehung zum vierten Offiziellen wieder auf, er ist außer sich, aber dann ist alles wieder vergessen, denn der Schiedsrichter entscheidet auf Tor. Ewig zerrinnen die Minuten, auch die vier der Nachspielzeit.

Tumulte im Frankfurter Strafraum, noch mal wird der Videobeweis bemüht, wieder zugunsten der Frankfurter. Dann rennt Gacinovic über den halben Platz auf das leere Tor, Kovac stürmt jubelnd auf den Platz und ein paar Fans machen es ihm nach. Polizisten sichern den Platz, der Schlusspfiff geht unter im Chaos vor der Ostkurve. Kovac ist es egal, er herzt seine Spieler. Und später sagt er überwältigt: „Der Fußball schreibt die schönsten Geschichten“.

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